Année politique Suisse 2000 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Kantonale Ersatzwahlen
Im Kanton Aargau fanden im März und April – ein halbes Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen vom November – die Wahlen für die Nachfolge von Regierungsrat Thomas Pfisterer (fdp) statt, der den Sprung in den Ständerat im vergangenen Herbst geschafft hatte. Die FDP schickte den Vizedirektor der Nordostschweizerischen Kraftwerke, Peter Beyeler aus Baden, ins Rennen. Die in den Nationalratswahlen zur wählerstärksten Partei aufgestiegene SVP machte jedoch der FDP diesen Regierungssitz strittig. Als Sprengkandidaten stellte sie den Medienmanager und Quereinsteiger Christian Stärkle auf. Aber auch die SP, die seit zwei Jahren nicht mehr in der Regierung vertreten war, portierte mit der Grossrätin Barbara Roth eine Gegenkandidatin.
Der Wahlkampf konzentrierte sich hauptsächlich auf die beiden bürgerlichen Kontrahenten. Im ersten Wahlgang wurde das absolute Mehr allerdings von keinem der Kandidierenden erreicht. Beyeler lag mit rund 40% der gültigen Stimmen in Führung. Überraschend traten Stärkle und Roth im zweiten Wahlgang nicht mehr an, stellten aber ihre Teilnahme an den Gesamterneuerungswahlen vom November in Aussicht. Dagegen verhinderte der parteilose Schauspieler, Chauffeur und Waffenhändler René Picard eine Stille Wahl. Erwartungsgemäss konnte er dem Freisinnigen Beyeler das Amt aber nicht strittig machen
[19].
Im Rennen um die Nachfolge des zum Ständerat gewählten Baselbieter Regierungsrats Hans Fünfschilling (fdp) versuchten die Sozialdemokraten den vor zwei Jahren verlorenen Sitz zurückzuholen. Wie schon bei den Ständeratswahlen im Vorjahr lieferten sich FDP und SP ein spannendes Duell. Als Nachfolgekandidaten schickten die Freisinnigen den Juristen und ehemaligen Landrat Adrian Balmer aus Liestal ins Rennen. Balmer genoss die offizielle Unterstützung durch SVP, CVP und SD. Zum SP-Kandidaten wurde der in Sissach wohnhafte VPOD-Zentralsekretär und Fraktionspräsident im Landrat Urs Wüthrich auserkoren. Er hatte sich als moderater Politiker auch im bürgerlichen Lager Freunde geschaffen. Die SVP hatte zuerst selbst mit einer Kandidatur geliebäugelt, verzichtete dann aber zugunsten des Friedens innerhalb der
„Bürgerlichen Zusammenarbeit“, der sie ihren politischen Wiedereinzug in die Baselbieter Regierung vor einem Jahr zu verdanken hatte. Das Resultat hätte knapper kaum ausfallen können. Mit 905 Stimmen Vorsprung gelang dem FDP-Kandidaten Balmer der Sieg
[20].
Die Wahl einer Nachfolge für den aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Basler Regierungsrat Stefan Cornaz (fdp) entwickelte sich zum Dreikampf mit ungewissem Ausgang. Der grösste Unsicherheitsfaktor war das Abschneiden der SVP, die sich in Basel von der einst bedeutungslosen Partei zur stärksten bürgerlichen Kraft bei den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst emporgearbeitet hatte. Die SVP schickte den Nationalökonomen und Quereinsteiger Marc Meyer ins Rennen. Die bürgerliche Entente aus FDP, Liberalen und CVP verteidigte den dritten bürgerlichen Sitz in der siebenköpfigen Regierung mit der Kandidatur von Grossrat und Anwalt Carlo Conti (cvp). Die
FDP verzichtete also
zugunsten der CVP, die seit 1996 nicht mehr in der Regierung vertreten war, auf ihren zweiten Sitz. Weil die bürgerliche Wählerschaft sich zwischen Conti und Meyer zu entscheiden hatte, rechnete sich die Linke ebenfalls Chancen aus und nominierte Grossrätin und Soziologin Rita Schiavi von „Basels starker Alternative“ (Basta). Innerhalb der Linken, insbesondere in den Reihen der SP genoss Schiavi aber keine einhellige Unterstützung. Keiner der Kandidierenden erreichte im ersten Wahlgang das absolute Mehr. Conti lag vor Schiavi; Meyer – bereits deutlich abgeschlagen – an dritter Position. Nach anfänglichem Zögern entschied sich die SVP, die Kandidatur Meyer für den zweiten Wahlgang zurückzuziehen. Diesem Entscheid vorangegangen waren Verhandlungen mit FDP, CVP und Liberalen über eine Wahlallianz bei den Gesamterneuerungswahlen im Herbst. Dank der auf diese Weise gewonnen zusätzlichen Unterstützung konnte Conti seinen Vorsprung gegenüber Schiavi von 3600 Stimmen im ersten auf fast 13 000 Stimmen im zweiten Wahlgang ausbauen und siegte bei einer Wahlbeteiligung von 49,8%
[21].
Der Präsident des nach dem
Proporzsystem gewählten Tessiner Staatsrats, Giuseppe Buffi (fdp), verstarb im Juli während einer Ferienreise. Wenige Tage später gab
Nationalrat Gabriele Gendotti (fdp) bekannt, dass er die
Nachfolge Buffis in der Kantonsregierung antreten wolle. Gendotti belegte in den letztjährigen Wahlen hinter Buffi und Staatsrätin Masoni den dritten Rang auf der Liste der FDP und war deshalb erster Ersatzmann seiner Partei
[22].
[19] 1. Wahlgang vom 12.3.00: Presse vom 13.3.00. 2. Wahlgang vom 21.5.00: Presse vom 22.5.00. Wahlkampf:
AT, 7.1.-19.5.00;
BaZ und
TA, 8.3.00;
NZZ, 18.3.00.19
[20] Wahlen vom 16.4.00: Presse vom 17.4.00. Wahlkampf:
BaZ, 11.1.-14.4.00;
NZZ, 6.4.00;
TA, 12.4.00.20
[21] 1. Wahlgang vom 22.10.00: Presse vom 23.10.00. 2. Wahlgang vom 26.11.00: Presse vom 27.11.00. Wahlkampf:
BaZ, 8.1.-24.11.00.21
[22]
NZZ und
CdT, 22.7., 25.7. und 29.7.00.22
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