Année politique Suisse 2006 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
 
Gesellschaftsrecht
Die ersten Reaktionen auf die Ende 2005 in die Vernehmlassung gegebene Teilrevision des Aktien- und des Rechnungslegungsrechts (rechtliche Bestimmungen für Aktiengesellschaften) fielen vorwiegend positiv aus. Insbesondere die Stärkung der Aktionärsrechte durch verbesserte Transparenz sowie Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten wurde begrüsst. Economiesuisse, die FDP und die CVP kritisierten jedoch den im Reformpaket enthaltenen Vorschlag, die stimmrechtlose Inhaberaktie abzuschaffen [23].
Der Unternehmer Thomas Minder lancierte im Oktober eine Volksinitiative, welche den Aktionären von schweizerischen Aktiengesellschaften Mittel in die Hände geben will, um die oft als exorbitant empfundenen Managerlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen zu reduzieren. Das „Abzockerinitiative“ genannte Begehren verlangt insbesondere, dass die jährliche Generalversammlung das Total der obgenannten Vergütungen festlegt. Dabei sollen die Banken kein Depotstimmrecht mehr ausüben dürfen, und die Pensionskassen müssten ihre Stimme transparent und im Interesse der Versicherten abgeben. Obwohl unter anderem die Boulevardzeitung Blick das Anliegen massiv propagierte, blieb die politische Unterstützung für den Unternehmer weitgehend aus. Einzig die EVP und die Luzerner FDP machten im Berichtsjahr ihren Support publik [24].
Die Linke war 2004 im Nationalrat mit dem Antrag gescheitert, den börsenkotierten Unternehmen eine Frauenquote für den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung vorzuschreiben. Im Berichtsjahr lehnte der Nationalrat auch eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) ab, welche diese Firmen verpflichten wollte, jährlich über die Verwirklichung des Geschlechtergleichstellungsprinzips in ihrem Unternehmen zu berichten [25].
Das Parlament stimmte einer verbesserten rechtlichen Definition von Trusts zu. Widerstände oder Abänderungsanträge gab es keine. Der Bundesrat hatte die Reform im Rahmen der Genehmigung des „Haager Übereinkommens über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung“ vorgeschlagen [26].
Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht ist im EDI angesiedelt. Eine ihrer Aufgaben besteht in der Beurteilung von Problemen, die entstehen können, wenn die Absicht eines Stiftungsgründers neu interpretiert werden muss. Im Nachgang zur Lösung eines derartigen Konflikts hatte die GPK des Ständerats mit einer Motion verlangt, dass diese Stiftungsaufsicht in ein anderes Departement umzusiedeln sei (z.B. ins EJPD). Da viele Stiftungen in den Bereichen Kultur, Bildung, Forschung und gemeinnützige Aufgaben verankert seien, könnten für das auf dem selben Feld tätige EDI Interessenkonflikte entstehen. Gegen den Antrag des Bundesrates, der sich unter anderem auf seine alleinige Kompetenz in Fragen der Verwaltungsorganisation berief, hiess die kleine Kammer den Vorstoss gut [27].
 
[23] TA, 1.6.06; BaZ, 19.6.06. Siehe SPJ 2005, S. 96.
[24] BBl, 2006, S. 8755 ff.; TA, 13.10.06; Blick, NLZ und TA, 31.10.06 (Lancierung); TA, 11.11. (FDP-LU) und 15.11.06 (EVP).
[25] AB NR, 2006, S. 474 ff. Siehe SPJ 2004, S. 86 (pa. Iv. Teuscher, gp, BE).
[26] AB SR, 2006, S. 290 f. und 1266; AB NR, 2006, S. 2001 ff. und 2046; BBl, 2007, S. 41 ff. Siehe SPJ 2005, S. 96.
[27] AB SR, 2006, S. 728 f.