Année politique Suisse 2006 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
Grundrechte
Der neu geschaffene
Menschenrechtsrat der UNO, der seinen Sitz in Genf hat, traf sich im Juni zu seiner ersten Sitzung
[1].
Der Bundesrat beantragte der Bundesversammlung die Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum
Übereinkommen der UNO gegen Folter und andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Dieses hatte die UNO-Generalversammlung im Jahr 2002 gutgeheissen und die Schweiz 2004 unterzeichnet. In der Vernehmlassung hatten sich mit Ausnahme der SVP praktisch alle für die Ratifizierung und Umsetzung ausgesprochen. Als Umsetzungsinstrument ist die Schaffung einer Kommission zur Verhütung von Folter vorgesehen
[2].
Einmal mehr sprach sich das Parlament gegen die
Revision der Anti-Rassismus-Norm im Strafgesetz aus. Die von Hess (sd, BE) im Jahr 2004 eingereichte Motion für eine ersatzlose Streichung fand im Nationalrat keine Gnade. Er schrieb sie wegen Ablauf der Behandlungsfrist diskussionslos ab. Der Bundesrat hatte zuvor ihre Ablehnung beantragt
[3].
Grosses Aufsehen erregte EJPD-Vorsteher Blocher, als er sich auf einer Pressekonferenz in Ankara (
Türkei) über die
Antirassismus-Strafnorm beklagte und ohne Absprache mit seinen Regierungskollegen eine Revision in Aussicht stellte. Im Zentrum von Blochers Kritik stand die Strafbarkeit der Leugnung von Völkermord und die damit verbundene Problematik, wer darüber entscheidet, welche historischen Ereignisse als Völkermord zu taxieren sind. Eine vom EJPD geschaffene und mit externen Spezialisten ergänzte Arbeitsgruppe zur Überprüfung der umstrittenen Gesetzesbestimmungen nahm noch vor Jahresende ihre Tätigkeit auf. Die SVP, die sich in der Volksabstimmung von 1994 noch hinter die Anti-Rassismus-Strafnorm gestellt hatte, bekräftigte an einer Medienkonferenz im November ihre Forderung nach deren Abschaffung. Ihre im Vorjahr eingereichte diesbezügliche Motion hat das Parlament noch nicht behandelt; der Bundesrat hatte die Ablehnung beantragt
[4].
[1] Siehe dazu unten, Teil I, 2 (ONU) sowie Presse vom 19.6. und 20.6.06.
[2]
BBl, 2007, S. 265 ff.;
TA, 4.1.06 (Vernehmlassung).
[3]
AB NR, 2006, S. 1594. Vgl.
SPJ 2005, S. 18.
[4] Türkei: Presse vom 5.10. und 6.10.06. Siehe dazu auch unten, Teil I, 2 (Relations bilatérales). Die Beziehungen zwischen der Türkei und der Schweiz waren wegen der Verurteilung von Türken durch Schweizer Gerichte getrübt. Die Angeklagten hatten in der Schweiz öffentlich den Völkermord an den Armeniern zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgestritten. Arbeitsgruppe:
LT, 10.10.06;
SoZ, 12.11.06;
SGT, 19.10.06;
BaZ, 20.10.06;
Blick, 23.11.06. SVP: Presse vom 17.11.06; Mo. 05.3013.
Copyright 2014 by Année politique suisse