Année politique Suisse 2006 : Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Das Parlament nahm die Beratungen zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes in Angriff. Diese soll die Nebenerwerbsmöglichkeiten für Landwirte verbessern. – Die FDP Zürich reichte eine eidgenössische Volksinitiative zur Beschränkung des Verbandsbeschwerderechts ein. – Der Bundesrat beabsichtigt, das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland aufzuheben. – Nachdem der Entwurf zur Mietrechtsrevision in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen war, beschloss die Regierung, die möglichen Änderungen via Verordnung vorzunehmen.
 
Raumplanung
2005 war es zu Protesten gegen eine umstrittene Umzonung in Galmiz (FR) im Zusammenhang mit der möglichen Ansiedelung einer Produktionsstätte des Biotechnologiekonzerns Amgen gekommen. Im Januar gab das Unternehmen bekannt, es habe sich für einen Standort in Irland entschieden. Wirtschaftsminister Deiss wertete dies als einen bedauerlichen Misserfolg für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Die Landschaftsschützer zeigten sich hingegen überzeugt, dass sich ihre Opposition positiv auf die Raumplanung und die Standortförderung auswirken würde. Das „Aktionskomitee Galmiz – Ja zur Raumplanung Schweiz“ verlangte in einem neuen Raumplanungsgesetz eine schärfere Trennung von Bau- und Nichtbauland und eine Verbesserung der Kompetenzordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden [1].
Die Stiftung „Landschaftsschutz Schweiz“ kündigte an, sie wolle in Ergänzung zu den beiden eidgenössischen Volksinitiativen der Stiftung „Helvetia nostra“ ein eigenes Volksbegehren „Stopp der Zersiedelung“ lancieren, das sich gegen den ungebremsten Bodenverbrauch und die Wachstumspolitik zahlreicher Gemeinden und Kantone richtet [2]. Laut einer Studie von Infras beruht die Zersiedelung der schweizerischen Landschaft nicht zuletzt auf zu gross dimensionierten Bauzonen, die vermutlich bis 2030 gar nicht benötigt werden. Mit dem marktwirtschaftlichen Instrument der Flächennutzungszertifikate könnte der Bodenverbrauch besser gesteuert werden [3]. Eine Untersuchung der Bundesämter für Raumplanung und für Statistik zeigt, dass die Zahl der Wohnungen ausserhalb der Bauzone zwischen 1990 und 2000 um 12 000 auf 195 000 zunahm. Bei rund einem Viertel dieser 195 000 Logis handelt es sich um Zweitwohnungen. Insgesamt befinden sich rund 10% aller Wohngebäude und 30% sämtlicher Gebäude ausserhalb der Bauzone [4].
Nach der kleinen Kammer im Vorjahr stimmte der Nationalrat im Herbst diskussionslos einer Motion der ständerätlichen Rechtskommission zu, welche eine bessere Koordination von Umweltschutz und Raumplanung verlangt. Umweltrechtliche Grundsatzfragen seien bereits in den Richtplänen zu berücksichtigen, was zu einer Entlastung der projektbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfungen führe. Damit könnten Auseinandersetzungen um umstrittene Standorte entschärft und die Realisierungschancen für Bauvorhaben verbessert werden  AB NR, 2006, S. 1520 und Beilagen IV, S. 198 f. Zum Verbandsbeschwerderecht siehe unten, Teil I, 6d (Allgemeine Umweltpolitik); vgl. SPJ 2005, S. 162 und 172 f. .
In Umsetzung der Motionen Büttiker (fdp, SO) und UREK-NR erarbeiteten die Bundesämter BAFU und ARE im Dialog mit Kantonen, Städten sowie Grossverteilern eine Empfehlung, welche die Kantone auffordert, die Standorte verkehrsintensiver Einrichtungen (Einkaufszentren, Fachmärkte und Freizeitanlagen) frühzeitig in den kantonalen Richtplan aufzunehmen [6]. Migros, Coop, Manor und Ikea schlossen sich mit Immobilieninvestoren zum Verband „Espace.mobilité“ zusammen, um sich für eine wirkungsorientierte Raumplanungs- und Umweltpolitik einzusetzen. Konkret verlangen sie bessere Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen, raschere Planungs- und Bewilligungsverfahren sowie den Einbezug aller öffentlichen und privaten Interessen [7].
