Année politique Suisse 2004 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Volksrechte
print
Reform der Volksrechte
Von den beiden im Vorjahr von der SVP-Fraktion eingereichten parlamentarischen Initiativen für mehr Volksabstimmungen über Finanzbeschlüsse des Parlaments konnte sich eine, nämlich diejenige, welche die Einführung des Finanzreferendums verlangt, durchsetzen. Die SPK des Nationalrats hatte sich mit Stichentscheid des Präsidenten für eine Unterstützung entschieden. Demnach sollen Verpflichtungs- oder Rahmenkredite ab einem im Initiativtext nicht festgelegten Betrag dem fakultativen Referendum unterstellt sein. Gegen den Widerstand der geschlossenen Linken und einer Mehrheit der CVP gab der Nationalrat dieser Initiative Folge [30].
Auf Antrag seiner SPK gab der Nationalrat hingegen dem zweiten Vorstoss der SVP-Fraktion keine Folge, welcher die Einführung des Behördenreferendums für Parlamentsbeschlüsse verlangte, die zu beträchtlichen Mehrausgaben führen. Gemäss diesem Vorschlag hätte eine qualifizierte Minderheit von je einem Drittel der Mitglieder beider Kammern in solchen Fällen eine Volksabstimmung anordnen können. Eines der Hauptgegenargumente der SPK-Sprecher Beck (lp, VD) und Gross (sp, ZH) war, dass damit die Parlamentarier davon dispensiert würden, breit akzeptierte Kompromisse zu finden und sich darauf beschränken könnten, das Volk laufend zu Plebisziten über Ausgaben aufzurufen. Zudem seien die Volksrechte bereits gut ausgebaut, da die meisten rechtlichen Grundlagen der Ausgabenbeschlüsse dem fakultativen Referendum unterstellt seien [31].
Gegen Jahresende gab der Bundesrat einen Gesetzesvorentwurf für die Umsetzung der 2003 in die Verfassung aufgenommenen Allgemeinen Volksinitiative in die Vernehmlassung [32].
 
[30] AB NR, 2004, S. 1343 ff.; SHZ, 4.2.04. Vgl. SPJ 2003, S. 40. Dieses Finanzreferendum (obligatorisch und/oder fakultativ) kennen alle Kantone.
[31] AB NR, 2004, S. 1346 ff. Vgl. SPJ 2003, S. 40. Das finanzpolitische Behördenreferendum wird in einigen Kantonen praktiziert (u.a. ZH).
[32] NZZ, 10.8. und 20.11.04. Vgl. SPJ 2003, S. 39.