Année politique Suisse 2006 : Grundlagen der Staatsordnung / Föderativer Aufbau / Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
print
Städte, Regionen, Gemeinden
Zur neuen Regionalpolitik des Bundes siehe unten, Teil I, 4a, Strukturpolitik.
Im Juli trafen sich die Regierungsvertreter der Kantone Graubünden, Tessin, Uri und Wallis sowie Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Gotthard-Pass, um die räumliche, wirtschaftliche und touristische Entwicklung des Gotthard-Raumes zu diskutieren. In fünf Jahren soll das Projekt "Raumentwicklung Gotthard" realisiert sein, das die Grundlage für die Entwicklung der von Entvölkerung geplagten Gebiete zwischen Leventina, Urserental, Surselva und Goms bilden soll. Der Bundesrat hatte die Erarbeitung eines kantonsübergreifenden Entwicklungskonzepts zur Voraussetzung für allfällige Bundesbeiträge an die NEAT-Haltestelle Porta Alpina in der Surselva gemacht [6].
Auf Antrag des Bundesrates verlängerte das Parlament die Rechtsgrundlage für die Förderung der Beteiligung der Schweiz an der EU-Initiative für die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit (INTERREG III) um weitere zwei Jahre bis Ende 2008 [7].
Die Glarner Stimmberechtigten beschlossen an ihrer Landsgemeinde vom 7. Mai eine radikale Vereinfachung der Gemeindestruktur. Anstelle der bisherigen 25 sollen in Zukunft nur noch drei Gemeinden bestehen. Die Regierung hatte ursprünglich eine Reduktion auf zehn Gemeinden vorgeschlagen, da die bestehenden, vorwiegend sehr kleinen Gemeinden ihre Aufgaben mangels Finanzen und Personal nur noch ungenügend erfüllen könnten. Das Parlament stimmte diesem Projekt trotz des Protests der Versammlung der Gemeindepräsidenten zu. Die Landsgemeinde diskutierte den Vorschlag ausgiebig und hiess dann den Antrag eines Bürgers für die Reduktion auf bloss drei Gemeinden gut. Es handelt sich dabei freilich nur um einen Grundsatzbeschluss, der eine Umsetzung bis Ende 2010 verlangt. Das konkrete Projekt für diese Radikalreform muss noch ausgearbeitet und einer künftigen Landsgemeinde zum Entscheid vorgelegt werden [8].
Im Kanton Neuenburg hiess das Parlament einen Kredit von 20 Mio Fr. für die Unterstützung von Gemeindefusionen und kommunalen Zusammenarbeitsprojekten gut. Zu den spektakulärsten Vorhaben zählt die geplante Zusammenfassung der elf Gemeinden des Val-de-Travers zu einer einzigen, rund 12 000 Einwohner zählenden Kommune [9].
Auch bei den in den meisten Kantonen bestehenden regionalen Verwaltungseinheiten (meist Bezirke oder Ämter genannt) kam es zu Vereinfachungen. Im Kanton Waadt stimmte das Parlament dem Regierungsantrag zu, die Zahl der Bezirke („districts“) von 19 auf 10 zu reduzieren. Die von Lausanne geforderte Vereinigung der Stadt und aller umliegenden Agglomerationsgemeinden in einen einzigen Bezirk kam jedoch nicht zustande [10]. Im Kanton Bern hiessen die Stimmenden gegen den Widerstand der SVP eine Ersetzung der 26 Amtsbezirke durch zehn Verwaltungskreise gut [11].
 
[6] BüZ, 27.1.06; LT, 6.7.06; NZZ, 11.7.06.
[7] AB SR, 2006, S. 32 f. und 619; AB NR, 2006, S. 943 ff. und 1147; BBl, 2006, S. 5863 f.
[8] NZZ, 9.1., 12.1. und 9.5.06; BüZ, 16.1.06; BaZ, 6.5.06; NZZ und TA, 8.5.06. Das 3-Gemeinden-Modell war von der SP propagiert worden (SGT, 8.5.06; TA, 9.5.06).
[9] LT, 19.1.06; Express, 30.3.06; 24h, 13.9.06 und LT, 17.11.06 (Val-de-Travers).
[10] LT, 16.5., 24.5. und 12.6.06; 24h, 24.5.06.
[11] Bund, 25.9.06.