Année politique Suisse 2005 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
 
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene sowie zu den Frauenanteilen vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie anhang_2005.pdf. Zu den Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabelle parolen_2005.pdf. Siehe dazu auch die verschiedenen Sachkapitel.
Mit 106:66 Stimmen überwies der Nationalrat eine auch von CVP-, FDP- und SVP-Vertretern unterzeichnete parlamentarische Initiative Gross (sp, ZH), welche den politischen Parteien Gratiswerbezeit auf den Sendern der SRG einräumen will, damit die öffentliche Meinungsbildung vor Abstimmungen nicht mehrheitlich von zahlungskräftigen Interessenverbänden bestritten wird. Gross verlangte nur sehr allgemein faire Kampagnen und bessere Mitwirkungsmöglichkeiten für Parteien. Die Neuerung mit Radio- und TV-Spots brachte die Kommission (SPK) dann als mögliche Umsetzung ins Spiel. Das Parlament bestätigte allerdings bei der Beratung des Radio- und Fernsehgesetzes das Verbot politischer Werbung in den elektronischen Medien [1].
Eine aktualisierte Auswertung von zwei umfangreichen Erhebungen bei rund 2500 Schweizer Lokalparteien in den Jahren 1989/90 und 2003/04 zeigte, dass die Parteianhängerschaft landesweit dank einem vermehrten Zulauf von Frauen zwar stabil blieb, das parteipolitische Engagement der Bürgerinnen und Bürger jedoch zurückging. Je kleiner eine Gemeinde sei, desto aufwendiger falle die Suche nach geeigneten Kandidaten für politische Ämter aus, wobei die Besetzung von zeitintensiven Exekutivposten in mittelgrossen Gemeinden besondere Mühe bereite, während sich für prestigeträchtige Mandate in grösseren Städten leichter Interessenten finden liessen. Gemäss Andreas Ladner und Urs Meuli hätten die Lokalsektionen der vier Bundesratsparteien in den letzten fünfzehn Jahren insgesamt rund einen Fünftel ihrer Mitglieder verloren. Fasse man die rückläufigen Mitglieder- und Aktivenzahlen, die Rekrutierungsschwierigkeiten für Partei- und politische Ämter, die rückläufige Präsenz im politischen Leben der Gemeinde und den häufigen Rückgriff auf parteiexterne Kandidaten zu einem Gesamtbild zusammen, so zeige die SVP dank Gründungen neuer Sektionen in der Romandie und in der Zentralschweiz mit Abstand am wenigsten Krisensymptome, gefolgt von der SP, der CVP und der FDP; die Grünen konnten ihre Basis mit der Aufnahme linksalternativer Gruppierungen ausweiten. Generell am meisten von Krisen betroffen seien die Parteien der Kantone Luzern, Glarus, Solothurn, Basel-Land, St. Gallen und Aargau. – Neben dem Rekrutierungsproblem wiesen die Erhebungen auch auf eine fortschreitende Überalterung der Schweizer Lokalparteien hin: Bei den Bundesratsparteien sei durchschnittlich nur ein Viertel der Anhänger unter 40 Jahre alt, und auch die Grünen verfügten nicht über eine wesentlich jüngere Anhängerschaft. Ladner und Meuli befürchten nun, dass sich die auf lokaler Ebene georteten Probleme in den kommenden Jahren auf die kantonale und nationale Ebene auswirken und längerfristig das Milizsystem in Frage stellen werden [2].
 
[1] AB NR, 2005, S. 40 f.; BZ, 2.3.05; siehe auch oben, Teil I, 8c (Radio und Fernsehen).
[2] Presse vom 30.3.05.