Année politique Suisse 2005 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Bürgerrecht und Stimmrecht
Im Kanton
Freiburg machte sich das Parlament an die Umsetzung des 2004 mit der neuen Verfassung eingeführten
kommunalen
Ausländerstimmrechts. Auf Antrag der Regierung beschloss es, den seit fünf Jahren im Kanton wohnenden und über eine Niederlassungsbewilligung verfügenden Ausländerinnen und Ausländern das aktive und das passive Wahlrecht auf Gemeindeebene zu erteilen. Das neue Gesetz wurde auf Anfang 2006 in Kraft gesetzt
[27].
Der Verfassungsrat von
Basel-Stadt hatte im Herbst 2004, aus Angst vor einer Abstimmungsniederlage für das gesamte Projekt, das Ausländerstimmrecht wieder aus dem Verfassungsentwurf eliminiert. Immerhin dürfen die beiden Gemeinden Binningen und Riehen dieses für kommunale Angelegenheiten einführen. Die Stimmberechtigten hiessen diese Lösung am 30. Oktober gut
[28].
Im Kanton
Genf entschieden die Bürgerinnen und Bürger über zwei Volksinitiativen zur Einführung des
kommunalen Stimm- und Wahlrechts für Ausländer, die seit acht Jahren im Kanton wohnen. Die eine wollte dieses auf das aktive Wahlrecht beschränken, die zweite auch die Wählbarkeit einschliessen. Damit legten die Initianten zwei Möglichkeiten mit unterschiedlicher Reichweite vor, nachdem das Volk 2001 eine weiter gehende Vorlage abgelehnt hatte. Dass die Initianten damit taktisch klug gehandelt hatten, zeigte das knappe Abstimmungsresultat: Die weniger weit gehende Initiative wurde mit 52% Ja knapp gutgeheissen, diejenige, die auch die Wählbarkeit einführen wollte, hingegen mit 53% Nein abgelehnt. Die Liberalen und die SVP hatten zu beiden Vorlage die Nein-Parole ausgegeben
[29].
Im Kanton
Bern hatte das Parlament die Regierung im Jahr 2003 beauftragt, eine neue Vorlage für die Einführung des
fakultativen kommunalen Ausländerstimmrechts auszuarbeiten (1993 hatte das Volk einen entsprechenden Vorschlag abgelehnt). Der Entwurf der Regierung sah vor, dass die Gemeinden den Ausländern, welche seit zehn Jahren in der Schweiz und seit fünf Jahren im Kanton wohnen, das Stimmrecht erteilen können. Der Grosse Rat trat auf das Projekt gar nicht ein. Im Gegensatz zu 2003 hatte sich diesmal die FDP der ablehnenden SVP angeschlossen, da sie eine erneute Niederlage in der Volksabstimmung befürchtete
[30]. Dies geschah im Kanton
Solothurn, wo die Stimmberechtigten über die Einführung des fakultativen Gemeindestimmrechts für Ausländer zu entscheiden hatten. Der Kantonsrat hatte dieses im Frühjahr gegen den Widerstand der SVP beschlossen. In der Kampagne zur Volksabstimmung fiel die Unterstützung durch die FDP und die CVP nur noch sehr schwach aus. Die Verfassungsänderung wurde am 25. September mit einem Nein-Stimmenanteil von 61% abgelehnt
[31]. In
Luzern strich die Kommission zur Ausarbeitung einer neuen Kantonsverfassung ihren Vorschlag aus dem Vorjahr für die Einführung des fakultativen kommunalen Ausländerstimmrechts wieder. Das Anliegen war in der Vernehmlassung von allen bürgerlichen Parteien bekämpft worden. Die Regierung schlug dem Parlament vor, diese Neuerung den Stimmberechtigten als Zusatzfrage zur neuen Verfassung vorzulegen
[32]. Im Kanton
Graubünden, wo die Gemeinden seit Anfang 2004 über die Kompetenz zur Einführung des Ausländerstimmrechts verfügen, haben bisher acht davon Gebrauch gemacht
[33].
[27]
BZ, 1.2.05;
Lib., 4.2. und 17.3.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 21.
[28]
BaZ, 31.10.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 22.
[29]
TG, 8.4., 25.4. und 10.5.05;
TA, 25.4.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 22.
[30]
Bund, 14.1. und 19.4.05;
BZ, 19.4.05. Vgl.
SPJ 2003, S. 21.
[31]
SZ, 13.9. und 26.9.05.
[32]
NLZ, 9.5. und 20.12.05. Vgl.
SPJ 2004, S. 15.
[33]
BüZ, 25.10., 5.12. und 14.12.05. Vgl.
SPJ 2002, S. 26.
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