Année politique Suisse 2000 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
Kinder- und Jugendpolitik
Aufgrund der die Kinder- und Jugendlichen betreffenden Artikel in der neuen Bundesverfassung (Art. 11, 41 und 67) schlug die
Eidgenössische Kommission für Jugendfragen (EKJ) die Einrichtung einer Stabsstelle zur Koordination der kinder- und jugendpolitischen Aktivitäten sowie eine
Jugendverträglichkeitsprüfung bei Gesetzesentwürfen vor. In ihrem Bericht zuhanden des Bundesrates bemängelte die EKJ, dass auf eidgenössischer Ebene ein klares, zielgerichtetes und bedarfsgerechtes Konzept für eine Kinder- und Jugendpolitik fehlt, da das Thema beinahe alle Departemente betrifft, aber keine Verwaltungsstelle ausdrücklich dafür zuständig ist. Die Koordination und Zusammenarbeit der zuständigen Stellen in der Bundesverwaltung, aber auch zwischen Bund und Kantonen, den Gemeinwesen und den Nicht-Regierungsorganisationen müsse dringend verbessert werden
[75]. Diese Forderungen gingen der
Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) zu wenig weit. Sie möchte Kantone und Gemeinden zu einer aktiven Kinder- und Jugendpolitik verpflichten und verlangte zu diesem Zweck die Schaffung eines
Rahmengesetzes. Sie argumentierte, ohne Gesetz sei ein Verfassungsartikel nutzlos, wie die Mutterschaftsversicherung zeige. Anders als die EKJ, die ihre Kompetenzen auf die Kinder ausweiten möchte, ist die SAJV aber der Ansicht, Kinder- und Jugendpolitik seien unterschiedliche Bereiche, die nicht vermengt werden sollten
[76].
Einstimmig genehmigten beide Kammern die
Ratifizierung des Haager Abkommens über den Schutz von Kindern sowie das zu seiner Umsetzung notwendige Bundesgesetz. Damit werden
Adoptivkinder aus dem Ausland rechtlich besser geschützt. Insbesondere soll damit sicher gestellt werden, dass die Freigabe zur Adoption im Herkunftsland korrekt abgewickelt (Abkommen) und alle Adoptionen nach den gleichen Kriterien vorgenommen werden (Bundesgesetz); zudem wird ausländischen Kindern, deren Adoption gescheitert ist, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht in der Schweiz zugestanden
[77] Nach dem Ständerat im Vorjahr stimmte auch der Nationalrat oppositionslos der Ratifikation des Abkommens 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (
ILO) zur Beseitigung der
schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu. Gleichzeitig nahm er die dafür notwendige Änderung von
Art. 82 des Militärgesetzes vor
[78].
[75]
Lit
. Eidg. Kommission; Presse vom 19.4.00. Zur Forderung nach Stimm- und Wahlrechtsalter 16 resp. zur Reform des Jugendstrafrechts siehe oben, Teil I, 1b (Bürgerrecht und Stimmrecht resp. Strafrecht).75
[76]
Lit. Schweiz. Arbeitsgemeinschaft; Presse vom 25.10.00. 76
[77]
AB SR, 2000, S. 195 ff.;
AB NR, 2000, S. 1025 ff. und 1447 ff. Zum Schutz der Kinder vor Missbrauch siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht). 77
[78]
AB NR, 2000, S. 136 und 462;
AB SR, 2000, S. 228. Siehe
SPJ 1999, S. 304.78
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