Année politique Suisse 2002 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Forschung
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Forschungsprogramme und -gelder
Der Bundesrat genehmigte im November die neuen Statuten, die der Stiftungsrat des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zwei Monate zuvor verabschiedet hatte. Der SNF ist das zentrale Instrument des Bundes zur Förderung der Forschung und des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der Schwerpunkt der Totalrevision liegt in der Klärung der Aufgaben, Kompetenzen und Funktionen der wichtigsten Organe des SNF. Gemäss den neuen Statuten nimmt der Stiftungsrat als oberstes Führungs- und Kontrollorgan vermehrt übergeordnete strategische Aufgaben im Bereich der Wissenschaftspolitik wahr. Der Anteil der direkt vom Bundesrat gewählten Mitglieder aus Politik und Wirtschaft wird auf einen Drittel erhöht (bisher 20%), um dem SNF vermehrt die ausserakademische Verankerung zu sichern. Der Nationale Forschungsrat, das wissenschaftliche Leitungsorgan des SNF, wird in seiner Autonomie und Verantwortung deutlich gestärkt. Zur verbesserten Trennung von Politik und Wissenschaft wird der Bund künftig keine Mitglieder des Forschungsrates mehr direkt bestimmen; diese sollen vielmehr in erster Linie nach den wissenschaftlichen Bedürfnissen des SNF ausgewählt werden. Die Geschäftsstelle wird neu explizit als selbständiges Organ mit eigenen Aufgaben und Kompetenzen statuarisch verankert. Da sie in Zukunft auch für die Vorbereitung der wissenschaftlichen Expertisierung zuständig ist, wird sie wesentlich zur zeitlichen Entlastung der Mitglieder des Forschungsrates beitragen [58].
In seiner Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Technologie (siehe oben) in den Jahren 2004-2007 anerkannte der Bundesrat, dass der SNF seit einigen Jahren mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, die zu einer Verringerung der finanziellen Unterstützung pro Projekt und einer Zunahme der Ablehnungsquote bei den Gesuchen führten. Nach dem Willen des Bundesrates soll nun die Förderung der freien Grundlagenforschung hohe Priorität erhalten. Vermehrt zu unterstützen sind seiner Auffassung nach insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften. Der wissenschaftliche Nachwuchs soll gezielt auf den drei Stufen Doktorat, Postdoktorat und Förderprofessur gestärkt werden. Bei den Nationalen Forschungsschwerpunkten (NFS) als Instrument der orientierten Forschung wird mit der Ausschreibung von weiteren drei bis sechs NFS eine Konsolidierung angestrebt, wobei die Geistes- und Sozialwissenschaften besonders berücksichtigt werden sollen [59].
Beide Kammern stimmten dem vom Bundesrat vorgelegten Kredit von 869 Mio Fr. zur Integration der Schweizer Forschung in das sechste EU-Rahmenprogramm von 2003 bis 2006 oppositionslos zu [60]. Dennoch kann sich die Schweiz nicht von Anfang an daran beteiligen. Das bilaterale Forschungsprogramm war das einzige der neun sektoriellen Abkommen, das am 1. Juni nicht in Kraft trat, weil es an das auslaufende fünfte Rahmenprogramm gekoppelt war. Der leztmögliche Beitritt wäre der 1.1.2002 gewesen. Für das sechste Rahmenprogramm sah der Vertrag mit der EU vor, dass es „im gegenseitigen Einverständnis erneuert oder neu ausgehandelt werden kann“. Wegen der Differenzen zwischen der Schweiz und der EU bei der Zinsbesteuerung und der Betrugsbekämpfung kam es im Berichtsjahr aber zu keinem Abschluss, obgleich sich der EU-Forschungskommissar stark dafür einsetzte [61].
 
[58] Presse vom 30.7. und 21.11.02; NZZ, 31.7.02. Der SNF verlangte für die Periode 2004-2007 eine Erhöhung seiner Mittel um jährlich 16% (BaZ, 28.6.02).
[59] BBl, 2003, S. 2363 ff. Zur Zwischenbilanz des Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“ siehe Presse vom 1.7.02.
[60] BBl, 2002, S. 1077 ff.; AB SR, 2002, S. 247 ff.; AB NR, 2002, S. 754 ff.
[61] TA, 29.5.02; 24h, 30.5.02; Baz,7.6. und 20.7.02; Presse vom 11.7., 13.11. und 7.12.02; NZZ, 18.10.02; LT, 29.11. und 18.12.02. Vgl. SPJ 2001, S. 231. Siehe dazu auch eine Interpellation Müller-Hemmi (sp, ZH) in AB NR, 2002, S. 464.