Année politique Suisse 2005 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Forschung
Zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln und insbesondere zum Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft siehe oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires).
Im Frühjahr überwies der Nationalrat diskussionslos ein Postulat der FDP-Fraktion bezüglich
Entwicklungsperspektiven im Biotechnologiebereich. Der verlangte Bericht soll einerseits aufzeigen, welche Verbote und Unschärfen in der Gesetzgebung die Forschung behindern, andererseits jene Bereiche (Nanotechnologie, genetische Untersuchungen, Transplantationsmedizin, Pflanzenforschung etc.) auflisten, in denen Reformen vorangetrieben werden könnten, wobei das Prinzip „Kontrollen statt Verbote“ gelten soll
[60].
Im Mai unterbreitete der Bundesrat dem Parlament zwei
Abkommen zum europäischen Patentsystem und die damit erforderlichen Änderungen des Patentgesetzes. Die Neuerungen betrafen weitgehend technische Aspekte und Verfahrensfragen. Materiell wurde der Schutz weiterer medizinischer Indikationen verankert und dabei die Rechtsprechung des Europäischen Patentamts kodifiziert. Neu kann der Patentinhaber sein Patent in einem einzigen Verfahren mit Wirkung für sämtliche Schutzstaaten ganz oder teilweise beschränken oder widerrufen. Gemäss Revision des Sprachenübereinkommens ist es nicht mehr nötig, ein englischsprachiges Patent in eine schweizerische Amtssprache zu übersetzen, damit es in der Schweiz Wirkung entfaltet. Die Räte genehmigten die Abkommen in der Wintersession: das Patentübereinkommen mit 44 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) resp. 131:17 Stimmen bei 35 Enthaltungen (Nationalrat), das Sprachenübereinkommen mit 45:0 Stimmen (SR) resp. 167:16 Stimmen (NR). Die Grünen lehnten die Vorlage ab, während die Mehrheit der SP sich der Stimme enthielt; beide Parteien hatten Vorbehalte gegenüber der Ausweitung medizinischer Indikationen geäussert
[61].
Ende November präsentierte der Bundesrat seine
Botschaft zur Revision des Patentrechts. Diese soll in Anlehnung an die entsprechende EU-Richtlinie einen ausgewogenen Schutz für biotechnologische Erfindungen sicherstellen. Die Vorlage entspricht im wesentlichen dem in Konsultation gegebenen Vorentwurf. Aufgrund der gegensätzlichen Reaktionen in der Vernehmlassung nahm die Regierung jedoch eine Präzisierung beim Patentschutz für Gensequenzen vor: Dieser erstreckt sich neu nur auf jene Sequenzabschnitte (Nukleotide), welche für die in der Anmeldung konkret beschriebenen Eigenschaften und Verwendungszwecke (Funktionen) wesentlich sind. Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, patentiertes biologisches Material, das im Bereich der Landwirtschaft zufällig oder technisch nicht vermeidbar vermehrt wurde, von den Wirkungen des Patents auszunehmen, um Landwirte vor einer übermässigen Inanspruchnahme zu schützen. Zu den weiteren Reformen gehören Massnahmen zur Bekämpfung der Piraterie an Geistigem Eigentum sowie eine Regelung zur Vermeidung von Konflikten bei Parallelimporten von sowohl marken- oder urheberrechtlich als auch patentrechtlich geschützten Produkten. Erlaubt werden zudem Zwangslizenzen für den Export patentgeschützter pharmazeutischer Produkte in Entwicklungsländer, deren Bevölkerung unter schweren Gesundheitsproblemen leidet, und die selbst über keine ausreichenden Produktionskapazitäten verfügen
[62].
[60]
AB NR, 2005, S. 453 und Beilagen I, S. 335 ff.
[61]
BBl, 2005, S. 3773 ff.;
AB SR, 2005, S. 833 ff. und 1223;
AB NR, 2005, S. 1918 ff. und 2002;
BBl, 2005, S. 7489 ff. und 7495 f.
[62]
BBl, 2006, S. 1 ff. und 841; Presse vom 24.11.05; siehe auch unten, Teil I, 4a (Strukturpolitik).
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