Année politique Suisse 2000 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Indirekte Steuern
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Umsatzabgabe
Die WAK-NR verlangte vom Bundesrat in einer Motion die Abschaffung des Umsatzstempels in jenen Bereichen des Finanzhaushaltsgeschäftes, die von einer Abwanderung ins Ausland bedroht sind. Der Bundesrat wollte dem Begehren entsprechen, wehrte sich aber gegen eine Fristsetzung. Fässler (sp, SG) dagegen versuchte zu verhindern, dass dem Bund nach dem Dringlichen Bundesbeschluss vom Vorjahr bereits wieder Mittel zugunsten des Finanzmarktes entzogen werden. Koch (sp, ZH) drohte gar mit einem Referendum. Bührer (fdp, SH) drängte auf ein rasches Handeln, weil sonst der Wertpapierhandel kampflos den ausländischen Börsen überlassen werde. Finanzanalyst Kaufmann (svp, ZH) disqualifizierte die bestehende Stempelsteuer als gravierenden Standortnachteil. Bundesrat Villiger gab schliesslich zu bedenken, dass der Staat auf Transaktionssteuern angewiesen sei. Eine vollständige Abschaffung ohne Kompensation sei verfrüht. Gegen den Willen des Bundesrates überwies der Rat die Motion mit 107 zu 58 Stimmen. Auch im Ständerat war die Motion trotz Gegenstimmen erfolgreich 34 AB NR, 2000, S. 296 ff.; AB SR, 2000, S. 354 ff.; NZZ, 14.3.00; TA, 6.7.00. Zum Dringlichen Bundesbeschluss im Bereich der Umsatzabgabe vgl. SPJ 1999, S. 157.34.
Bührer (fdp, SH) forderte zudem mit einer Motion die Beseitigung der Umsatzabgabe bei konzerninternen Umstrukturierungen. Viele Unternehmen hätten im Zuge der Globalisierung mit einem härteren Wettbewerb zu kämpfen und sähen sich zu ständigen Strukturanpassungen gezwungen. Der Bundesrat verwies dagegen auf die Vorbereitung des Fusionsgesetzes, welche auch die Möglichkeit einer allgemeinen Stempelbefreiung in Betracht ziehe. Mit dem Einverständnis des Motionärs wurde das Begehren als Postulat überwiesen 35 AB NR, 2000, S. 1081. Zum Fusionsgesetz siehe oben, Teil I, 4a (Gesellschaftsrecht).35.
Der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Stempelabgaben folgte Anfang Oktober. Der Bundesrat beschränkte sich ausschliesslich auf Transaktionen durch die öffentliche Hand, durch Anlagefonds, Lebensversicherer und Vorsorgeträger. Zudem sollen inländische Banken keiner fiskalischen Belastungen mehr ausgesetzt werden, wenn sie an einer ausländischen Börse mit inländischen Aktien handeln. Die Einnahmeausfälle schätzte der Bundesrat auf jährlich 490 Mio Fr. 36 BBl, 2000, S. 5835 ff.; TA, 3.10. und 5.12.00; Presse vom 22.11. und 30.11.00; Lib., 13.12.00.36. Im Erstrat beantragte CVP-Ständerat David (SG) namens der Kommission, nur ausländische institutionelle Anleger von der Umsatzabgabe zu befreien. Inländische sollten dagegen neu als Effektenhändler bezeichnet werden und der obligatorischen Umsatzabgabe unterliegen, auch wenn sie ihre Geschäfte an ausländischen Börsen abwickeln. Die Dringlichkeit wurde nicht in Frage gestellt. Im Gegensatz zur bundesrätlichen Lösung würden die Mindereinnahmen folglich nur noch 218 Mio Fr. betragen. Leuenberger (sp, SO) bezog die Opposition und stellte einen Nichteintretensantrag. Er vermisste entsprechende Kompensationen. Sein Parteikollege Plattner (BS) dagegen unterstützte den Kommissionsantrag, weil er den Verlust von Arbeitsplätzen befürchtete. Ein Antrag des Aargauers Reimann (svp) verlangte den Einbezug inländischer Vorsorger und Sozialversicherer. Schweiger (fdp, ZG) schliesslich plädierte für die bundesrätliche Vorlage. Das Plenum entsprach dem Kommissionsbeschluss.
Im Nationalrat fand die ständerätliche Variante allerdings nur bei einer Minderheit der vorberatenden Kommission Gehör. Rennwald (sp, JU) bemängelte die fehlende Kompensation und beantragte die Rückweisung. Die grüne Fraktion stellte Antrag auf Nichteintreten. Das drohende Loch in der Bundeskasse hätten wieder einmal die einfachen Steuerzahler zu begleichen. Fässler (sp, SG) argumentierte, die drohende Abwanderung mache allein die Streichung der Stempelsteuer für inländische Anleger notwendig. Finanzanalyst Kaufmann (svp, ZH) sprach sich für eine Globallösung aus, bei der alle institutionellen Anleger berücksichtigt werden. Die Mehrheit der Kommission – vertreten durch Blocher (svp, ZH) und Favre (fdp, VD) – favorisierte dagegen den ursprünglichen Vorschlag des Bundesrates und der Rat entsprach diesem Antrag mit 94 zu 90 Stimmen. Der Ständerat hielt jedoch an seinem Beschluss fest und konnte den Nationalrat in der zweiten Lesung umstimmen. Beide Räte stimmten in der Wintersession auch der dringlichen Inkraftsetzung zu 37 AB SR, 2000, S. 767 ff., 846 f., 891 und 943; AB NR, 2000, S. 1328, 1354 ff., 1416 ff., 1506 f. und 1615; BBl, 2000, S. 6203.37.
Die Einführung einer neuen Steuer schlug dagegen der Freiburger Jutzet (sp) vor. Er verlangte vom Bundesrat die Ausarbeitung eines Gesetzes, welches Geldanlagen von nicht in der Schweiz domizilierten Personen und Gesellschaften mit einer einmaligen Bundessteuer belegt. Jutzet befürchtete, die Einführung des EURO könnte zu einer Kapitalflucht in den Schweizer Franken und damit zu einer Aufwertung führen. Dadurch könnte die Exportindustrie starke Einbussen erleiden und ihre Produktion ins Ausland verlegen. Der Bundesrat begegnete der Vorlage mit Skepsis. Seiner Meinung nach hätte eine solche Steuer eine verzerrende und damit effizienzverringernde Wirkung auf die Volkswirtschaft und könnte relativ leicht umgangen werden. Der Rat folgte dem Antrag des Bundesrats und lehnte die Motion ab 38 AB NR, 2000, S. 1061 f.38.