Année politique Suisse 2005 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Suchtmittel
In der Märzsession stimmte auch der Ständerat der Ratifizierung der sehr restriktiv formulierten
UNO-Konvention von 1989 zu, und zwar diskussionslos und einstimmig. Sie übernahm dabei den bereits vom Nationalrat beschlossenen Vorbehalt, wonach die Schweiz Anbau, Erwerb und Besitz von Drogen zum Eigenkonsum für straffrei erklären kann
[31].
Die SGK-NR beschloss, die unbestrittenen Elemente der 2004 in der grossen Kammer gescheiterten Revision des Betäubungsmittelgesetzes, insbesondere das
4-Säulen-Konzept (Prävention inklusive Jugendschutz, Therapie, Schadensverminderung – beispielsweise durch die medizinisch kontrollierte Heroinabgabe – und Repression) mit einer parlamentarischen Initiative wieder aufzunehmen. Separat angehen will die Kommission die Frage des Cannabiskonsums. Die Schwesterkommission des Ständerates, welcher die Drogenpolitik immer offener angegangen war, signalisierte Unterstützung
[32].
Mit dem neuen
Strassenverkehrsgesetz wurde per Anfang Jahr eine Drogenpolitik der
Nulltoleranz im Bereich des
Cannabis-Konsums in die Praxis umgesetzt. Ob dabei der Drogenkonsum im konkreten Fall die Fahrfähigkeit beeinträchtigt, ist nicht entscheidend. In der Verordnung zum Gesetz wurde der Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC mit 1,5 Mikrogramm pro Liter Blut festgeschrieben; gemäss neueren Studien aus Deutschland entsprechen aber erst 4 bis 5 Mikrogramm THC dem heutigen Alkoholgrenzwert von 0,5 Promille. Fachleute erklärten, dass damit „Kiffer“ diskriminiert werden, da auch bei der Bestrafung eine Ungleichbehandlung besteht: wer nachweislich mehr als 1,5 Mikrogramm THC im Blut hat, macht sich eines Vergehens schuldig, das mit Busse oder Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft wird; der mit 0,5 bis 0,8 Promille alkoholisierte Verkehrsteilnehmer riskiert dagegen nur eine Busse
[33].
[31]
AB SR, 2005, S. 279 f. Siehe
SPJ 2004, S. 179.
[32] Pa. Iv. 05.470;
NZZ, 5.2.05;
LT, 6.5.05. Siehe
SPJ 2004, S. 178 f. Die Eidg. Kommission für Drogenfragen empfahl in einem neuen Bericht, von der Trennung zwischen legalen und illegalen Substanzen abzusehen und zu einer differenzierteren, auf die jeweiligen Konsummuster abgestimmten Drogenpolitik zu gelangen (Presse vom 24.5.05). In einer gemeinsamen Absichtserklärung von Städten, Kantonen und Verbänden wurde eine dreistufige politische Strategie angeregt: Rasche Verankerung der unbestrittenen Elemente der gescheiterten Revision des BetMG, Suche nach einem mehrheitsfähigen Cannabis-Kompromiss und Ausarbeitung eines suchtpolitischen nationalen Leitbildes (
NZZ, 4.10.05).
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