Im Mai reichte die FDP Zürich ihre eidgenössische Volksinitiative „Verbandsbeschwerderecht: Schluss mit der Verhinderungspolitik – Mehr Wachstum für die Schweiz!“ mit rund 119 000 Unterschriften ein. Das Begehren will das Beschwerderecht von privatrechtlich organisierten Verbänden einschränken. Namentlich sollen solche Einsprachen gegen durch Volksabstimmungen oder durch Entscheide der Legislative (Bund, Kantone und Gemeinden) abgesegnete Bewilligungen zur Realisierung von Projekten nicht mehr möglich sein [8].
Im September präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesgesetz über Geoinformation. Der Gesetzesentwurf liefert eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Landesvermessung, die amtliche Vermessung und für alle weiteren Informationen über Grund und Boden und ermöglicht die Einführung eines Katasters der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen. Der Entwurf entspricht weitgehend der in die Vernehmlassung gegebenen Vorlage. In zwei Punkten trug die Regierung den Bedenken der Kantone Rechnung: So beteiligt sich der Bund an der Finanzierung des Katasters der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen. Ausserdem trägt er den dezentralen Strukturen Rechnung, indem er den Artikel über die Mitwirkung der Kantone wieder ins Gesetz einfügt und sie nicht mit einer Verordnung regelt. Er gesteht den Kantonen zudem ähnlich wie beim Bildungsartikel bereits bei der Vorbereitung von Rechtserlassen des Bundes verstärkte Informations- und Konsultationsrechte zu [9].
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Raumplanungsgesetz
Im Frühling nahm der Nationalrat die Beratungen zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes in Angriff. Dieses will die Nebenerwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft verbessern, Bauten für hobbymässige Tierhaltung erleichtern und Aufstockungen und Umnutzungen bestehender landwirtschaftlicher Wohnbauten für landwirtschaftsfremdes Wohnen ermöglichen. Die Grünen beantragten vergeblich Nichteintreten; für sie widersprach die Vorlage dem grundsätzlichen Ziel der Raumplanung, die beschränkte Ressource Boden haushälterisch zu nutzen, da sie einer weiteren Zersiedlung Vorschub leiste. Stattdessen solle der Bundesrat eine separate Botschaft zur Energiegewinnung aus Biomasse durch die Bauern vorlegen. Bundesrat Leuenberger hielt eine leichte Liberalisierung zugunsten des Agrotourismus und zugunsten der Energieproduktion hingegen für vertretbar. In der Detailberatung folgte der Nationalrat mit geringfügigen Ausnahmen dem Entwurf des Bundesrates und der vorberatenden UREK. Er verwarf einen Minderheitsantrag Brunner (svp, SG), aus Biomasse nicht nur Energie zu gewinnen, sondern auch andere Verwertungsarten zu erlauben, hiess aber einen Kompromissvorschlag Lustenberger (cvp, LU) gut, der Anlagen zur Gewinnung von Kompost aus Biomasse besser stellen will. Weitere Abänderungswünsche von Seiten der SVP und der Grünen blieben alle chancenlos: So sind Bauten und Anlagen abzureissen, wenn die entsprechende Sonderbewilligung wegfällt, Landwirte, die für die Sicherung ihrer Existenz auf ein Zusatzeinkommen angewiesen sind, sollen betriebsnahe nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe errichten dürfen, und nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe in der Landwirtschaftszone müssen den gleichen gesetzlichen Anforderungen genügen wie vergleichbare Betriebe in der Bauzone. Abgelehnt wurde auch ein Antrag Dupraz (fdp, GE), der den Kantonen die Kompetenz geben wollte, den Umbau von Bauten und Anlagen in Wohngebäude zu gestatten, sofern dies nicht mit neuen Infrastrukturen, Strassen, Kanalisation etc. zulasten der Gemeinwesen verbunden ist; solch eine umfassende Änderung gehöre gemäss Nationalrat in die Totalrevision des Raumplanungsgesetzes. Gegen den Willen der SVP dürfen die Kantone wie vom Bundesrat beantragt weitergehende Bestimmungen zum Schutz der Landschaft erlassen. Das Geschäft passierte die Gesamtabstimmung mit 139:18 Stimmen bei 7 Enthaltungen [10].
