Année politique Suisse 2002 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen / Familienpolitik
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Ehe- und Scheidungsrecht
Mit 131 zu 18 Stimmen gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Nabholz (fdp, ZH) Folge, welche verlangt, die im neuen Scheidungsrecht für nicht einvernehmliche Scheidungen geforderte Trennungszeit von vier auf zwei Jahre zu reduzieren. Fachleute (Richter und Anwälte) hatten seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes (1.1.2000) wiederholt kritisiert, die lange Trennungszeit werde vom scheidungsunwilligen Partner (meistens der Frau) oft dazu missbraucht, Zugeständnisse in den Bereichen Finanzen und Kinder abzunötigen. Die vierjährige Trennungsfrist könne zudem auch zur Umgehung ausländerrechtlicher Bestimmungen dienen. Das Anliegen der Initiative wurde zur Erarbeitung einer konkreten Vorlage an die Rechtskommission des Nationalrates überwiesen. Eine Minderheitsmotion Thanei (sp, ZH), die eine Differenzierung der Trennungsfristen nach Ehedauer verlangte, da für Frauen mit Kindern eine längere Frist bis zur Scheidung einen besseren Schutz biete, wurde mit 125 zu 21 Stimmen abgelehnt [49].
Der Bundesrat war bereit, zwei Motionen Janiak (sp, BL) entgegenzunehmen, die ihn beauftragen, das Eheverbot für Stiefverhältnisse aufzuheben, und das Verfahren der Scheidung bei Teileinigung bundesrechtlich zu regeln, worauf sie der Nationalrat überwies. Eine weitere Motion Janiak, die forderte, die Regelung, wonach die Scheidung einer Ehe aus Gründen der Unzumutbarkeit vor Ablauf der vierjährigen Frist verlangt werden kann, sei durch die Aufführung von schwerwiegenden Gründen zu konkretisieren und zu präzisieren, wurde auf Antrag des Bundesrates nur als Postulat angenommen [50].
 
[49] AB NR, 2002, S. 1150 ff. und 1153 ff.; Bund, 15.6.02; 24h, 14.9.02; TA, 16.9.02; Presse vom 17.9.02. Siehe SPJ 2001, S. 211.
[50] AB NR, 2002, S. 1124.