Année politique Suisse 2004 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Strukturpolitik
print
Tourismus
Der Bundesrat beantragte dem Parlament einen Zahlungsrahmen von 200 Mio Fr. für die Periode 2005-2009 zugunsten der Organisation Schweiz Tourismus. Deren primäre Aufgabe ist die Werbung im Ausland für das schweizerische Fremdenverkehrsangebot, und sie wird zu mehr als zur Hälfte vom Bund finanziert. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen 200 Mio Fr. lagen zwar um 10 Mio höher als der letzte Rahmenkredit, aber bedeutend niedriger als die von Schweiz Tourismus gewünschten 277 Mio Fr., welche eine Steigerung um fast 40% bedeutet hätten. Die Marketingorganisation des Tourismus begründete ihre Forderung damit, dass es darum gehe, in den sich stark entwickelnden Kundenmärkten Russland und vor allem China vermehrt präsent zu sein. Dem Ständerat erschien der bundesrätliche Vorschlag allerdings zu knauserig. Mit knappem Mehr erhöhte er den Beitrag auf 230 Mio Fr. Der Nationalrat stimmte jedoch für die von der Regierung vorgeschlagenen 200 Mio für fünf Jahre. Angesichts der Tatsache, dass der Bund unter diversen Titeln pro Jahr rund 210 Mio Fr. direkte Subventionen an die Tourismusförderung bezahlt und der Branche zudem einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen gewährt, drängt sich nach Ansicht der Wirtschafts- und Abgabenkommissionen beider Räte eine Gesamtschau über die staatlichen Unterstützungsmassnahmen und ihre Wirkungen auf. Beide Ratskammern überwiesen ein Postulat, das den Bundesrat zur Vorlage eines entsprechenden Berichts auffordert. Um aufgrund der Resultate dieses Berichts rasch eventuelle Reformvorschläge umsetzen zu können, beschloss der Ständerat in der ersten Runde der Differenzbereinigung, die Laufzeit des Kreditrahmens für Schweiz Tourismus von fünf auf drei Jahre zu verkürzen. Am Kreditrahmen von 46 Mio Fr. pro Jahr (also 138 Mio für die Dreijahresperiode) hielt er jedoch fest. Danach schwenkte auch der Nationalrat auf diese Lösung ein; er tat dies gegen den Widerstand der Linken, welche den bundesrätlichen Vorschlag von 40 Mio Fr. pro Jahr bis zuletzt verteidigte [9].
Der Bundesrat möchte das Verfahren für die Bewilligung von Luftseilbahnen vereinheitlichen und vereinfachen. Diese Absicht wurde in der im Berichtsjahr durchgeführten Vernehmlassung begrüsst. Die Kantone wandten sich allerdings dagegen, dass damit der Bund auch die Zuständigkeit für Skilifte erhielte. In der kurz vor Jahresende zuhanden des Parlaments vorgelegten Botschaft blieben die Skilifte explizit im Kompetenzbereich der Kantone [10].
Im Mai beschloss der Bundesrat, die Weiterarbeit an der Revision des Lotteriegesetzes vorläufig einzustellen. Vorangegangen war diesem Entscheid die Vernehmlassung zu einem Expertenentwurf, welche vor allem bei den Kantonen sehr negative Reaktionen ausgelöst hatte, sowie der Beschluss der zuständigen kantonalen Fachdirektoren, ein Konkordat zur Regelung bestimmter bestehender Probleme namentlich beim Vollzug auszuarbeiten [11]. Die Rechtskommission des Nationalrats war allerdings der Ansicht, dass die Kantone die Bestimmungen über die Aufstellung von Glücksspielautomaten ausserhalb von konzessionierten Casinos zu wenig restriktiv handhaben. Konkret ging es zur Hauptsache um die bisher vor allem in Restaurants in der Westschweiz aufgestellten elektronischen Lotterie-Automaten (sog. Tactilo-Automaten). Nach Ansicht der Lotteriegesellschaften handelt es sich dabei um die elektronische Form der an Kiosken verkauften Rubel-Lose, nach Ansicht der Spielbankenbetreiber hingegen um Glücksspielautomaten. Die von der Rechtskommission eingereichte Motion für eine klare bundesgesetzliche Definition der Glücksspielautomaten unter Einbezug der Tactilo-Geräte wurde vom Bundesrat bekämpft und fand im Nationalrat keine Mehrheit. Der Bundesrat hatte argumentiert, dass er zuerst die Ergebnisse der oben erwähnten Bestrebungen der Kantone abwarten wolle, bevor er selber wieder aktiv werde [12].
 
[9] BBl, 2004, S. 1585 ff.; AB SR, 2004, S. 305 ff., 594 f. und 646 f.; AB NR, 2004, S. 1457 ff. und 1678 ff.; BBl, 2004, S. 5517; AZ, 4.3.04 (Forderung Schweiz Tourismus); Presse vom 13.3.04. Postulat: AB SR, 2004, S. 313; AB NR, 2004, S. 1473.
[10] BBl, 2005, S. 895 ff.; NZZ, 7.4.04.
[11] AB NR, 2004, Beilagen IV, S. 212; TG, 8.4.04; TA, 8.5.04; SGT, 21.5.04. Vgl. dazu auch AB NR, 2004, S. 219 ff. Zur Vernehmlassung siehe SPJ 2003, S. 107.
[12] AB NR, 2004, S. 2161 ff. Zu den Tactilo-Automaten siehe NZZ, 7.4.04. Vgl. auch die Antwort des BR auf eine Anfrage Brändli (svp, GR) in AB SR, 2004, Beilagen IV, S. 42 f. Die Eidg. Spielbankenkommission hat im Berichtsjahr ein vorläufiges Moratorium für die Aufstellung von neuen Tactilo-Automaten erlassen, welches vom Bundesgericht bestätigt wurde (QJ, 6.12.04).