Année politique Suisse 2005 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
print
Medikamente
Die im Vorjahr von einem weitgehend unbekannten Verein lancierte Volksinitiative „für einen freien Zugang zu Nahrungsergänzungen“ („Vitamininitiative“) kam nicht zustande. Sie verlangte, dass Nahrungsergänzungen wie z.B. hoch dosierte Vitaminpräparate frei hergestellt, eingeführt und verkauft werden können [15].
Diskussionslos und im Einvernehmen mit dem Bundesrat überwiesen beide Parlamentskammern eine Motion der CVP-Fraktion, welche eine regelmässige Überprüfung der Medikamentenpreise der Originalpräparate nach Patentablauf sowie der Generika verlangt [16].
Nur beschränkt erfolgreich war Ständerätin Sommaruga (sp, BE) mit ihrer Motion zur Senkung der Medikamentenkosten. Da sich Bundesrat Couchepin vehement für den Forschungs- und Werkplatz Schweiz einsetzte, wurde nur ein Punkt ihrer Motion angenommen, nämlich jener, der auch die Überprüfung der Generika-Preise im Vergleich mit den Referenzländern Deutschland, Dänemark, Grossbritannien und den Niederlanden verlangt, da Generika in der Schweiz ebenfalls massiv teurer sind als im Ausland. Eine erleichterte Zulassung von Parallelimporten von in der EU anerkannten Medikamenten lehnte die kleine Kammer ebenso ab wie die Forderung, bei der Preisfestsetzung für Medikamente auf der Spezialitätenliste müsse der therapeutische Mehrwert gegenüber bestehenden Arzneimitteln berücksichtigt werden. Dabei hatte Sommaruga die Praxis der Pharmaindustrie im Visier, patentabgelaufene Medikamente mit geringen Veränderungen wieder zum Patent anzumelden [17].
Behörden und Pharmavertreter einigten sich Ende Sommer auf tiefere Preise für ältere Arzneimittel und Generika; damit sollen die Medikamentenkosten ab 2006 um 250 Mio Fr. gesenkt werden [18]. Im November kündigte Bundesrat Couchepin eine Verordnungsänderung zum KVG per 2006 an. Demnach müssen Patientinnen und Patienten, die trotz Verfügbarkeit eines billigeren Generikums auf der Einnahme eines Originalpräparats bestehen, 20% Selbstbehalt anstatt der üblichen 10% bezahlen. Die Pharmabranche drohte umgehend damit, die zwei Monate zuvor geschlossene Vereinbarung in Frage zu stellen. Couchepin gab dem Druck teilweise nach: Anstatt die Ärzte zu verpflichten, die Verschreibung eines Originalpräparats gegenüber dem Vertrauensarzt der Kasse zu begründen, bleiben sie in ihrem Entscheid frei; zudem gilt die 20%-Regel nur, wenn die Preisdifferenz zwischen Originalmedikament und Generikum mindestens 20% beträgt [19].
 
[15] BBl, 2005, S. 6613; TA, 15.9.05. Siehe SPJ 2004, S. 174.
[16] AB NR, 2005, S. 949; AB SR, 2005, S. 1097.
[17] AB SR, 2005, S. 603 ff.; Bund, 15.1. und 15.6.05. Für Forderungen sowohl der Preisüberwachung als auch der Krankenversicherer nach einer deutlichen Senkung der Medikamentenpreise siehe: TA, 26.2.05; NZZ, 3.3., 21.4., 4.6., 14.6. und 22.6.05.
[18] Presse vom 14.9.05.
[19] Presse vom 10.11.05; TA, 16.11.05; 24h, 10.12.05.