Année politique Suisse 2001 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Strafrecht
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Wirtschaftskriminalität
Der Vollzug des seit 1998 auf sogenannte Finanzintermediäre (Treuhänder, Anwälte etc.) ausgedehnten Geldwäschereigesetzes ergab weiterhin Probleme. Zum einen erwies sich die Kontrollstelle des Bundes als personell unterdotiert. Der Nationalrat hiess diskussionslos eine vom Bundesrat nicht bestrittene Motion Spielmann (pda, GE) für eine ausreichende Dotierung gut, und er überwies diejenigen Teile einer Motion Grobet (-, GE) in Postulatsform, welche die Ausgestaltung der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei in eine verwaltungsunabhängige Instanz (analog zur Bankenkommission) und eine bessere personelle Ausstattung verlangen. Zum anderen empfahl ein Bericht der GPK-NR unter anderem die Einführung einer Bagatellfallregelung, um eine Überflutung mit Verfahren zu vermeiden [38]. Gegen Jahresende setzte der Bundesrat eine Kommission ein, welche Vorschläge zur Schaffung einer einheitlichen Kontrollbehörde für alle Bereiche des Finanzmarkts erarbeiten soll [39].
Da einfacher Schmuggel (d.h. ohne Verbindung mit Urkundenfälschung und anderen betrügerischen Handlungen) ähnlich wie Steuerhinterziehung in der Schweiz lediglich als Übertretung und nicht als Straftat gilt, leisten die Behörden in diesen Fällen anderen Staaten auch keine Rechtshilfe. Sie waren deshalb in letzter Zeit immer stärker unter Beschuss der EU geraten und das Thema figurierte unter den Verhandlungswünschen der EU für die nächste Runde von bilateralen Abkommen mit an vorderster Stelle. Der Nationalrat gab in der Herbstsession einer parlamentarischen Initiative Pedrina (sp, TI) Folge, welche eine Anpassung der Gesetze verlangt, um den Schmuggel, der heute in der Regel Teil der organisierten Kriminalität darstellt, effektiver bekämpfen zu können [40].
Der Bundesrat genehmigte ein Abkommen des Europarats zur Bekämpfung der Korruption. Dieses hat zum Ziel, die entsprechenden Strafrechtsbestimmungen zu harmonisieren und die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern. Das Abkommen geht weiter als die diesbezügliche OECD-Konvention; dank der im Jahr 2000 in Kraft gesetzten neuen Korruptionsgesetzgebung entspricht das schweizerische Recht den Grundsätzen dieses Europaratabkommens weitgehend. Was noch fehlt ist im Wesentlichen die Strafbarkeit der von ausländischen Amtsträgern begangenen passiven Bestechung [41].
Zusätzlicher strafrechtlicher Regelungsbedarf besteht weiterhin auf dem Gebiet der sogenannten Internetkriminalität. Sowohl bei der Übermittlung unerlaubter Darstellungen und Meinungsäusserungen (z.B. Gewalt, verbotene Pornografie, rassistisches Gedankengut) als auch bei der Vermittlung von illegalen Geschäften (z.B. Kinderhandel) bestand bisher rechtliche Unsicherheit über die Strafbarkeit des sog. Access-Providers, also der Firma, welche den einzelnen Nutzern den Zugang zum Internet ermöglicht. Die Frage nach deren rechtlicher Verantwortlichkeit ist insbesondere auch deshalb von Bedeutung, weil sich die Inhaber von Internetseiten mit in der Schweiz verbotenen Darstellungen und Angeboten meist nicht in der Schweiz selbst befinden. Das Parlament überwies eine Motion Pfisterer (fdp, AG), welche in allgemeiner Form eine international harmonisierte Regelung fordert. Der Nationalrat hiess zudem eine Motion Aeppli (sp, ZH) gut, welche eine Zentralisierung der Ermittlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet beim Bund fordert [42].
 
[38] AB NR, 2001, S. 1437 (Spielmann) und 1991 (Grobet); BBl, 2001, S. 6346 ff. und Presse vom 30.6.01 (GPK); AZ, 25.8.01. Vgl. auch AB NR, 2001, I, Beilagen, S. 310 ff. Der Leiter der Kontrollstelle reichte im Sommer die als nicht ganz freiwillige bezeichnete Kündigung ein (Bund, 14.6.01; TA, 6.7.01; NZZ, 7.7.01).38
[39] NZZ, 1.12.01. Vgl. auch unten, Teil I, 4b (Banken).39
[40] AB NR, 2001, S. 1300 ff. Bei Fällen von Schmuggel durch kriminelle Organisationen oder in Verbindung mit Betrug leistet die Schweiz bereits heute Rechtshilfe. Vgl. auch unten, Teil I, 2 (Europe: UE).40
[41] Pressemitteilung des BA für Justiz, Bern, 14.2.01. Vgl. SPJ 1999, S. 32 f.41
[42] AB SR, 2001, S. 27 f.; AB NR, 2001, S. 1087 ff. Vgl. auch SPJ 1998, S. 32 f. und Lit. Niggli.42