Année politique Suisse 2006 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Kommunale Wahlen
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Zürich
Noch stärker als 2002 ging es der Zürcher Exekutive (Stadtrat) unter Stadtpräsident Elmar Ledergerber (sp) in den Wahlen vom Februar um eine Bestätigung des Status quo und der von der Linken „Koalition der Vernunft“ genannten Regierungszusammensetzung aus linken Parteien und der FDP. Von den 9 Bisherigen (4 SP, 3 FDP, 1 GP, 1 Parteilos) traten alle ausser der parteilosen Monika Weber zur Wiederwahl an. Trotz nur eines frei werdenden Sitzes gab es 15 weitere Kandidaturen, die zum Teil aus rein wahltaktischen Gründen hinsichtlich der parallel stattfindenden Parlamentswahlen von den Parteien ins Rennen geschickt wurden. So stellte die Alternative Liste, mit nur 3 Sitzen im Gemeinderat vertreten, gleich 4 Bewerber für die Exekutive auf. Die 8 Bisherigen und ihre Parteien waren sich einig in ihrer Unterstützung der Kandidatur von Gerold Lauber (cvp) als Ersatz für Monika Weber und führten auch ansonsten einen Wahlkampf, der die Einigkeit unter den Bisherigen demonstrieren sollte. Die einzige Spannung erzeugte der SVP-Kandidat Roger Liebi, der sich anschickte, die bestehende Konkordanz zu stören. Liebi war auch Elmar Ledergerbers einziger ernsthafter Konkurrent um das Amt des Stadtpräsidenten. Die SVP konnte sich mit ihrem Anwärter jedoch erneut nicht durchsetzen und bleibt auch nach 16 Jahren Opposition vom mehrheitlich rot-grünen Stadtrat ausgeschlossen. Liebi belegte den zehnten Platz mit grossem Abstand auf den Bisherigen Andres Türler (fdp), der gut doppelt so viele Stimmen vorzuweisen hatte (36 535). Gerold Lauber zog mit 36 760 Stimmen an achter Stelle in den Stadtrat ein, wo die CVP somit wieder vertreten ist. Alle Bisherigen wurden in ihrem Amt bestätigt: Neben Andres Türler waren das Robert Neukomm (sp) mit den meisten Stimmen (43 361) vor Monika Stocker (gp), Elmar Ledergerber (sp), Martin Waser (sp), Esther Maurer (sp), Kathrin Martelli (fdp) und Martin Vollenwyder (fdp).
In den Wahlen um das Stadtpräsidium erzielte Elmar Ledergerber (sp) mit 37 502 Stimmen das dreifache seines Herausforderers Liebi (12 292) [29].
Der Zürcher Gemeinderat (Parlament) mit seinen 125 Sitzen wurde zum ersten Mal nach einem neu eingeführten Wahlverfahren gewählt. Dieses berechnet die Sitzverteilung aufgrund der Parteienstärke im ganzen Stadtgebiet und nicht mehr in den einzelnen, in Zürich zum Teil sehr kleinen Wahlkreisen. Die Zuteilung der Sitze auf die Personen erfolgt dann aber weiterhin in den traditionellen Wahlkreisen; um im Parlament vertreten zu sein, muss eine Partei zudem in mindestens einem Wahlkreis auf einen Stimmenanteil von 5% kommen. Durch diesen verbesserten Proporz wird die Bevorteilung der grossen Parteien beendet. Das Ergebnis zeigte denn auch deutliche Sitzverschiebungen zugunsten der kleineren Parteien bei fast gleich bleibenden Wähleranteilen. Zu den Gewinnern gehörten vor allem die Grünen (neu 14 Sitze), die allerdings auch 2,2% mehr Wählerstimmen erhielten, und die EVP (6 Sitze, +1,5%) mit je 4 Sitzgewinnen. Bei der CVP (10 Sitze) entsprachen 1% mehr Stimmen einem Sitzgewinn. An beiden Rändern des politischen Spektrums schafften es kleine Parteien mit nur geringem Zuwachs an Wählern, die 5%-Hürde in einem Kreis zu überspringen und vom neuen System zu profitieren: Die linke AL stellt jetzt 5 (+2), die rechte SD 3 (+3) Gemeinderäte. Unter den grösseren Parteien büsste die SVP aufgrund des neuen Verfahrens zwar am meisten Sitze ein (-7), konnte jedoch ihren Wähleranteil (18,4%) halten, wohingegen für die SP (44 Sitze) der Verlust von 5 Sitzen auch mit einem schwachen Rückgang ihres Wähleranteils um 1,1% verbunden war. Sie blieb aber mit 33,7% klar die stärkste Partei. Die Freisinnigen kamen auf 19 Sitze (-1). Sie erhielten 15,0% (-1,0%) der Stimmen und platzierten sich damit weiterhin hinter der SVP. Ihren einzigen Sitz verloren hat die eng mit der SVP liierte Seniorenpartei. Insgesamt verfügen die linken Parteien über eine hauchdünne Mehrheit von 63 der 125 Mandate. Doch ist durch die Gewinne von CVP und EVP auch die politische Mitte gestärkt worden. Die Wahlbeteiligung lag mit 34,8% wesentlich niedriger als vor 4 Jahren. Der Frauenanteil im neuen Parlament ging leicht von 36,8% auf 36,0% zurück [30].
 
[29] Wahlen vom 12.2.06: Presse vom 13.02.06. Wahlkampf: NZZ und TA, 7.1.–9.2.06.
[30] Wahlen vom 12.2.06: Presse vom 13.2.06. Wahlkampf: NZZ und TA, 7.1.–9.2.06. Zum neuen Wahlverfahren in Zürich siehe u.a. Bund, 14.2.06. Nachanalyse: NZZ und TA, 23.3.06.