Année politique Suisse 2004 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
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Pro Helvetia
Ab dem Jahr 2005 überträgt die Pro Helvetia dem in Bundesbesitz befindlichen Istituto Svizzero in Rom (ISR) per Leistungsauftrag die gesamte kulturvermittelnde Tätigkeit in Italien. Das bisher von der Pro Helvetia betriebene Centro Culturale Svizzero (CCS) in Mailand wird, wie dies bereits heute für den Kulturraum in Venedig der Fall ist, zu einem Ableger des ISR [8]. Bis Ende 2005 will die Pro Helvetia ihre Aussenstellen in Budapest, Prag und Bratislava schliessen. Die Unterstützung von Projekten in diesen Ländern erfolgt künftig direkt aus der Schweiz. Die Rolle als Brückenkopf nach Osteuropa übernimmt die Aussenstelle in Krakau, die nach Warschau überführt werden soll. Das Desengagement der Pro Helvetia in Italien und Osteuropa wurde mit dem Wunsch nach Kostensenkungen begründet. Dafür will die Kulturstiftung mittelfristig vermehrt ausserhalb Europas aktiv werden. Geplant ist der Aufbau von Verbindungsbüros, wie sie bereits in Kairo und Kapstadt bestehen, in China, Indien und Lateinamerika [9].
Mitten in den parlamentarischen Beratungen über den Voranschlag 2005 erschienen Medienberichte zu einer von der Pro Helvetia unterstützten Ausstellung im Centre Culturel Suisse in Paris, über deren Aussagekraft resp. Geschmacklosigkeit die Meinungen weit auseinander gingen. In der Installation „Swiss-Swiss Democracy“ provozierte der Künstler mit kritischen Aussagen zum politischen System der Schweiz. Noch bevor auch nur ein einziger Parlamentarier die Ausstellung in Augenschein genommen hatte, sorgte diese für helle Aufregung im Bundeshaus. Im Ständerat befand Bieri (cvp, ZG), diese Entgleisung verdiene eine Strafaktion, weshalb er beantragte, das Budget 2005 der Pro Helvetia um eine Million Franken (von 34 auf 33 Mio) zu kürzen. Die Vertreter der SP plädierten vergeblich dafür, nicht anhand des Budgets eine kulturpolitische Debatte vom Zaun zu reissen, eine Haltung, die in der Folge auch Finanzminister Merz übernahm. Der Antrag Bieri wurde mit 24 zu 13 Stimmen angenommen. In der Differenzbereinigung hielt die kleine Kammer zweimal gegen die Beschlüsse des Nationalrats an der Budgetkürzung fest, zuletzt sogar mit 23 zu 10 Stimmen.
Der Nationalrat nahm die Angelegenheit gelassener. Vorerst mit 97 zu 85, dann etwas zaghafter mit 89 zu 84 Stimmen widersetzte er sich einem Antrag aus der SVP, dem Ständerat zu folgen. Für eine umfassende Kulturfreiheit und das entsprechende Mass an Toleranz sprachen sich die Grünen, die SP und die FDP aus, wobei die freisinnigen Abgeordneten zum Teil dennoch für die Budgetkürzung stimmten. Die CVP plädierte in der Debatte für die Strafaktion, doch war auch hier die Haltung der Fraktion bei der Abstimmung nicht einheitlich. In der Einigungskonferenz setzte sich ein Kompromissantrag durch, die Mittel der Pro Helvetia zwar zu beschneiden, aber lediglich um jene 180 000 Fr., welche die Stiftung für die Ausstellung aufgewendet hatte. Der Nationalrat stimmte mit 98 zu 82 Stimmen zu, der Ständerat lehnte mit 25 zu 18 Stimmen ab, womit es gemäss neuem Parlamentsgesetz nicht beim ursprünglichen Antrag des Bundesrates, sondern bei der ständerätlichen Kürzung um 1 Mio Fr. blieb [10].
 
[8] Bund, 6.5.04. Siehe dazu auch die Stellungnahme des BR zur Ip. 04.3180.
[9] NZZ, 23.6.04; Presse vom 26.10.04. Siehe SPJ 2003, S. 279 (ISR) und 281 f. (Pro Helvetia). Zur Ausrichtung der Stiftung siehe insbesondere TA, 23.6. und 29.6.04 sowie Bund, 15.10.04.
[10] AB SR, 2004, S. 802 ff., 865 ff., 904 und 941 ff.; AB NR, 2004, S. 2037 ff., 2095 f. und 2137 ff.; Presse vom 6.-18.12.04. Zu den Auswirkungen dieses letzten Beschlusses auf andere Budgetposten siehe oben, Teil I, 5 (Voranschlag 2005). Für die in den letzten Jahren immer wieder unternommenen Versuche vor allem rechtsbürgerlicher Abgeordneter, den Finanzierungsrahmen der Pro Helvetia zu beschneiden, vgl. SPJ 1999, S. 329 f. und 2003, S. 281 f. Zu den Aktivitäten der Stiftung wurden fünf parlamentarische Vorstösse eingereicht, die im Berichtsjahr nicht mehr behandelt wurden: Geschäfte 04.3666, 04.3670, 04.3671, 04.5254 und 04.5258.