Année politique Suisse 2006 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt / Natur- und Heimatschutz
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Naturkatastrophen
Diskussionslos genehmigte das Parlament ein Abkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein zur gegenseitigen Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen [45].
Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative Rey (sp, VS) im Vorprüfungsverfahren ab, welche gesetzliche Bestimmungen auf Bundesebene zum Schutz vor Naturgefahren und insbesondere vor Erdbeben verlangte. Obschon die Erdbebengefahr in der Schweiz im weltweiten Vergleich als mässig bis mittel eingestuft werde, sei das Schadenspotenzial hoch; unter den Naturgefahren müssten Erdbeben als grösstes Risiko angesehen werden. Die Mehrheit des Rates war der Meinung, die Kantone seien durchaus fähig, derartige Katastrophen zu bewältigen, so dass kein weiterer Handlungsbedarf auf Bundesebene bestehe. Bundespräsident Leuenberger vertrat in der Presse die Ansicht, der Erdbebenschutz in der Schweiz müsse verbessert werden und wies auf die Bemühungen der Versicherungswirtschaft hin, eine obligatorische Erdbebenversicherung einzuführen [46].
Obschon die Kantone seit 1991 den Auftrag haben, Gefahrenkarten zu erstellen, sind erst 30% dieser Karten erstellt und nur 15% umgesetzt. Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nid- und Obwalden haben bereits rund zwei Drittel der Gefahrenkarten angefertigt; dagegen sind die Kantone Jura, Waadt, Schwyz, Basel-Land, Aargau, St. Gallen und Thurgau mit ihrer Dokumentation stark im Verzug. Am weitesten fortgeschritten sind jene Kantone, die bisher am schwersten von Naturereignissen betroffen waren [47].
Nach dem Nationalrat im Vorjahr stimmte auch der Ständerat einer Motion Wyss (sp, BE) zu, welche den Bundesrat auffordert, ein meteorologisches Zwei-Stufen-Warnsystem zu etablieren, das eine präzise Unwetterwarnung der Bevölkerung, insbesondere bei Hochwassern und Stürmen, gewährleistet. Gemäss dem Bericht der UREK-SR verfüge MeteoSchweiz bereits über ein zweistufiges Warnsystem und warne die Behörden der Kantone und des Bundes vor Unwettern; die kantonalen Einsatzorgane des Bevölkerungsschutzes ergriffen die erforderlichen Massnahmen. Die Information der Bevölkerung sei ebenfalls Sache der Kantone, erfolge aber normalerweise über MeteoSchweiz. Handlungsbedarf bestehe bei der Schnittstelle zwischen MeteoSchweiz und den privaten Wetterstationen. Diese seien zwar interessiert, gefährliche und medienträchtige Wetterereignisse vorherzusagen, für die Bevölkerung sei es aber oft schwierig, zwischen der offiziellen Warnung und inoffiziellen Mitteilungen der privaten Stationen zu unterscheiden [48].
Gegen den Antrag des Bundesrates überwies der Ständerat einstimmig eine Motion seiner UREK. Diese verlangt eine Sonderbotschaft, welche die Grundlage bildet für eine stärkere finanzielle Unterstützung der vom Hochwasser 2005 betroffenen Kantone durch den Bund. Die Vorlage sei so auszugestalten, dass den am stärksten betroffenen Kantonen eine zumutbare Pro-Kopf-Belastung verbleibt. Bisher bezahlte der Bund 251 Mio Fr. an die Schäden an öffentlichen Gebäuden in der Höhe von 511 Mio Fr. Der Nationalrat lehnte eine ähnliche Motion hingegen ab [49].
 
[45] AB NR, 2006, S. 184; AB SR, 2006, S. 769; vgl. SPJ 2005, S. 68; siehe auch oben, Teil I, 2 (Relations bilaterales).
[46] AB NR, 2006, S. 977 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 173 f.; Presse vom 5.9.06; NZZ, 26.10. und 7.11.06; AZ, 15.11.06.
[47] SGT, 19.1.06; TA, 20.1.06; BaZ, 21.1.06.
[48] AB NR, 2005, S. 1972; AB SR, 2006, S. 729 und Beilagen IV, S. 67 f.
[49] AB SR, 2006, S. 907 ff.; AB NR, 2006, S. 1893 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 174. Zu den Massnahmen betreffend den Schutz vor Umwettern und die Leistungen des Bundes siehe die Antworten des BR auf die Interpellationen der grünen Fraktion, der SP-Fraktion, von Schenk (svp, BE), Leutenegger Oberholzer (sp, BL), Marty Kälin (sp, ZH), Büchler (cvp, SG), der UREK-NR sowie auf zwei Fragen Imfeld (cvp, OW) in AB NR, 2006, Beilagen I, S. 346 ff., 349 ff., 379 f., 406 ff., 417 f. und 544 f. sowie Beilagen III, S. 336 ff. und 756 f.