Année politique Suisse 2000 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
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Gentechnologie beim Menschen
Gleich wie der Ständerat im Vorjahr und in Übereinstimmung mit dem Bundesrat überwies der Nationalrat eine Motion Plattner (sp, BS), welche ein Bundesgesetz für medizinische Forschung am Menschen verlangt. In dem Gesetz sollen die ethischen und rechtlichen Grundsätze und Schranken festgeschrieben werden, die zu befolgen sind, um in möglichst hohem Mass den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten, ohne deswegen eine sinnvolle medizinische Forschung am Menschen zu verhindern [58].
Wie erst zwei Wochen später bekannt wurde, erteilte das Europäische Patentamt in München am 3. Mai dem Basler Pharmamulti Novartis das Patent auf gentechnisch veränderten menschlichen Zellen und Organen. Dass die Information darüber nicht durch die Firmenleitung erfolgte, sondern – auf Vermittlung von Greenpeace Schweiz – in der Sendung „Kassensturz“ des Schweizer Fernsehens DRS, löste vielerorts Empörung aus. Vor allem genkritische und grüne Kreise argwöhnten, der Vorgang sei deshalb so „klammheimlich“ erfolgt, weil Novartis nicht publik machen wollte, dass sie im Sinn habe, über kurz oder lang „das grosse Geschäft“ mit menschlichen Organen zu machen. Tatsächlich sieht Novartis nach eigenem Bekunden in der Zell- und Organtransplantationsmedizin die Technologie der Zukunft. Der Pharma-Konzern liess deshalb ein Verfahren rechtlich schützen, das in der Übertragung von menschlichen oder tierischen Zellen und Organen auf den Menschen eine wichtige Rolle spielen könnte: Zellen und ganze Organe könnten genetisch so manipuliert werden, dass sie von einem artfremden Körper weniger stark abgestossen werden [59].
 
[58] AB NR, 2000, S. 368. Siehe SPJ 1999, S. 255.58
[59] Presse vom 18.5.00. Der BR sah sich nicht veranlasst, gegen die Gewährung dieses Patents Einspruch einzulegen, da wegen der bereits eingereichten grossen Zahl von Beschwerden eine Überprüfung des Vorgangs sichergestellt sei (AB NR, 2000, S. 151 f.). Zu einer Informationskampagne von über 30 Entwicklungs-, Umwelt, Bauern- und Konsumentenorganisationen, die vom BR verlangte „keine Patente auf Leben“ zuzulassen, siehe Presse vom 5.9.00. Für die Regelungen bei der Zulassung von genetisch veränderten Organismen (GVO) in der Lebensmittelproduktion siehe oben, Teil I, 4c (Production animale et végétale).59