Année politique Suisse 2006 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen
 
Arbeitnehmer
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) reichte im April seine im Vorjahr lancierte Volksinitiative für eine Flexibilisierung, sprich Reduktion des Rentenalters ein [7].
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Organisation und Mitgliederbewegung
Die grösste Einzelgewerkschaft, die Unia, war nicht nur an Streiks beteiligt, sondern musste sich auch mit einer gewissen Unruhe in den eigenen Reihen auseinandersetzen. Die organisatorischen Strukturbereinigungen im Anschluss an die Fusion verschiedener Verbände zur Unia und der ungebremste Mitgliederrückgang zwangen sie zur Fortsetzung des Stellenabbaus. Dabei musste sie zum ersten Mal auch Personal entlassen [8].
Der Co-Präsident der Unia, Vasco Pedrina trat auf Ende Jahr von seinem Amt zurück. Unmittelbar nach der Publikation seines Rücktritts gab die Geschäftleitung bekannt, dass er durch den ebenfalls aus der ehemaligen Bauarbeitergewerkschaft GBI stammenden Andreas Rieger ersetzt werden soll. Damit wurde die bei der Fusion des SMUV und der GBI eingerichtete Doppelleitung der Unia weiter geführt. Auch die Syna, die grösste Einzelgewerkschaft von Travail.Suisse, wählte mit Kurt Regotz einen neuen Präsidenten [9].
In einem Grundsatzentscheid beschlossen die Spitzen der Gewerkschaft Kommunikation und des Schweizerischen Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verbands, eine Fusion einzuleiten. Dieses Vorhaben muss allerdings im Jahr 2007 noch durch die Delegiertenversammlungen abgesegnet werden. Die beiden Organisationen gehören dem SGB an und zählen rund 50 000 resp. 35 000 Mitglieder [10].
Der SGB konnte seinen Mitgliederbestand im Jahre 2006 nicht halten. Er reduzierte sich um 1,3% auf knapp 380 000. Praktisch alle Verbände erlitten Verluste. Der Frauenanteil verbesserte sich weiter und erreichte zu Jahresende 24,7%; er hat sich damit in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt. Der andere grosse Gewerkschaftsdachverband, die aus dem Christlichnationalen Gewerkschaftsbund hervorgegangene Travail.Suisse, zählte Ende 2006 gut 162 000 Mitglieder, was gegenüber dem Vorjahr eine kleine Steigerung darstellte. Die nicht diesen beiden Gewerkschaften angeschlossenen Arbeitnehmerorganisationen zählten rund 225 000 Mitglieder, darunter als grösste der Kaufmännische Verband und der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer mit je über 50 000 Mitgliedern. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad betrug damit in der Schweiz rund 24% [11].
 
[7] SGT, 29.3.06. Siehe SPJ 2005, S. 296 sowie oben, Teil I, 7c (AHV).
[8] TA, 4.3.06; NZZ, 15.3. und 27.3.06. Zu den Arbeitskämpfen siehe oben, Teil I, 7a (Kollektive Arbeitsbeziehungen).
[9] Unia: TA, 25.8.06; NZZ, 4.12.06. Wie Pedrina war auch Rieger in jungen Jahren bei der trotzkistischen RML/SAP aktiv, er trat aber später in die SP ein. Zu Rieger siehe auch die Interviews in Bund, 14.9.06 und TA, 4.12.06; zu Pedrina siehe TA, 27.12.06. Syna: Bund, 10.10.06; AZ, 28.10.06; NZZ, 30.10.06.
[10] Lib. und NZZ, 22.11.06. In der Gewerkschaft Kommunikation sind vor allem Beschäftigte der Betriebe Post und Swisscom organisiert.
[11] Ackermann, Ewald / Moser-Brossy, Dominique, Zur Mitgliederentwicklung der Gewerkschaften im Jahr 2006, Bern 2007 (SGB-Dossier Nr. 50). Siehe SPJ 2005, S. 296.