Année politique Suisse 2006 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Berufsbildung
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Berufsordnungen
Im Berichtsjahr verabschiedete das Parlament das Medizinalberufegesetz (MedBG); ihm unterstellt sind Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Tierärztinnen und Tierärzte und neu auch Chiropraktorinnen und Chiropraktoren. Das MedBG ist so flexibel gestaltet, dass der Bundesrat später weitere Medizinalberufe hinzufügen kann. Im Gegensatz zur grossen Kammer folgte der Ständerat im Zweckartikel dem Bundesrat und hielt an der Dreiteilung Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung fest. Er strich den vom Nationalrat hinzugefügten Passus, wonach die Kantone keine weiteren als die im Gesetz definierten universitären Medizinalberufe bezeichnen können. Beim Miteinbezug der Palliativmedizin und bei den Ausbildungszielen erklärte sich der Rat mit der Ergänzung der grossen Kammer einverstanden. Das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten sei zu wahren, ein Einbezug der Angehörigen gehe jedoch zu weit. Gegen den Antrag des Bundesrates bestätigte der Ständerat mit 22:10 Stimmen die Bestimmung des Nationalrates, die bei den Berufspflichten eine Berufshaftpflichtversicherung verlangt, sie aber nicht für die Berufsbewilligung voraussetzt. Mit 19:13 Stimmen folgte die kleine Kammer einer Kommissionsminderheit Brunner (sp, GE) und verweigerte dem Bundesrat die Kompetenz, Personen mit einem Diplom oder Weiterbildungstitel aus einem Staat, mit dem die Schweiz keinen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung abgeschlossen hat, zu erlauben, ihren Beruf in einem Gebiet mit nachgewiesener medizinischer Unterversorgung selbständig auszuüben. Gemäss Ständerat handle es sich dabei um eine Diskriminierung sowohl der Randregionen als auch der Mediziner. Schliesslich nahm die kleine Kammer die vom Nationalrat gestrichene Bestimmung wieder auf, wonach Medizinalpersonen nur objektive Werbung machen dürfen, die dem öffentlichen Bedürfnis entspricht und die weder irreführend noch aufdringlich sein darf. Chancenlos blieb ein linker Antrag, der sich für eine Vertretung der Patientenorganisationen in der Medizinalberufekommission einsetzte. Die Vorlage passierte die Gesamtabstimmung mit 30:1 Stimmen [22].
Im Differenzbereinigungsverfahren einigten sich die Räte darauf, dass die Kantone wie vom Ständerat gewünscht nebst den im Bundesgesetz vorgesehenen Berufen noch weitere akademische Gesundheitsberufe anerkennen dürfen. In der Frage der Weiterbildung setzte sich der Nationalrat durch, der diese Aufgabe grundsätzlich dem jeweiligen gesamtschweizerischen Berufsverband übertragen wollte, um eine Zersplitterung der Weiterbildung zu vermeiden; dabei ging es jedoch nicht darum, den Berufsverband (sprich die FMH) als Monopolisten zu etablieren. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Versorgung von Randregionen mit Medizinalpersonen nach Bedarf auszugestalten. Schliesslich darf das Medizinalpersonal über die Nennung der Spezialisierung hinaus für sich Werbung machen, diese muss aber objektiv sein und dem öffentlichen Bedürfnis entsprechen. Das MedBG passierte die Schlussabstimmung im Nationalrat mit 189:0 und im Ständerat mit 44:0 Stimmen [23].
 
[22] AB SR, 2006, S. 77 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 224 f.
[23] AB NR, 2006, S. 716 ff., 984 und 1145; AB SR, 2006, S. 406 ff. und 617; BBl, 2006, S. 5753 ff.