Année politique Suisse 2005 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Raumplanung
Diskussionslos stimmte der Nationalrat einem Postulat Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zu, welches einen Massnahmenplan zur
Förderung der Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen verlangt
[1].
In seiner Antwort auf eine Interpellation der grünen Fraktion bestätigte der Bundesrat, dass die anhaltende Siedlungsentwicklung wichtigen Anliegen der Raumplanung entgegensteht. Deshalb wolle er bei der Revision des Raumplanungsgesetzes prüfen, wie die
Siedlungsfläche künftig begrenzt werden könne. Das Massnahmenprogramm „Nachhaltige Raumplanung“ skizziere verschiedene Handlungsmöglichkeiten, welche der jüngst erschienene Raumentwicklungsbericht 2005 des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) konkretisiere
[2]. In diesem Bericht schlägt das ARE unter anderem vor, regionale oder interkantonale Zonen für die Ansiedlung von Grossunternehmen zu schaffen, um so einen weiteren „Fall Galmiz“ zu vermeiden
[3].
Nachdem sich Anfang Jahr die Proteste gegen die umstrittene Umzonung in
Galmiz (FR) und die Ansiedelung einer grossen Produktionsstätte eines Biotechnologiekonzerns gemehrt hatten und sich auch ein „Komitee pro Galmiz“ gebildet hatte, kam Bundesrat Deiss mit dem Freiburger Volkswirtschaftsdirektor Pittet und dessen Waadtländer Kollegin Maurer zu einem Informationsaustausch zusammen. Am Gespräch nahmen auch zwei Vertreter des interessierten Konzerns teil
[4].
Im Zusammenhang mit der Revision des Verbandsbeschwerderechts stimmte der Ständerat einer Motion seiner Rechtskommission zu, welche eine
bessere Koordination von Umweltschutz und Raumplanung verlangt. Umweltrechtliche Grundsatzfragen seien bereits in den Richtplänen zu berücksichtigen, was zu einer Entlastung der projektbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfungen führe. Damit könnten Auseinandersetzungen um umstrittene Standorte entschärft und die Realisierungschancen für Bauvorhaben verbessert werden
[5].
Mit 114:53 Stimmen gab der Nationalrat in der Frühlingssession einer parlamentarischen Initiative Joder (svp, BE) Folge, welche eine umfassendere Nutzung der Gebäudevolumen in der Landwirtschaftszone ermöglichen will. Die Ratsminderheit hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass eine diesbezügliche Gesetzesänderung bereits im Gange sei
[6]. Im Mai gab der Bundesrat einen entsprechenden Vorentwurf in die Vernehmlassung und verabschiedete Ende Jahr seine Botschaft zuhanden des Parlaments. Mit der vorgesehenen
Teilrevision des Raumplanungsgesetzes will die Regierung die
Nebenerwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft verbessern, Bauten für hobbymässige Tierhaltung erleichtern und Aufstockungen und Umnutzungen bestehender landwirtschaftlicher Wohnbauten für landwirtschaftsfremdes Wohnen ermöglichen (z.B. für Schlafen im Stroh, Gästezimmer auf dem Bauernhof oder sozialtherapeutische Angebote). Sollten die vorgeschlagenen Änderungen mit den gesamträumlichen Vorstellungen eines Kantons in Konflikt geraten, könnte dieser einschränkende Bestimmungen erlassen. In der Vernehmlassung war die Vorlage grossteils auf Zustimmung gestossen. Für bäuerliche Vertreter stellte sie einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar; einzelne Kantone, die Linke, die EVP und Planungsverbände befürchteten jedoch eine Verringerung des Schutzes der Landwirtschaftszone. Zudem hätten sie es vorgezogen, die vorgeschlagenen Änderungen im Rahmen der in Aussicht gestellten umfassenden Revision des Raumplanungsgesetzes vorzunehmen
[7].
Im Juni gab der Bundesrat ein
Bundesgesetz über Geoinformation in die Vernehmlassung. Dieses soll eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Landesvermessung, die amtliche Vermessung und für alle weiteren Informationen über Grund und Boden schaffen und die Einführung eines Katasters der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen ermöglichen. Mehrere Kantone befürchteten, sie müssten einen Grossteil der Kosten übernehmen, da die finanziellen und personellen Auswirkungen noch nicht abschätzbar seien. Ausserdem beantragten sie, die Mitwirkung von Kantonen und Gemeinden bereits auf Gesetzes- und nicht erst auf Verordnungsstufe zu verankern, um den bestehenden dezentralen Strukturen Rechnung zu tragen
[8].
[1]
AB NR, 2005, S. 454 und Beilagen I, S. 307 f.; vgl.
SPJ 2004, S. 147.
[2]
AB NR, 2005, Beilagen II, S. 491 f.; siehe auch die noch nicht behandelte Mo. 05.3676 Bigger (svp, SG).
[3]
Lit. ARE (Raumentwicklungsbericht); Presse vom 19.3.05;
NZZ, 22.4., 6.5., 21.6. und 11.7.05;
NLZ, 11.6.05;
LT, 23.6.05;
BaZ, 15.7.05; siehe auch die Beiträge von Jan Metzger, Stellvertretender Generalsekretär in der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich, und von Eric Scheidegger, Seco, in
NZZ, 15.1. und 12.2.05.
[4]
NZZ, 2.3.05;
BZ, 4.3.05. Proteste:
BZ, 21.1., 23.3. und 21.12.05;
NZZ, 22.1., 17.2., 4.4. und 14.4.05. Komitee pro Galmiz:
BZ, 28.1., 3.2. und 5.2.05;
NZZ, 3.2.05; siehe auch die Antworten des BR auf die Fragen Teuscher (gp, BE), Bühlmann (gp, LU), Leuenberger (gp, GE), Cuche (gp, NE) und Recordon (gp, GE) sowie auf eine Ip. der grünen Fraktion in
AB NR, 2005, S. 162 ff. und Beilagen I, S. 434 ff.; vgl.
SPJ 2004, S. 147 f.
[5]
AB SR, 2005, S. 655 f.;
NZZ, 30.6.05. Zum Verbandsbeschwerderecht siehe unten, Teil I, 6d (Politique de protection de l’environnement); vgl.
SPJ 2004, S. 148 und 158 ff.
[6]
AB NR, 2005, S. 46 ff.; siehe auch die Antwort des BR auf eine Ip. Chevrier (cvp, VS) zur Dynamisierung des ländlichen Raumes in
AB NR, 2005, Beilagen II, S. 602 f.; vgl.
SPJ 2004, S. 148.
[7]
BBl, 2005, S. 7097 ff.; Presse vom 13.1. und 28.4.05;
Bund, 4.7.05;
BZ, 15.7.05;
LT, 30.7.05;
NZZ, 2.8.05;
QJ und
TA, 3.12.05.
[8]
BBl, 2005, S. 4298;
SZ, 18.11.05;
SN, 24.11.05;
BüZ, 2.12.05;
NZZ, 3.12.05.
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