Année politique Suisse 2001 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
 
Wettbewerb
Ende 2001 legte der Bundesrat seine Botschaft für eine Teilrevision des Kartellgesetzes vor. Er hielt am Hauptelement, den direkten Sanktionen gegen harte Kartelle und den Missbrauch von Marktmacht fest. Zudem schuf er eine Art Kronzeugenregelung für Unternehmen, welche bei der Aufdeckung von Kartellen helfen. Diesen soll ein Voll- oder Teilerlass der Sanktionen gewährt werden. Auf die in der Vernehmlassung breit kritisierte Umgestaltung der Wettbewerbskommission in eine reine Fachkommission ohne Vertreter der Interessenverbände verzichtete er hingegen [16].
Die im Vorjahr von der WAK des Nationalrats eingereichte Motion für eine Revision des Kartellgesetzes, um gegen die Verhinderung von Parallelimporten patentgeschützter Güter einschreiten zu können, sofern das Importgut aus einem Land mit ähnlichen Zulassungsbedingungen stammt, wurde knapp abgelehnt. Bekämpft wurde der Vorstoss vor allem von der SVP-Fraktion mit dem Argument, dass insbesondere die schweizerische Arzneimittelindustrie auf eine nach nationaler Kaufkraft differenzierte Preisbindungspolitik für ihre patentgeschützten Produkte angewiesen sei [17].
Nachdem die GPK-NR im Vorjahr zum Schluss gekommen war, dass die Kantone bisher wenig Eifer bei der Umsetzung des Binnenmarktgesetzes gezeigt hätten, verabschiedete der Nationalrat zwei von ihr eingereichte Motionen für eine Stärkung der Position der Wettbewerbskommission, welche die Einhaltung des Rahmengesetzes überwacht. Sie soll erstens nicht nur Empfehlungen abgeben dürfen, sondern Widerhandlungen gegen das Binnenmarktgesetz vor Gericht bringen können, und zweitens für Fälle, bei denen sie nicht Partei ist, über ein Anhörungsrecht vor dem Bundesgericht verfügen [18].
Der Bundesrat setzte im Frühjahr eine Expertenkommission zur Ausarbeitung eines Vorentwurfs für ein neues Lotteriegesetz ein. Ziel der Reform soll eine gewisse Liberalisierung sein. Anstelle des bisherigen Verbots, von welchem die Kantone bei Lotterien mit gemeinnützigem Zweck abweichen konnten, soll eine Konzessionsregelung treten. Die bisherigen Bestimmungen hatten zu einer oligopolistischen Marktsituation mit nur gerade vier Lotteriegesellschaften (die Interkantonale Landeslotterie, die Lotterie Romande, die bernische SEVA und die Sport-Toto-Gesellschaft) geführt. Mit einer vermehrten Konkurrenz und unter Umständen auch neuen Spielformen (z.B. auf dem Internet) soll zudem auch die an sich zwar illegale, aber häufig praktizierte Beteiligung an ausländischen Lotterien (vor allem deutsche) gebremst werden. Anders als beim Spielbankengesetz soll der Grossteil der steuerlichen Abgaben der Lotterien (zur Zeit rund 200 Mio Fr. pro Jahr) weiterhin bei den Kantonen bleiben [19].
Das neue Bundesgesetz über das Reisendengewerbe, welches die bisherigen kantonalen Regelungen ablöst, fand auch im Nationalrat Zustimmung und wurde in der Frühjahrssession verabschiedet [20].
Obwohl etliche Kantone in den letzten Jahren die Vorschriften über die Ladenöffnungszeiten liberalisiert hatten, sind diese in der Regel immer noch restriktiver als die mit Sondervorschriften geregelten Öffnungszeiten in Ladengeschäften in Bahnhöfen, Tankstellen und Flughäfen. Mit dem Ziel, diese Ungleichbehandlung abzuschaffen, überwies der Nationalrat – in Postulatsform – eine Motion Speck (svp, AG), welche ein neues Bundesgesetz für einheitliche und liberale Ladenöffnungszeiten verlangt [21].
