Année politique Suisse 2001 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Forschung
Zur
Integration der Schweizer Forschung in das EU-Rahmenprogramm von 2003 bis 2006 sind 869 Mio Fr. notwendig. Der Bundesrat überwies im November einen entsprechenden Kredit an das Parlament, der eine Vollbeteiligung und damit auch die vollumfängliche Mitwirkung der Schweiz am sechsten EU-Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (einschliesslich EURATOM) in den Jahren 2003-2006 ermöglichen soll
[77].
Direkte Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU im Bereich Forschung und Entwicklung hatte die Verzögerung der
Ratifizierung der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU durch die EU-Mitgliedstaaten. Da die entsprechenden finanziellen Abkommen betreffend die Beteilung der Schweiz an den EU-Rahmenprogrammen frühestens auf Anfang 2003 in Kraft treten können, falls die Bilateralen wie erwartet im Verlauf des Jahres 2002 rechtsgültig werden, war eine Vollbeteiligung der Schweiz am auslaufenden fünften Rahmenprogramm nicht mehr möglich. Hingegen schien die Vollbeteiligung der Schweiz am sechsten Rahmenprogramm von Beginn dessen Laufzeit an gesichert zu sein – die Einhaltung des EU-Fahrplans vorausgesetzt. Eine Vollbeteiligung ist dahingehend von grossen Bedeutung, als dass sie hiesigen Forscherinnen und Forschern die Koordination von Projekten und Teilprogrammen selbst erlaubt
[78].
Eine vom BBW Ende des Berichtsjahres präsentierte Evaluation zeigte, dass die
Beteiligung der Schweizer Forschung am vierten gegenüber jener am dritten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung der EU hatte gesteigert werden können. Die Zahl der schweizerischen Beteiligungen war von rund 500 auf 1300 – also um 160% – gestiegen. In den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien gingen 46% der Mittel, 16% in die Lebenswissenschaften. Der Kreis der Teilnehmenden hatte sich insbesondere zugunsten des Segments KMU verbreitert
[79].
Dank einem von beiden Räten in der Sommersession bewilligten Nachtragskredit in der Höhe von 35 Mio Fr. konnten die vier zurückgestellten
Nationalen Forschungsschwerpunkte (
NFS) doch noch lanciert werden. Nachdem im Jahr 2000 ein entsprechender Zusatzkredit im Ständerat gescheitert war, hatte der Bundesrat anfangs des Berichtsjahres beschlossen, National- und Ständerat im Rahmen der ersten Budgetnachträge eine Aufstockung des dreijährigen Zahlungsrahmens von bisher 126 um weitere 35 Mio Fr. zu beantragen. Mit den vier zusätzlich bewilligten Projekten können bis 2003 nun vierzehn statt nur zehn NFS mit einem Budget von insgesamt 161 Mio Fr. realisiert werden. Zwei Projekte beschäftigen sich mit Kommunikations- und Informationstechnologien. Bei den anderen geht es um interdisziplinäre Forschung mit starken sozialwissenschaftlichen Komponenten in den Bereichen Risikomanagement bzw. Nord-Süd-Partnerschaften
[80].
Die Enttäuschung, welche der
Misserfolg der
Geistes- und Sozialwissenschaften (
GSW) im Wettbewerb um die NFS im Jahr 2000 provoziert hatte, führte im Berichtsjahr nicht nur zu massiver
Kritik an der Forschungspolitik des Bundes, sondern auch zur
Selbstkritik. Im Frühjahr verlangten namhafte Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft vom Bundesrat eine Erklärung für den ihres Erachtens nicht nachvollziehbaren Entscheid, kritisierten die Auswahlkriterien für die NFS scharf und forderten mehr Transparenz über ebendiese ein. Gegen Jahresende wurde dann unter anderem an einer Tagung der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) nebst dem Beklagen der finanziellen Benachteiligung der GSW auch auf das Potential ebendieser hingewiesen und nach Möglichkeiten gesucht, die Humanwissenschaften in einer fortschreitenden technischen Zivilisation und kulturellen Pluralisierung besser zur Geltung zu bringen. Im Hinblick auf die nächste Beitragsperiode richtete die SAGW in einer Resolution die Forderung an Bundesrat und Parlament, es sei ein Förderinstrument analog zu den NFS zu schaffen, das den spezifischen Bedürfnissen der GSW entspreche. So sollten zur transdisziplinären Forschung und Nachwuchsförderung unter anderem eigenständige, aber mit den Hochschulen verbundene kulturwissenschaftliche Institute dienen
[81].
Zur
Erforschung der Ursachen des Rechtsextremismus gab der Bundesrat ein mit vier Mio Fr. dotiertes Forschungsprojekt in Auftrag. Das Wiedererstarken einer militanten rechtsextremen Szene habe das Phänomen Rechtsextremismus seit Beginn der 90er Jahre in Öffentlichkeit und Politik auf die aktuelle Tagesordnung gebracht
[82].
Zum 17. Mal in Folge wies die
Tierversuchsstatistik für das Jahr 2000 mit 423 127 Versuchstieren eine Abnahme aus. Die Zahl der in bewilligungspflichtigen Versuchen eingesetzten Tiere war demnach im Vergleich zum Vorjahr um 5,1% und gegenüber dem Jahr 1983 um 79% gesunken. Auch im Jahr 2000 war es zu keinem Einsatz von Tieren für Kosmetika und Haushaltsstoffe gekommen
[83].
[77]
BBl, 2002, S. 1077 ff.; Presse vom 1.11.01;
BaZ, 10.12.01.77
[78]
Vision, 4/2001, S. 45; Presse vom 31.3.01. Vgl.
SPJ 2000, S. 278.78
[79]
News BBW, 4/2001;
Vision, 4/2001, S. 35;
NZZ, 9.11.01;
BaZ, 10.11.01.79
[80]
BBl, 2001, S. 2947 f. (BB Nachtrag I zum Voranschlag 2001);
AB SR, 2001, S. 220 ff. ;
AB NR, 2001, S. 703 ff.;
Vision, 3/2001, S. 45;
NZZ, 22.2.01;
Bund, 14.6.01; Presse vom 26.6.01. Vgl.
SPJ 2000, S. 277 f.80
[81]
Vision, 1/2001, S. 11-13 und 3/2001, S. 6-16;
TA, 2.2., 15.5. und 9.11.01;
NZZ, 26.3., 19.5., 16.11. und 19.11.01;
Bund, 27.3.01;
Ww, 14.6.01;
BaZ, 17.11.01. Zur Situation der GSW in der Schweiz siehe auch die Antworten des BR auf die Interpellationen Beerli (fdp, BE) (
AB SR, 2001, S. 216), Kofmel (fdp, SO) (
AB NR, 2001, S. 1443) und Scheurer (lp, NE) (
AB NR, 2001, S. 1447). Zu einem offenen Brief der Kantonsvertreter des Universitätsnetzes BeNeFri an BR Dreifuss, in welchem der BR der Unterschätzung der GSW bezichtigt und Massnahmen zur Aufwertung derselben gefordert wurden, sowie zur Absicht von BR Dreifuss, die Eignung der NFS als Förderinstrument für die GSW zu prüfen, siehe
TA, 7.2.01;
BaZ, 17.3.01.81
[83]
NZZ, 14.7.01;
BaZ, 16.7.01. Zur Fachtagung des Schweizer Tierschutzes unter dem Titel „Tabuthema Tierversuche“ siehe
NZZ, 22.9.01.83
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