Im Herbst widmete sich der Ständerat der Vorlage: Eintreten war unbestritten, obschon mehrere Ratsmitglieder eine Gesamtkonzeption vermissten und den Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet verletzt sahen. Zudem wurde die Befürchtung laut, den Kantonen und Gemeinden werde zuviel vorgeschrieben. In der Detailberatung schloss sich der Rat weitgehend den Vorschlägen von Bundesrat und Nationalrat an. Kein Gehör hatte der Ständerat jedoch für den Vorschlag der grossen Kammer, den Bau von Kompostieranlagen auf Bauernhöfen zu erlauben; es sei nicht sinnvoll, Anlagen zu bewilligen, für deren Betrieb Material über grössere Distanzen transportiert werden muss, ohne dass diese dann ihrerseits Energie produzieren. Eine Minderheit Pfisterer (fdp, AG) wehrte sich vergeblich dagegen, auch jenen Bauern, die nicht auf ein Zusatzeinkommen angewiesen sind, den Unterhalt von landwirtschaftsnahen gewerblichen Nebenbetrieben und Agrotourismus zu gestatten. Eine solche Regelung benachteilige sowohl Gewerbetreibende und Landwirte in den Bauzonen, da sie höhere Bodenpreise bezahlen müssten, als auch Nichtlandwirte ausserhalb der Bauzone. Kommissionssprecher Schmid (cvp, AI) bezeichnete diesen Artikel als Kern der Vorlage, mögliche Missbräuche seien durch die mit der vom Nationalrat ins Gesetz eingefügten Bestimmung zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen. Bundesrat Leuenberger wies zudem darauf hin, dass florierenden Betrieben, die für Agrotourismus besonders attraktiv sind, entsprechende Aktivitäten untersagt würden. Eine Differenz zur grossen Kammer schuf der Ständerat im Zusammenhang mit der Anwendung des neuen Bundesgerichtsgesetzes, welches am 1. Januar 2007 in Kraft tritt. So beharrte der Rat darauf, abweichend von der allgemeinen Bundesrechtsgesetzgebung den heutigen Rechtszustand weiterzuführen, indem in der Raumplanung die Kantone und Gemeinden auf demokratischem Weg entscheiden und das Bundesgericht nicht belasten. Zudem soll für den Erlass vorläufiger Massnahmen im Raumplanungsbereich weiterhin die kantonale Kompetenzregelung gelten. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 32:2 Stimmen bei 2 Enthaltungen [11].
In zweiter Lesung hielt der Nationalrat an seinem Beschluss fest, nebst der Gewinnung von Energie aus Biomasse auch den Kompost explizit zu erwähnen. Damit würden nebst der Erstellung von Vergärungsanlagen auch die bäuerlichen Kompostierungsanlagen zonenkonform. Auch in Bezug auf das Rekursrecht hielt der Rat aus systematischen Gründen an seiner Fassung fest [12].
Nachdem die kleine Kammer eine Standesinitiative des Kantons Bern zur Neukonzeption des Raumplanungsgesetzes bereits vor zwei Jahren abgelehnt hatte, verwarf auch der Nationalrat das Begehren diskussionslos. Beiden Räten ging die vorgesehene abschliessende Kompetenz der Kantone, Vorschriften zur Umnutzung von nicht mehr landwirtschaftlich genutztem Wohnraum zu erlassen, zu weit [13].
