Année politique Suisse 2003 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Strukturpolitik
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Tourismus
Als Zweitrat befasste sich der Nationalrat mit den vom Bundesrat im Vorjahr präsentierten Massnahmen für die Verbesserung von Struktur und Qualität des Angebots des schweizerischen Tourismus (Totalrevision des Bundesgesetzes über den Hotel- und Kurortkredit) und für die Förderung von Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus (InnoTour). Im Gegensatz zur kleinen Kammer, wo die Vorlage problemlos durchgekommen war, standen hier Nichteintretens- und Rückweisungsanträge zur Debatte. Der Rückweisungsantrag kam von der SP-Fraktion, welche verlangte, dass der Bundesrat das Schwergewicht auf die Verbesserung der beruflichen Qualifikation der Arbeitskräfte im Tourismus legt und zudem ein Projekt zur Entschuldung der Unternehmen ausarbeitet. Finanziert werden könnte letzteres aus den zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen, welche sich aus dem geplanten Verzicht auf die Fortführung des ermässigten Sondersteuersatzes ergeben würden. Der Nichteintretensantrag wurde von einer aus SVP-Abgeordneten gebildeten Kommissionsminderheit gestellt und von Blocher (ZH) vertreten. Dieser lehnte das Programm aus ordnungspolitischen Gründen ab: Mit der Fortführung der Subventionen werde der notwendige Strukturwandel verhindert und nicht überlebensfähige Betriebe künstlich am Leben erhalten. Der Rückweisungsantrag der SP wurde mit 91:56 Stimmen abgelehnt. Die Nichteintretensanträge von Blocher richteten sich gegen die beiden zugehörigen Finanzierungsbeschlüsse. Sie wurden mit 121:23 resp. 117:31 Stimmen abgelehnt, wobei sich die SVP-Fraktion im Verhältnis zwei zu eins hinter Blocher stellte; aus den anderen Fraktionen erhielt er bloss die Unterstützung eines Freisinnigen und eines Sozialdemokraten. Die Fraktionssprecher der FDP, der CVP und der Liberalen wandten sich gegen den ordnungspolitischen Rigorismus Blochers, da der Hauptakzent des Programms auf die Innovation gelegt werde. Zudem sei der Tourismus die wichtigste und nicht ersetzbare Wirtschaftsbranche der Randregionen und müsse gegen eine staatlich wesentlich stärker geförderte ausländische Konkurrenz bestehen. In der Detailberatung unterlag die Linke mit ihren Anträgen, zusätzliche Mittel im Betrag von 5 Mio Fr. vom Hotelkredit zu den Qualifizierungsmassnahmen zu verlagern resp. die Freigabe der Kredite von der Ratifikation der Protokolle der Alpenkonvention abhängig zu machen. Keine Mehrheit fand auch ein Antrag Gysin (sp, BS) für die Streichung der Bestimmung, dass von dieser Unterstützung nur Hotels in Berggebieten, nicht aber in den Städten profitieren können. Dieser Kredit von 100 Mio Fr. für die Finanzierung der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit hatte allerdings grösste Mühe, im Nationalrat das unter dem Regime der Ausgabenbremse erforderliche absolute Mehr zu erreichen. Die Gegenstimmen und Enthaltungen aus den Fraktionen der SP, der GP und der SVP waren derart zahlreich, dass dies erst im dritten Anlauf gelang, nachdem der Vierjahreskredit von 100 auf 50 Mio Fr. reduziert worden war. Nachdem der Ständerat auf 100 Mio Fr. beharrt hatte, kam die Kompromisslösung von 80 Mio Fr. der Einigungskonferenz zum Tragen [12].
Gegen den Widerstand der SP und der Grünen bestätigte der Nationalrat den Beschluss des Ständerats, den Ende 2003 auslaufenden reduzierten Sondersatz der Mehrwertsteuer für Beherbergungsleistungen von 3,6% (statt 7,6%) um weitere drei Jahre zu verlängern [13]. Im Rahmen der Sparmassnahmen hatte das Bundesamt für Statistik geplant, auf die Beherbergungsstatistik zu verzichten, und damit rund 2 Mio Fr. einzusparen. Die Branche wehrte sich gegen die für ihr Marketing wichtige Vollerhebung, und der Ständerat verabschiedete eine Empfehlung Hess (fdp, OW), auf diese nicht zu verzichten [14].
 
[12] AB NR, 2003, S. 673 ff., 964 ff., 1070 ff., 1104 f. und 1246; AB SR, 2003, S. 485 f., 565, 659 f. und 718; BBl, 2003, S. 4523 f. (InnoTour), 4525 ff. (Hotelkredit) und 7053 resp. 7911 (Kreditbeschlüsse). Zur Alpenkonvention siehe unten, Teil I, 6d (Protection des sites et de la nature). Vgl. SPJ 2002, S. 89.
[13] AB NR, 2003, S. 693 ff. Vgl. SPJ 2002, S. 89 f.
[14] AB SR, 2003, S. 1013 ff.; BZ, 30.5.03. Vgl. dazu auch die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Frick (cvp, SZ) in AB SR, 2003, IV, Beilagen, S. 63 ff.