Année politique Suisse 2001 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Politische Manifestationen
Die Zahl der Grossdemonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten war mit 25 wieder deutlich höher als im Vorjahr (16). Am häufigsten kam es in der Bundesstadt Bern zu Grossdemonstrationen (11); in Genf waren es 4, in Zürich 3, in Lausanne und Aarau je 2 und in Bellinzona, Chur und Kloten je eine. Elf dieser Grossmanifestationen wurden vom Personal öffentlicher Dienste (davon fünfmal Spitalangestellte) aus Protest gegen Sparmassnahmen der Kantone organisiert. Die Beschäftigten des Gesundheitswesens des Kantons Bern waren verantwortlich für die mit 13 000 Beteiligten grösste Demonstration des Berichtsjahres. Zweithäufigstes Thema von Grosskundgebungen war die Kritik an den Kriegsaktionen der USA in Afghanistan als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September. Ausländer machten nur dreimal mit grossen Demonstrationen auf Konflikte in ihren Heimatländern (zweimal Jugoslawien und Mazedonien, einmal Türkei) aufmerksam. Ebenfalls drei Grosskundgebungen führte das von Massenentlassungen bedrohte Personal der Swissair durch [20].
Im Zusammenhang mit den andauernden Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien (Kosovo, Mazedonien) erliess der Bundesrat ein Verbot für albanische Aktivisten, Geldsammlungen und Propagandaaktionen zugunsten des bewaffneten Kampfes durchzuführen [21].
Anlässlich des Kongresses des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF) in Davos (GR) kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten, welche ihren Protest gegen die Globalisierung ausdrücken wollten, und der Polizei. Diese Auseinandersetzungen fanden allerdings dieses Jahr nicht in Davos selbst statt, das hermetisch abgeriegelt worden war, sondern auf den Zufahrtswegen und vor allem in der Stadt Zürich. Da ein Teil der an diesen Demonstrationen beteiligten Gruppen im Vorfeld angekündigt hatte, dass es ihnen um die Verhinderung dieses von prominenten Politikern und Wirtschaftsführern aus aller Welt besuchten privaten Kongresses gehe, und sich die gemässigteren Organisationen von dieser Drohung nicht distanziert hatten, war von der Bündner Regierung für Davos ein Demonstrationsverbot erlassen worden [22].
 
[20] Bern: Bund, 5.2. (1000/Gegen Polizeieinsatz in Davos); Bund, 12.3. (1500/gegen Faschismus); BZ, 10.5. (13 000/ kant. Spitalangestellte für bessere Arbeitsbedingungen); Bund, 6.8. (3500/albanischsprachige Mazedonier); TA, 14.9. (2000/Behinderte); Bund, 17.9. (3000/gegen Fristenlösung); Bund, 5.10. (7000/Swissair); Bund, 15.10. (4000/gegen US-Aktion in Afghanistan); Bund, 15.11. (3000/Spitalpersonal); Bund, 26.11. (6000/für „sans papiers“); Bund, 10.12. (2000/gegen US-Aktion in Afghanistan). Genf: TG, 26.3. (5000/Albaner aus Kosovo und Mazedonien); LT, 1.10.(3000/gegen US-Aktion in Afghanistan); LT, 5.10. (1000/Swissair); 24h, 12.11. (5000/gegen WTO). Zürich: NZZ, 19.2. (1000/Kurden); TA, 9.3. (1500/Spitalangestellte gegen Sparmassnahmen); TA, 29.9. (2000/gegen US-Aktion in Afghanistan). Aarau: AZ, 10.1. (1500/Spitalangestellte); BaZ, 28.2. (1500/Staatspersonal für höhere Löhne). Lausanne: Bund, 5.10. (2000/ Lehrer); Bund, 8.10. (2000/gegen Pädophilie). Bellinzona: CdT, 9.2. (1500/gegen Subventionen für Privatschulen). Chur: BüZ, 2.7. (1200/Spitalangestellte für höhere Löhne). Kloten: TA, 4.10 (10 000/Swissair).20
[21] AB NR, 2001, S. 516 ff. Zum Verbot der für die Terroranschläge in den USA verantwortlich gemachten islamischen Organisation Al-Quaida siehe oben, Staatsschutz.21
[22] Presse vom 26.1.-29.1.01. Vgl. dazu auch den BR in AB NR, 2001, III, Beilagen, S. 306 ff., 311 ff. und 323 ff. Vgl. SPJ 2000, S. 26. Siehe auch den Bericht des BAP zum Gewaltpotential der Globalisierungsgegner (NZZ, 29.8.01).22