 
Bodenrecht
Die Absicht des Bundesrates, das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Lex Koller) aufzuheben, stiess in der Vernehmlassung grossmehrheitlich auf Zustimmung. Anlass zu Kritik gaben jedoch die flankierenden raumplanerischen Massnahmen. Die Bürgerlichen lehnten sie mit dem Hinweis auf die Kompetenzen der Kantone in der Raumplanung ab, während die Grünen, die SP sowie Natur- und Umweltschutzverbände sie als ungenügend beurteilten. Der Zweitwohnungsanteil sei bereits heute zu hoch, und die vom Bundesrat vorgeschlagene Delegation der Verantwortung an die Kantone via Richtplanung lasse diesen zu viel Spielraum. Der Boom von Zweitwohnungen lasse sich nur mit einer Kontingentierung in den Griff bekommen. Die meisten Kantone zeigten sich mit der Aufhebung der Lex Koller einverstanden, doch ging manchen die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes ebenfalls zu weit. Sie schränke die kantonale und kommunale Autonomie zu stark ein. Die Tourismuskantone Wallis und Graubünden lehnten die Änderung des Raumplanungsgesetzes strikt ab; sie sind dabei, eine neue Tourismussteuer auszuarbeiten, die auch Zweitwohnungsbesitzer zur Kasse bittet [14].
Die Vereinigung „Helvetia nostra“ des Umweltschützers Franz Weber lancierte eine eidgenössische Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!“. Sie verlangt, den Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestandteil der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde auf höchstens 20% zu beschränken [15].
Mit einer Ausnahmeregelung gab der Bundesrat seine Zustimmung zum umfangreichen Tourismusprojekt eines ägyptischen Unternehmers in Andermatt (UR). Geplant ist ein Ferienresort mit Freizeitanlagen, Hotels und Ferienhäusern. Die Bauten unterstehen nicht der Lex Koller, um Uri wirtschaftliche Entwicklungschancen zu bieten. In seiner Antwort auf eine Frage Leutenegger Oberholzer (sp, BL) erklärte der Bundesrat, es seien Sicherheitsmassnahmen eingebaut, damit der Bau des Hotels auch in zeitlicher Hinsicht im Mittelpunkt stehe. Damit knüpfte die Regierung ihre Ausnahmeregelung an eine Auflage, die den Verkauf der Ferienwohnungen ohne vorherige Realisierung des übrigen Projekts verhindern soll [16].
 
Mietwesen
Ende 2005 hatte der Bundesrat eine revidierte Vorlage zur Mietrechtsrevision in die Vernehmlassung gegeben, welche bei der Mietzinsgestaltung ein duales System vorschlug, das den Vertragsparteien die Wahl zwischen Indexmodell und Kostenmiete liess. Der Entwurf wurde kontrovers beurteilt: Die Mieterseite sprach sich für eine Gesetzesrevision aus, lehnte das vorgesehene duale Modell jedoch mangels echter Wahlmöglichkeit für die Mietenden ab. Ebenso verwarf sie das Instrument der Vergleichsmiete als Missbrauchskriterium. Stattdessen forderte sie eine Verstärkung des Kündigungsschutzes. Die Vermieter akzeptieren die Vorlage im Grundsatz, verlangten aber einen Abbau der Schutzbestimmungen. Aufgrund der grundlegenden Differenzen beschloss der Bundesrat, die Revisionsarbeiten auf Gesetzesstufe vorderhand nicht weiter zu verfolgen, das geltende Modell der Kostenmiete aber per Verordnung zu aktualisieren: So sollen die Preise nicht mehr an den Satz für variable Hypotheken der jeweiligen Kantonalbank gekoppelt werden, sondern an einen Durchschnittssatz. Dieser würde entweder als Durchschnitt der Zinssätze aller Kantonalbanken und damit national einheitlich bestimmt oder aber als Durchschnitt sämtlicher Hypothekarmodelle aller Banken, womit sich die Preisentwicklung etwas verstetigte. Neu sollen die Vermieter Mehrkosten für energetische Gebäudesanierungen wie Isolationen und neue Heizungssysteme (z.B. Erdwärme oder Sonnenkollektoren) ganz oder teilweise auf die Mieter überwälzen können. Das geltende Recht schafft energie- und umweltpolitisch falsche Anreize, da die Vermieter eine alte Ölheizung wieder durch eine Ölheizung ersetzen, weil sie die Kosten eines anderen Heizsystems nicht allein tragen wollen. Schliesslich will der Bundesrat die Abrechnung der Nebenkosten enger fassen. Um zu verhindern, dass Mieter mit unrealistisch tiefen Akontozahlungen geködert und Ende Jahr aufgrund der Nebenkostenabrechnung mit übermässig hohen Nachforderungen konfrontiert würden, seien Nachforderungen prozentual auf einen bestimmten Bruchteil der Akontozahlungen zu beschränken [17].
