Année politique Suisse 2001 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
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Ermittlungsmethoden
Nachdem das Parlament im Vorjahr die Revision der Bestimmungen über die Überwachung des Telefonverkehrs verabschiedet hatte, befasste sich in der Wintersession der Nationalrat mit dem in der Botschaft des Bundesrats von 1998 ebenfalls enthaltenen neuen Gesetz über die verdeckte Ermittlung. Die Fraktion der Grünen und ein Teil der SP-Fraktion beantragten erfolglos Nichteintreten. Ihre Haupteinwände waren die Gefahr, dass solche verdeckte Ermittler als agents provocateurs wirken könnten, und dass ihr nicht transparentes Mitwirken an Gerichtsprozessen rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen würde. In der Detailberatung wurde auf Antrag der Kommission explizit eine Garantie für die Wahrung der Verteidigungsrechte und dabei insbesondere der Anspruch auf ein faires Verfahren aufgenommen. Der Rat schränkte ferner den Anwendungsbereich der verdeckten Fahndung stark ein. Zulässig soll sie (nach dem Scheitern anderer Fahndungsmethoden) nur bei einigen wenigen, in einem Katalog abschliessend festgelegten Delikten sein. Es handelt sich dabei um Straftaten, bei denen keiner der Beteiligten an einer Aufdeckung interessiert ist (namentlich Drogengeschäfte, illegaler Waffen- und Dual-Use-Güter-Handel, Hehlerei und Geldwäscherei). Die Vorkehrungen gegen ein Auftreten der verdeckten Ermittler als agents provocateurs wurden vom Nationalrat gegenüber der bundesrätlichen Fassung noch etwas verstärkt [23].
Das Parlament ratifizierte das 1999 mit Ungarn abgeschlossene Abkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität [24].
Der vom Bundesrat gewünschte Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen der EU ist im Berichtsjahr intensiv diskutiert worden, aber noch nicht nähergerückt. Der dem EU-Nichtmitglied Schweiz verwehrte Zugang zur Fahndungsdatenbank des Schengener Informationssystems erschwert die internationale Zusammenarbeit zwischen den Polizeistellen und führte auch in der EU zur Befürchtung, dass die Schweiz infolge dieser für sie gesperrten Informationen zu einem Rückzugsgebiet für im EU-Raum tätige Kriminelle werden könnte. Andererseits bestanden innerhalb der EU weiterhin grosse Widerstände, die Schweiz in das Schengener System (und damit verbunden, das Dubliner Asylabkommen) aufzunehmen. In der Schweiz meldeten im Berichtsjahr insbesondere die Kantone Bedenken bezüglich möglicher Einschränkungen ihrer Kompetenzen im Bereich der Organisation der Polizei an [25].
 
[23] AB NR, 2001, S. 1812 ff. und 1836 ff. Vgl. SPJ 1998, S. 30 f.23
[24] AB SR, 2000, S. 751 f.; AB NR, 2001, S. 607 f. Siehe SPJ 2000, S. 27.24
[25] BaZ, 21.7.01. Vgl. auch BR Metzler in AB NR, 2001, S. 282 f. sowie AB NR, 2001, III, Beilagen, S. 244 ff. und 381 ff. Die Forderung der Schweiz nach einem Mitmachen bei diesem Abkommen ist Teil eines grösseren Verhandlungspakets zwischen der Schweiz und der EU (vgl. dazu unten, Teil I, 2, Europe: UE).25