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Konsumentenschutz
Das Parlament konnte in der Frühjahrssession die Revision des Konsumkreditgesetzes verabschieden. Die im Vorjahr vom Nationalrat eingeführte gesetzliche Fixierung eines zulässigen Höchstzinssatzes wurde in der Differenzbereinigung vom Ständerat durch die Kompromisslösung ersetzt, dass der vom Bundesrat zu erlassende maximale Zinssatz in der Regel die 15%-Marke nicht überschreiten soll. Der Nationalrat schloss sich gegen den Widerstand der SP, der Grünen und der EVP, welche die Vorlage dann auch in der Schlussabstimmung ablehnten, der ständerätlichen Fassung an [22].
Der Nationalrat überwies eine Motion Sommaruga (sp, BE) für rechtliche Massnahmen gegen irreführende oder falsche Gewinnversprechen. Nach dem Vorbild eines neuen Gesetzes in Österreich und ähnlichen Bestrebungen in Deutschland sollen solche Versprechen einklagbar werden [23].
Anfang Jahr gab der Bundsrat den Vorentwurf für ein neues Gesetz über den elektronischen Geschäftsverkehr in die Vernehmlassung. Dieses soll unter anderem das für Haustürverkäufe geltende siebentägige Widerrufsrecht auch auf das Online-Shopping ausdehnen. Wie bereits im Vorjahr verabschiedete der Nationalrat auch im Berichtsjahr einen Vorstoss für einen besseren Schutz der Konsumenten im Internet-Handel. Diesmal ging es um eine in ein Postulat umgewandelte Motion Vollmer (sp, BE), welche eine Anpassung des schweizerischen Rechts an die neuen EU-Bestimmungen forderte, welche die gerichtliche Zuständigkeit bei Vertragsstreitigkeiten regelt [24]. Der Ständerat überwies die im Vorjahr vom Nationalrat gutgeheissene Motion Sommaruga (sp, BE) für gesetzliche Massnahmen gegen unerwünschte Massenwerbesendungen via E-Mail (sog. Spamming[25].
 
[16] BBl, 2002, S. 2022 ff.; NZZ, 20.3. und 8.11.01; Presse vom 5.4.01. Zu der anfangs Jahr abgeschlossenen Vernehmlassung siehe AZ, 16.1.01 und SPJ 2000, S. 97. Zur Kronzeugenregelung siehe NZZ, 6.12.01. Vgl. auch den Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle zuhanden der GPK-NR in BBl, 2001, S. 3346 ff.16
[17] AB NR, 2001, S. 340 ff. Vgl. SPJ 2000, S. 97 f.17
[18] AB NR, 2001, S. 518 f. Vgl. SPJ 2000, S. 98.18
[19] NLZ, 5.4.01. Vgl. auch NZZ, 15.6.01 (Kritik der Kantone am Revisionsvorhaben).19
[20] AB NR, 2001, S. 85 ff. und 366; AB SR, 2001, S. 103 und 181; BBl, 2001, S. 1362 ff.; SGT, 13.3.01. Vgl. SPJ 2000, S. 98.20
[21] AB NR, 2001, S. 522 f.21
[22] AB SR, 2001, S. 16 ff., 115 und 180; AB NR, 2001, S. 175 ff. und 366; BBl, 2001, S. 1344 ff. Vgl. SPJ 2000, S. 98 f.22
[23] AB NR, 2001, S. 289 f.23
[24] Vernehmlassung: NZZ, 18.1., 20.6.01. Motion: AB NR, 2001, S. 934. Zum Gesetz über die Zertifizierungsdienste für digitale Unterschriften siehe oben, Teil I, 1b (Zivilrecht).24
[25] AB SR, 2001, S. 109. Vgl. SPJ 2000, S. 99.25