 
Wohnungsbau und -eigentum
Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative Hegetschweiler (fdp, ZH) im Vorprüfungsverfahren Folge. Sie will Erwerbern einer Ersatzliegenschaft nicht nur Steuererleichterungen gewähren, wenn das neue Eigentum teurer ist als das bisher bewohnte, sondern auch, wenn es günstiger ist. Die Ratsmehrheit wollte damit einerseits die Mobilität der Arbeitnehmenden fördern, andererseits älteren und allein stehenden Personen einen steuerlichen Anreiz geben, in kleinere Haushalte umzuziehen und ihr bisheriges Wohneigentum jungen Familien zur Verfügung zu stellen [18].
Gegen den Antrag des Bundesrats überwies die kleine Kammer mit 20:18 Stimmen eine Motion Kuprecht (svp, SZ), welche die Eigenmietwertbesteuerung von selbst genutztem Wohnraum aufheben will. Schuldzinsen und Unterhaltsarbeiten sollen jedoch in beschränktem Ausmass abzugsberechtigt bleiben, damit ältere Wohneigentümer weiterhin ihre Liegenschaft bewohnen können. Die Besteuerung des Eigenmietwerts stehe der Abtragung von Schulden entgegen, da die Reduktion des Schuldzinsabzuges automatisch einen höheren Steuerbetrag auslöst. Der Bundesrat teilte die Auffassung, dass dem Wohneigentum für die Altersvorsorge eine wichtige Bedeutung zukomme. Daher sei es zulässig, den Eigenmietwert tiefer anzusetzen als den Mietzins für ein vergleichbares Objekt. Zu tiefe Eigenmietwerte benachteiligten jedoch die Mieter [19]. Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative Aeschbacher (evp, ZH) im Vorprüfungsverfahren ab, welche sowohl Eigenmietwert als auch Zinkkostenabzüge abschaffen wollte. Der Vorstoss fördere das Wohneigentum nicht, da die zusätzliche steuerliche Belastung, welche die im Begehren vorgesehene vollständige Aufhebung der Abzugsmöglichkeiten für Schuldzinsen und Unterhaltskosten mit sich brächte, den Wegfall der Eigenmietwertbesteuerung bei weitem nicht ausgleiche [20].
Die grosse Kammer überwies eine Motion Schwander (svp, SZ), welche bezüglich der Rückforderung der Verrechnungssteuer die Gleichstellung von Miteigentümer- mit Stockwerkgemeinschaften verlangt. Verworfen wurde eine parlamentarische Initiative Kiener Nellen (sp, BE) betreffend Vorkaufsrecht für Mieterinnen und Mieter von Wohnungen [21].
Im Sommer schrieb der Ständerat eine parlamentarische Initiative Büttiker (fdp, SO) ab, welche es den Kantonen hatte ermöglichen wollen, ein dem basellandschaftlichen Modell analoges Bausparprogramm einzuführen; zu diesem Thema seien bereits mehrere Vorstösse beim Bundesrat hängig, so dass sich eine durch das Parlament ausgearbeitete Vorlage erübrige. Im Herbst kündigte Nationalrat Gysin (fdp, BL), Vorstand des Schweizerischen Hauseigentümerverbands und der basellandschaftlichen Wirtschaftskammer, die Lancierung einer eidgenössischen Volksinitiative an. Demnach sollen Bauspareinlagen nicht nur für den Erwerb von Wohneigentum, sondern zusätzlich für Energiesparmassnahmen am Haus eingesetzt werden dürfen. Beim Bausparen wäre es möglich, jährliche Einlagen bis zu 15 000 Fr. steuerlich abzuziehen, beim Energiebausparen läge die Obergrenze bei 5000 Fr. [22].
