Année politique Suisse 1999 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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Regionalfernsehen
Der Vormachtstellung der SRG wurde in der Ostschweiz endgültig ein Ende gesetzt. Im August drang das erste private Fernsehen der Region aus St. Gallen auf den heiss umkämpften TV-Markt; ihm folgte zwei Wochen später ein Bündner Produkt aus dem Hause Gasser in Chur, und im Herbst stiess ein dritter Neuling aus Winterthur dazu [50].
Als kleine Sensation wurde der Start von TeleOstschweiz gefeiert. Ihm war ein jahrelanges Seilziehen mit der Eingabe von drei Konzessionsbegehren beim BAKOM vorangegangen. Ein Gesuch hatte Nationalrat Weigelt (fdp, SG) initiiert. Die Konzessionäre waren sich so lange im Wege gestanden, bis sich die St. Galler Tagblatt AG, Herausgeberin des „St. Galler Tagblatts“ und zu 70% in der Hand der NZZ, zur Investition von fünf Mio Fr. entschloss und damit die Einigung auf eine Konzession ermöglichte. Mit dem neuen Sender baute die St. Galler Gesellschaft als alleinige Aktionärin und massgeblich am St. Galler Lokalradio „Aktuell“ Beteiligte ihre Monopolstellung im Grossraum St. Gallen aus. Um die Meinungsvielfalt und die politische Ausgewogenheit des Programms zu gewährleisten, hatte das UVEK die Konzessionserteilung für TeleOstschweiz an die Einsetzung einer unabhängigen Programmkommission geknüpft und deren Zusammensetzung der Genehmigung durch das UVEK unterstellt [51]. Wenige Tage nach dem Start des St. Galler Produkts startete Tele Südostschweiz zunächst mit einem halbstündigen Programm, das von der Churer Herbstmesse Gehla über den Kanal von Schawinskis Tele 24 ausgestrahlt wurde. An Tele Südostschweiz sind mehrere Firmen wie die Gasser-Gruppe, die Tele Rätia AG, Radio Grischa und die Graubündner Kantonalbank beteiligt. Der Sender hatte vom Bundesrat die Sendekonzession für ein Verbreitungsgebiet erhalten, das identisch mit jenem der Tageszeitung „Die Südostschweiz“ ist und somit die Kantone Graubünden, Glarus, Schwyz sowie Gebiete des Kantons St. Gallen umfasst [52].
Nach erfolgter Konzessionierung sendete die Solothurner Lokalstation Intro TV ihrerseits erstmals bewegte statt Standbilder. Dank einem Kooperationsvertrag mit dem Baselbieter Sender Nordwest 5 konnte Intro TV auch im Baselbiet verbreitet werden. Gegen beide Kanäle eröffnete das BAKOM aber im November ein Aufsichtsverfahren – bei Intro TV wegen Überschreitung des eigenen Versorgungsgebiets und bei Nordwest 5 wegen Konzessionsverletzung aufgrund der Ausstrahlung eines nicht vorwiegend eigenproduzierten Programms [53].
Im März des Berichtsjahres ging TeleBielingue mit einem je halbstündigen Programm auf Deutsch und Französisch auf Sendung. Dass das von der öffentlichen Hand unterstützte Radio Canal 3 mit 16% am Aktienkapital von TeleBielingue beteiligt ist, kommt einer indirekten Subventionierung des Privat-TV durch den Kanton Bern, die Stadt Biel und 45 Gemeinden der Region gleich – ein Novum in der Schweiz [54].
Der private Tessiner Fernsehsender Tele Ticino, der seine Sendungen bis anhin über die italienische Station Telecampione ausgestrahlt hatte, gewann dank der Konzessionserteilung durch das UVEK direkten Zugang zum Schweizerischen Kabelnetz. Als erste wirkliche Konkurrenz zum SRG-Sender RTSI nahm Tele Ticino diese Änderung zum Anlass, einen grundlegenden Um- und Aufbau seines Programms anzukündigen [55].
 
[50] Kritik wurde auch dahingehend geäussert, der BR wolle mit seiner Konzessionierungspraxis die Deutschschweiz flächendeckend mit Regionalfernsehen versorgen, fördere damit aber nur die lokalen Zeitungsmonopolisten (WoZ, 1.4.99).50
[51] Presse vom 8.1., 12.5. und 13.8.99; TA, 27.7.99; SGT, 5.8., 9.8., 21.8., 23.9., 24.9. und 15.11.99; vgl. SPJ 1998, S. 341.51
[52] Presse vom 2.3., 3.7., 22.7., 28.8. und 30.8.99; BüZ, 2.7., 24.8., 27.8., 2.9. und 3.9.99.52
[53] SZ, 6.5. und 5.11.99; Presse vom 8.11., 11.11. und 23.11.99; vgl. SPJ 1998, S. 341.53
[54] Bund, 8.2. und 16.3.99; NZZ, 17.3.99.54
[55] NZZ, 18.2. und 27.2.99; BaZ, 22.2.99.55