Année politique Suisse 2006 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen
Allgemeine Fragen
Für die Ausführungsgesetzgebung zum NFA, welche die Bereiche Invalidenversicherung, Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligung in der Krankenversicherung betrifft, siehe oben, Teil I, 5 (Finanzausgleich).
In Erfüllung eines 2002 vom Nationalrat angenommenen Postulats verabschiedete der Bundesrat Mitte März einen Bericht über die
Entwicklung der Sozialwerke bis 2030. Dieser befasst sich hauptsächlich mit den Ausgaben der Sozialversicherungen im Verhältnis zum BIP und mit den Auswirkungen, die eine Stabilisierung dieser Soziallastquote hätte. Letzteres hatte das Postulat als Eckpunkt der Gesamtschau vorgegeben. Gemäss den Hypothesen und Parametern, auf die sich die Berechnungen des künftigen Finanzierungsbedarfs stützten, wird die Soziallastquote im Jahr 2030 25,6% des BIP erreichen (Grundszenario), also 3,4 BIP-Prozentpunkte mehr als 2005. Verglichen mit der vergangenen Entwicklung ist dies kein ausgeprägter Anstieg. Er fällt gegenüber den Jahren 1990 bis 2003 klar tiefer aus. Wenn die zurzeit debattierten Massnahmen in der AHV (11. Revision, Neufassung) und in der IV (5. Revision) umgesetzt werden, lässt sich der Anstieg der Sozialausgaben zwar abbremsen. Die Zunahme wäre aber immer noch deutlich höher als das geschätzte Wirtschaftswachstum; die Soziallastquote würde im Jahr 2030 25,3% des BIP erreichen. Für eine Stabilisierung der Soziallastquote auf dem Niveau von 2005 (22,2% des BIP) wäre bis 2030 eine Leistungskürzung um 12,2% nötig
[1].
Im Vorjahr hatte der Nationalrat im Einverständnis mit dem Bundesrat und gegen den Widerstand der Linken eine Motion Ineichen (fdp, LU) angenommen, mit welcher die Regierung aufgefordert wurde, das
Rechtsmittelverfahren im Sozialversicherungsbereich zu straffen und die Entgeltlichkeit einzuführen. Im Ständerat beantragte die Kommission nun einstimmig, die Motion abzulehnen, da deren Anliegen seit Einreichen des Vorstosses (2003) erfüllt worden sei. Sie verwies insbesondere auf die 2005 vom Parlament gutgeheissene Änderung des IVG, die eine Straffung des Verfahrens im Fall von Streitigkeiten bringt; diese Gesetzesänderung trat auf den 1. Juli in Kraft. Die Motion wurde daraufhin diskussionslos verworfen
[2].
Die
AHV schloss das Jahr 2006 mit einem
Überschuss von 2,708 Mia Fr. ab. Zu verdanken war dies der guten Konjunktur und dem Anlageergebnis, welches den drei Sozialwerken AHV, IV und EO Vermögenserträge von rund 1,4 Mia einbrachte. Während die Beiträge der Versicherten um 3,4% zulegten, wuchs der Aufwand nur geringfügig. Insgesamt nahm die AHV 32,896 Mia Fr. ein, rund eine Milliarde mehr als 2005. Der Aufwand betrug 31,682 Mia Fr. Die
IV dagegen fuhr erneut mit einem Minus von 1,556 Mia Fr. ein herbes
Defizit ein. Für die
EO war 2006 das erste Betriebsjahr mit erhöhten und erweiterten Leistungen an Dienstpflichtige sowie bei Mutterschaft. Diese schlugen sich in einem deutlich höheren Aufwand und einem erheblichen
Verlust von 321 Mio Fr. nieder. Die Beiträge, Steueranteile und Einnahmen aus Regress genügten einmal mehr nicht, um den Gesamtaufwand von 44,241 Mia Fr. zu decken. Dem Vermögen von AHV und EO mussten 577 Mio Fr. entnommen werden, um die Defizite von IV und EO zu decken. Das Kapital der AHV betrug Ende Jahr 32,1 Mio Fr. und entspricht somit 101,3% einer Jahresausgabe (2005 93,8%). Damit wurde die Bedingung von Art. 107 Abs. 3 AHVG, dass der Ausgleichsfonds in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken darf, seit dem Jahr 1994 erstmals wieder erfüllt. Werden jedoch die der IV geliehenen Gelder im Ausmass von rund 9,3 Mia Fr. in Abzug gebracht, verfügt die AHV über rund 22,8 Mia Fr. Reserven; dies entspricht rund 72% der Jahresausgaben
[3].
[1] Presse vom 18.3.06. Zum Postulat siehe
SPJ 2002, S. 212 (FN). Zur Nachführung der IDA FiSo-Szenarien siehe
Lit. Schluep. Für die in der neu aufgelegten 11. AHV-Revision vorgesehenen Massnahmen vgl.
SPJ 2005, S. 192 f. Zur 5. IV-Revision siehe unten.
[2]
AB SR, 2006, S. 665. Siehe
SPJ 2005, S. 190.
[3] Presse vom 14.3.07. Ausführliche Zahlen in
CHSS, 2007, S. 80-84. Siehe
SPJ 2005, S. 191.
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