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Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt
2006 erhöhte sich der Leerwohnungsbestand nach 2005 zum zweiten Mal seit 1998. Am Stichtag 1. Juni 2006 standen 39 752 Miet- und Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser leer. Die Leerwohnungsziffer betrug 1,06% (2005: 0,99%). Am grössten war die Wohnungsknappheit in den Kantonen Genf (0,16%), Zug (0,40%) und Schwyz (0,58%). Über die meisten Leerwohnungen verfügten Glarus (2,50%), Jura (2,05%) und Appenzell Ausserrhoden (2,04%) [23].
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Wohnraumförderung
Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative Müller (fdp, AG) betreffend einen Verzicht der staatlichen Wohnbau- und Wohneigentumsförderung im Vorprüfungsverfahren ab [24].
 
Weiterführende Literatur
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Raumplanung
BAFU / ARE (Hg.), Verkehrsintensive Einrichtungen (VE) im kantonalen Richtplan: Empfehlungen zur Standortplanung, Bern 2006.
Hauri, Ernst / Steiner, Verena / Vinzens, Martin, Siedlungswesen Schweiz: Raumentwicklung und Wohnungswesen, Bern (Bundesamt für Wohnungswesen) 2006.
Hornung, Daniel / Lindenmann, Martin / Roth, Ueli, Gebäude, Wohnungen und Bevölkerung ausserhalb der Bauzone: Auswertung der eidg. Volkszählung 2000, Vergleich mit 1990, Bern (ARE / BFS) 2006.
Hornung, Daniel / Lindenmann, Martin / Roth, Ueli, Gebäude, Wohnungen und Bevölkerung ausserhalb der Bauzone: Auswertung der eidg. Volkszählung 2000, Vergleich mit 1990, Kantonsübersichten, Bern (ARE / BFS) 2006.
Infras, Flächennutzungszertifikate: Systemdesign und wirtschaftliche Auswirkungen, Bern (ARE) 2006.
Thierstein, Alain / Kruse, Christian / Glanzmann, Lars, Raumentwicklung im Verborgenen: die Metropolregion Nordschweiz, Zürich 2006.
Waldmann, Bernhard / Hänni, Peter, Raumplanungsgesetz: Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung, Bern 2006.
Zinniker, Gertrud, „Erwerb von Ferienwohnungen durch Personen im Ausland in der Schweiz im Jahr 2005“, in Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 12, S. 44-46.
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Wohn- und Mietwesen
Geiger, Martin, Der Mietwohnungsmarkt: Analyse von Ursache und Wirkung im grössten Markt der Schweiz, Bern (Bundesamt für Wohnungswesen) 2006.
Stahel, Thomas, Wo-Wo-Wonige!: stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968, Zürich 2006.
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M.V.B.
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[1] BZ, 24.-25.1.06; TA, 25.1.06; Presse vom 27.3.06; zu den einzelnen Verfahrensschritten in der Raumplanung siehe auch NZZ, 13.5.06. Vgl. SPJ 2005, S. 162. Forster (fdp, SG) zog ihre Motion zurück, welche verlangt hatte, dass der Bund bei der Planung und Projektierung von Grossvorhaben frühzeitig anzuhören sei. Der Bundesrat hatte auf die geplante Totalrevision des Raumplanungsgesetzes hingewiesen (AB SR, 2006, S. 169 f.).
[2] TA, 19.10.06; zu den Initiativen von Helvetia nostra siehe unten, Bodenrecht und Teil I, 6d (Erhaltung der Umwelt).
[3] Presse vom 30.6.06; Lit. Infras.
[4] NZZ, 21.1.06; Lit. Hornung et al.
[6] 24h, 3.6.06; NZZ, 7.6.06; Lit. BAFU/ARE; vgl. SPJ 2000, S. 165 f. Siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation Bernhardsgrütter (gp, SG) in AB NR, 2006, Beilagen V, S. 231 f.
[7] 24h und TA, 17.6.06.
