Année politique Suisse 2002 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Politische Manifestationen
Die Zahl der Grossdemonstrationen mit 1000 und mehr Beteiligten war mit 26 fast gleich hoch wie im Vorjahr (25). Am häufigsten kam es in der Bundesstadt Bern zu Grossdemonstrationen (8), gefolgt von Genf und Zürich mit je 4. Die grösste Kundgebung des Jahres fand ebenfalls in Bern statt: rund 20 000 Angestellte des Kantons Bern protestierten gegen die von der Regierung angekündigten Sparmassnahmen. Im Zusammenhang mit der Aushandlung eines neuen Gesamtarbeitsvertrags im Baugewerbe, welche auch von einem Streik begleitet war, fanden fünf Grossdemonstrationen statt. Die Landwirte führten ihre grossen Kundgebungen für einmal nicht zentral in Bern, sondern gleichzeitig in verschiedenen ländlichen Regionen durch. Aber nicht soziale Fragen, sondern die Konflikte im Nahen Osten (Israel und Irak) bildeten den häufigsten Anlass für die Durchführung von grossen Manifestationen. Im Gegensatz zu den 90er Jahren waren es im Berichtsjahr allerdings nicht die in der Schweiz wohnhaften Ausländer, welche bei den Grossdemonstrationen dominierten: nur gerade eine davon wurde von ihnen durchgeführt (Protest von Palästinensern gegen die israelische Politik) [21].
Nachdem es 2001 zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten gegen den Kongress des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF) in Davos (GR) und der Polizei gekommen war, fand die diesjährige Tagung in New York statt. Bei einer in Zürich ohne Bewilligung durchgeführten Protestkundgebung gegen den WEF-Kongress in den USA kam es zu heftigen Ausschreitungen und Sachschäden von mehreren hunderttausend Franken [22]. Um für das Jahr 2003 eine Rückkehr dieses von prominenten Politikern und Wirtschaftsführern aus aller Welt besuchten privaten Kongresses nach Davos zu ermöglichen, nahmen die Organisatoren sowie die lokalen und kantonalen Behörden Gespräche mit den an den Demonstrationen beteiligten Gruppen auf [23].
 
[21] Kundgebungen mit mindestens 1000 Beteiligten: Bern: Bund, 23.2. (2500/Christen für Israel); Bund, 18.3. (10 000/Bauarbeiter für GAV); Bund, 18.3. (1600/gegen Faschismus); Bund, 20.3. (4500/Staatspersonal gegen Sparmassnahmen); Bund, 8.4. (9000/gegen Israels Politik); Bund, 2.9. (12 000/gegen Kürzungen bei den Pensionskassen); Bund, 1.11. (20 000/Staatspersonal gegen Sparmassnahmen); TA, 4.11. (2500/gegen Irakpolitik der USA). Genf: LT, 15.4. (1000/für Frieden im Nahen Osten); TG, 10.6. (2000/gegen Israel); NZZ, 7.10. (1000/gegen Irakpolitik der USA); Blick, 5.11. (3000/streikende Bauarbeiter). Zürich: TA, 22.4. (1000/Palästinenser gegen Israel); TA, 28.9. (1500/Bauarbeiter für GAV-Vollzug); NZZ, 28.10. (1200/gegen Rassismus); TA, 13.12. (2500/Studierende gegen Uni-Reform). Bellinzona: Blick, 5.11. (3000/streikende Bauarbeiter); CdT, 28.11. (1500/Staatsangestellte gegen Sparmassnahmen). Baden: Blick, 5.11. (2000/streikende Bauarbeiter). Beromünster (LU): NLZ, 26.8. (4000/Bauern). Fehraltorf (ZH): TA, 2.9. (1000/Bauern). Glattbrugg (ZH): NZZ, 18.11. (1000/gegen Fluglärm). Grenchen (SO): SZ, 4.11. (1500/gegen Spitalschliessung). Ittigen/Grauholz (BE): Bund, 2.9. (5000/Bauern). Kloten (ZH): TA, 3.6. (4000/gegen Fluglärm). Morges (VD): QJ, 24.8. (1000/Bauern).Vgl. auch SPJ 2001, S. 21 f.
[22] NZZ und TA, 4.2.02. Vgl. SPJ 2001, S. 22.
[23] BüZ, 7.9. und 2.11.02; WoZ, 5.12.02; TA, 20.12.02.