Année politique Suisse 2002 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Hochschulen
Wie das Bundesamt für Statistik (BFS) mitteilte, begannen 2001
30% der jungen Erwachsenen in der Schweiz ein Hochschulstudium; 1981 waren es erst 12% gewesen. 17 582 Personen nahmen eine Ausbildung an universitären Hochschulen und 9227 eine an den Fachhochschulen auf. Insgesamt studierten knapp 100 000 Personen an einer universitären Hochschule der Schweiz, rund 29 000 an einer Fachhochschule. Gemäss BFS trugen der dynamische Wandel des Hochschulsystems und die wachsende Bildungsnachfrage sowie die Fachhochschulen und deren fortschreitende Anerkennung wesentlich zu der Öffnung der letzten zwanzig Jahre bei. Bei den Fachhochschulen stieg die Quote seit ihrer Gründung 1997 von 5,2 auf 9,7% der jugendlichen Bevölkerung. 2001 lag der
Anteil der Frauen beim Universitätseintritt erstmals höher als jener der Männer. Gemäss BFS nimmt die Beteiligung der Frauen jedoch ab, je fortgeschrittener das Studium ist. Bei der Gesamtheit der Studierenden machen die Frauen lediglich noch 48% aus. Von den Abschlüssen wurden 2001 34% der Doktorate und 45% der Lizenziate und Diplome von Frauen erworben. Ein starkes Ungleichgewicht in der Geschlechtervertretung besteht nach wie vor an den Fachhochschulen. Dort waren 2001 lediglich 33% der Studienanfänger Frauen. Das BFS begründete den Unterschied mit dem bisher mehrheitlich von typischen Männerdomänen bestimmten Fächerangebot; Fachbereiche wie Kunst oder Soziale Arbeit befänden sich an den Fachhochschulen erst im Aufbau
[43].
Gemäss einer auf Zahlen von 1998 basierenden Studie der OECD ist die Schweiz das Land mit dem zweithöchsten Anteil von
ausländischen Studenten. Auf 1000 Studierende an einer Schweizer Hochschule kommen 160 Studenten aus dem Ausland. Lediglich Luxemburg (305) weist einen noch höheren Anteil auf. Es folgen Australien (126), Österreich (115) und Grossbritannien (108). Die Nachbarländer Deutschland (81) und Frankreich (73) befinden sich im Mittelfeld, die USA (32) am unteren Ende der Skala. Umgekehrt verlassen 45 von 1000 Schweizer Studentinnen und Studenten das Land, um ihr Studium im Ausland weiter zu führen. Unter den ausländischen Personen, die sich an einer Schweizer Hochschule ausbilden lassen, stellen die Studierenden aus Deutschland fast einen Viertel (22,4%), gefolgt von Italien (15,6%), Frankreich (10,6%) und Spanien (6,0%)
[44]. Der Nationalrat nahm ein Postulat Neirynck (cvp, VD) an, das den Bundesrat ersucht zu prüfen, welche Änderungen des geltenden Rechts nötig sind, damit die ausländischen Forscher, die an Schweizer Hochschulen ausgebildet werden, besser integriert und vermehrt dazu angeregt werden, nach dem Studium in der Schweiz zu arbeiten
[45].
Das europäische Studentenaustauschprogramm
Erasmus konnte auf sein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Studierenden, die von dieser Finanzhilfe profitieren, um ein Semester im Ausland zu verbringen, von gut 300 auf fast 1500. Eine vom Bundesamt für Bildung und Wissenschaft herausgegebene Broschüre zeigte, dass die Möglichkeiten von Erasmus allerdings sehr unterschiedlich genutzt werden. Demnach sind die Westschweizer Studierenden mobiler als die Deutschschweizer. Zudem sind die Geisteswissenschaften klar übervertreten: sie stellen 27% aller Stipendiaten, aber nur 18% aller Studierenden. Untervertreten sind hingegen die Sozialwissenschaften und die Ingenieure
[46].
Die Studierendenorganisationen der beiden ETH und der Universität St. Gallen schlossen sich Ende Jahr zum
„Verein Schweizerischer Hochschulstudierendenschaften“ (VSH) zusammen, um in der nationalen Hochschulpolitik mitzuwirken. Der neue Verband will offen sein für analoge Organisationen aus weiteren Universitäten und Fachhochschulen. Er tritt neben den 1920 gegründeten „Verband der Schweizerischen StudentInnenschaft“ (VSS), der an sieben Universitäten und an der Zürcher Fachhochschule verankert ist. Der VSH erklärte, er wolle keine Konkurrenz zum VSS sein. Differenzen zum traditionellen Verband waren aber nicht zu übersehen. So sprach sich die neue Dachorganisation deutlich für einen konstruktiven Dialog mit den Universitätsleitungen aus, während der VSS seine Kritik an der Bologna-Studienreform aufrecht erhält. Die vom VSH beabsichtigte Beschränkung auf Fragen des Studiums und der Studierenden unterscheidet sich von der Praxis des VSS, die Grenze der Zuständigkeit weit zu ziehen und sich auch zu Themen wie der Mutterschaftsversicherung (mit Blick auf studierende Mütter) zu äussern
[47].
[43] Presse vom 18.12.02. Nach einem Szenario des BFS wird die Zahl der Studierenden an den Universitäten bis 2010 auf 113 000 (+13%) und an den FHS auf 26 000 (+35%) steigen. Besonders stark ist das Wachstum in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Im Weiteren dürfte sich die Zahl der Diplome in Informations- und Kommunikationstechnologien auf allen Stufen vervielfachen (
Lit. Bildungsprognosen Presse vom 18.5.02).
[44]
Lit. International;
LT, 22.3.02.
[45]
AB NR, 2002, S. 2161. Siehe
SPJ 2001, S. 226.
[46] Presse vom 6.6.02. Da das Verhandlungsmandat der EU noch nicht beschlossen ist, kam es zu keinen Verhandlungen um eine Aufnahme der Schweiz in das Erasmus-Nachfolgeprogramm Socrates. Vgl.
SPJ 2001, S. 228.
[47] Presse vom 17.12.02.
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