Année politique Suisse 2004 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Volksrechte
Der Nationalrat folgte mit knappem Mehr dem Antrag seiner SPK, die im Jahr 2000 gutgeheissene parlamentarische Initiative Gross (sp, ZH) für die
Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen abzuschreiben und damit auch auf die Vorschläge der Kommissionsminderheit zur Schaffung eines Anreizsystems für die Deklaration der Beiträge nicht einzutreten
[33].
Die 2003 lancierte
Volksinitiative „
Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“ wurde im August mit 106 344 gültigen Unterschriften eingereicht. Noch vor der Veröffentlichung der Botschaft an das Parlament gab der Bundesrat bekannt, dass er diese Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfehlen werde
[34]. Die Absicht der SPK des Nationalrats, die amtliche Abstimmungsbroschüre (
Bundesbüchlein) in Zukunft statt vom Bundesrat von einem Ausschuss des Parlaments schreiben zu lassen, scheiterte am Veto der SPK des Ständerats, welche die Unterstützung einer entsprechenden parlamentarischen Initiative ablehnte
[35].
Die Frage, ob die Veröffentlichung von Ergebnissen von
Meinungsumfragen vor Volksabstimmungen und Wahlen einen Einfluss auf deren Ausgang hat, ist in der Wissenschaft umstritten. Die Branche der Meinungsforscher hatte sich im Jahre 2002 Richtlinien gegeben, welche die Publikation nur bis zehn Tage vor dem Entscheid zulässt. Eine Motion Zisyadis (pda, VD), welche eine gesetzliche Regelung und eine längere Frist verlangte, lehnte der Nationalrat deutlich ab
[36].
Nach den im Vorjahr pannenfrei durchgeführten Versuchen mit der
elektronischen Stimmabgabe bei kommunalen Abstimmungen bewilligte der Bundesrat auf Antrag der Genfer Regierung für die Abstimmung vom 26. September
erstmals die Anwendung bei einem eidgenössischen Urnengang. Zum Zug kamen die Genfer Gemeinden Anières, Cologny, Carouge und Meyrin, wobei keine Probleme auftraten. Für die eidgenössische Volksabstimmung vom 28. November wurde die Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe auf weitere vier Genfer Gemeinden ausgedehnt
[37].
Bei der Genehmigung der neuen Kantonsverfassung Graubündens kam es zu einer Kontroverse zwischen dem Bundesrat und dem Ständerat über das Majorzsystem. Auslöser dazu war eine Bemerkung in der bundesrätlichen Botschaft, welche, gestützt auf das Urteil einiger Staatsrechtler, das
Majorzsystem bei Parlamentswahlen als „rechtlich zweifelhaft“ eingestuft hatte, da es im Widerspruch zum demokratischen Repräsentationsgedanken stehe. Auf die Anregung des Bundesrates, dieses Wahlsystem für kantonale Parlamente in Zukunft als nicht verfassungskonform zu taxieren, reagierte die SPK des Ständerats – dessen Mitglieder mit Ausnahme der Vertreter des Kantons Jura alle nach diesem System gewählt werden – kurz, heftig und negativ. Das Majorzsystem werde nicht nur in der Schweiz, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer demokratischer Staaten für Parlamentswahlen angewendet, und sei vor allem in ländlichen Gebieten ein gutes Verfahren zur Wahl von politischen Repräsentanten. Beide Ratskammern schlossen sich dieser Meinung an und auch Bundesrat Blocher distanzierte sich von der in der Botschaft formulierten Kritik am Majorzsystem
[38].
[33]
AB NR, 2004, S. 481 ff. Vgl.
SPJ 2003, S. 40.
[34]
BBl, 2004, S. 4847 f.;
24h, 12.8.04 (Einreichung);
TA und
BZ, 11.11.04 (BR). Vgl.
SPJ 2003, S. 40.
[36]
AB NR, 2004, S. 1424 f.;
BZ, 10.6.04.
[37]
BBl, 2004, S. 3949 f. (Bewilligung für den 26.9.04) und 5519 f. (für den 28.11.04);
TA, 16.9.04;
TG, 25.9.04. Vgl. auch
SPJ 2003, S. 40.
[38]
BBl, 2004, S. 1107 ff. (BR) und 3635 ff. (SPK-SR);
AB SR, 2004, S. 260 ff.;
AB NR, 2005, S. 1057 f.;
BBl, 2004, S. 3643.
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