[8] BBl, 2006, S. 5887 f.; Presse vom 12.5.06. Siehe auch unten Teil I, 6d (Allgemeine Umweltpolitik). Abgeschrieben wurden zwei Motionen der SP-Fraktion betreffend Genehmigungsbedürftigkeit von Vereinbarungen resp. aufschiebende Wirkung von Beschwerden in Verwaltungsverfahren und eine Motion Giezendanner (svp, AG) betreffend Ausschluss des VCS vom Verbandsbeschwerderecht (AB NR, 2006, S. 1589 und 1593 sowie Beilagen III, S. 114 f., 117 und 128 f.).
[9] BBl, 2006, S. 7817 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 163.
[10] AB NR, 2006, S. 27 f. und 185 ff.; SGT, 7.3.06; Presse vom 15.3.06; vgl. SPJ 2005, S. 163. Der Rat verlängerte die Frist zur Behandlung der parlamentarischen Initiative Dupraz (fdp, GE), welche den Kantonen die Kompetenz zur Bewilligung von Umbauten in der Landwirtschaftszone geben will (AB NR, 2006, S. 483 und Beilagen I, S. 49 ff.).
[11] AB SR, 2006, S. 805 ff.
[12] AB NR, 2006, S. 1790. Der Rat verlängerte die Frist zur Behandlung der parlamentarischen Initiative Joder (svp, BE), Kleintierzucht und -haltung in der Landwirtschaftszone (AB NR, 2006, S. 1570).
[13] AB NR, 2006, S. 1069 und Beilagen IV, S. 43 f.; vgl. SPJ 2004, S. 148.
[14] BZ, 28.1.06; NF, 16.2.06; BüZ, 17.2. und 2.3.06; SZ, 23.2.06; SGT, 27.2. und 18.3.06; Presse vom 1.3.06; TA, 15.8.06 (GR und VS); vgl. SPJ 2005, S. 163.
[15] BBl, 2006, S. 5229 ff.; Presse vom 10.5.06. Zur zweiten Volksinitiative von Helvetia nostra, „gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen“, siehe unten, Teil I, 6d (Allgemeine Umweltpolitik).
[16] Presse vom 23.9.06; AB NR, 2006, S. 1411 f.
[17] SGT, 11.2.06; 24h, 28.3.06; Presse vom 1.4. und 30.9.06; vgl. SPJ 2005, S. 163 f. Abgeschrieben wurden eine Motion Theiler (fdp, LU) betreffend elektronische Unterzeichung von Formularen zur Anpassung des Mietvertrages (Faksimile-Unterschrift), da bereits geltende Praxis, und eine Motion Zisyadis (pda, VD), welche ein Verbot von Mietkündigungen während des Winters und ein Ausweismoratorium vom 21. Dezember bis 21. März verlangt hatte. Gemäss Bundesrat gilt in den meisten Kantonen ein Kündigungsverbot auf Ende Dezember; ein weitergehendes Verbot würde die Vertragsfreiheit zu stark einschränken (AB NR, 2006, S. 1141 und 1143 sowie Beilagen III, S. 175 f. und 183).
[18] AB NR, 2006, S. 593 ff.
[19] AB SR, 2006, S. 524 ff.; SGT, 17. und 21.6.06; AZ, 21.6.06. Betreffend Wohneigentumsbesteuerung wurden zwei parlamentarische Initiativen Maissen (cvp, GR) und Bisig (fpd, SZ) und eine Motion der FDP-Fraktion abgeschrieben resp. abgelehnt (AB SR, 2006, S. 523 f. und Beilagen III, S. 5 f. und 13 ff.).
[20] AB NR, 2006, S. 661 f.
[21] AB NR, 2006, S. 120 f. und 477 ff.
[22] AB SR, 2006, S. 523 und Beilagen III, S. 13 ff.; vgl. SPJ 1999, S. 215; Presse vom 15.7.06; BaZ und NZZ, 16.9.06; AZ, 5.10.06.
[23] Pressemitteilung des BFS vom 25.9.06; LT, 27.9.06.
[24] AB NR, 2006, S. 670 ff.
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