Année politique Suisse 2006 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung / Forschung
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Forschungsprogramme und -gelder
Seit mehr als dreissig Jahren betreibt die Stiftung Schweizerisches Forschungsinstitut für Hochgebirgsklima und Medizin das Weltstrahlungszentrum am Physikalisch-Meteorologischen Observatorium in Davos (GR). Der Bund finanziert die Stiftung im Rahmen von mehrjährigen Programmen. Bei der Erneuerung eines solchen mehrjährigen Finanzierungsprogramms stellte der Bundesrat fest, dass dazu die gesetzliche Grundlage fehlt. Ähnlich verhält es sich mit dem globalen Atmosphärenbeobachtungsprogramm, welches der Bund seit 1994 über das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie finanziert. Diskussionslos stimmten die Räte dem Bundesgesetz über die Meteorologie und Klimatologie zu, das die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Weiterführung der bisherigen finanziellen Leistungen schafft [43].
Das Parlament genehmigte einen Verpflichtungskredit von 2,545 Mia Fr. für die integrale Beteiligung der Schweiz am 7. Forschungsrahmenprogramm der EU für die Jahre 2007-2013. Es ermöglicht der Schweiz die Fortsetzung der heutigen Zusammenarbeit mit der Europäischen Union in den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration. In der Eintretensdebatte bedauerten die Räte, dass die Botschaft zum BFI-Kredit 2008-2011 noch nicht vorliege. Bundesrat Couchepin wies darauf hin, dass sich dieser Kredit nicht über denselben Zeitraum erstrecke wie das EU-Programm; die Regierung werde die Botschaft deshalb erst im kommenden Jahr verabschieden. Im Nationalrat beantragte die SVP vergeblich Rückweisung des Geschäfts an den Bundesrat, um die Beratung bis zum Vorliegen der BFI-Botschaft auszusetzen. Das Anliegen der Grünen, den Kredit um den Betrag für die Euratom zu kürzen, blieb chancenlos, ebenso wie ein Antrag Müller (fdp, SG), der die Bedürfnisse der KMU bei den nationalen Begleitmassnahmen besonders berücksichtigen wollte. Bezüglich des Controlling beschloss das Parlament, ein System mit Indikatoren einzuführen, um die Kostenwirksamkeit und die konkreten positiven Auswirkungen der Schweizer Beteiligung an den verschiedenen Programmen und Projekten zu ermitteln [44].
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) veranschlagte seinen Mittelbedarf für die Jahre 2008-2011 auf 631-797 Mio Fr. pro Jahr (Total +47%). Priorität habe die Förderung der freien Grundlagenforschung; die Kredite für Nationale Forschungsschwerpunkte und für problemorientierte Forschungsprogramme sollen stagnieren und anteilsmässig abnehmen. Unter dem Titel „Sinergia“ plant der SNF die Finanzierung von Verbundprojekten im Umfang von 0,5-1,5 Mio Fr. „Eccellenza“ sei für international anerkannte Spitzenforschende bestimmt, die mit der Zusprache überdurchschnittlicher Mittel für fünf statt drei Jahre mehr Sicherheit und Freiraum für Neues erhalten sollen. „Ambizione“ schliesslich gebe dem wissenschaftlichen Nachwuchs zwischen Postdoktorat und Assistenzprofessur die Möglichkeit, eigenständig Projektgelder zu beantragen. Eine Vermehrung der heute 180 Förderprofessuren sei nicht vorgesehen, obwohl sich diese Form der Unterstützung gut zu bewähren scheine [45].
Der Ständerat lehnte ein Postulat Langenberger (fdp, VD) ab, das den Bundesbeiträgen an den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) eine grössere Verbindlichkeit verleihen wollte; für die Planung und Durchführung von Forschungsprojekten sei mehr finanzielle Stabilität nötig. Der Bundesrat vertrat die Auffassung, dass der Verlust des finanzpolitischen Spielraumes, welcher durch zusätzliche gebundene Ausgaben entstehe, stärker zu gewichten sei als die höhere Stetigkeit des Mittelzuwachses für den SNF und die KTI [46].
Die Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften plant ab 2008 zwei neue Einrichtungen: Das Internet-Portal „infoclio“ soll den Zugang zu historischen Arbeiten und Materialien verbessern. Ein Zentrum für Sozialforschung soll Datensammlungen und universitäre Wissenschaft zusammenführen, die im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“ entwickelten wissenschaftlichen Instrumente sichern und fortführen und dabei insbesondere den bisher in Neuenburg ansässigen Informations- und Datenarchivdienst für die Sozialwissenschaften „Sidos“ aufnehmen. Die neue Institution wird bei einer Universität angesiedelt werden, die kontinuierlich Mittel für eine auf das Datenzentrum abgestützte Forschung zur Verfügung stellt (im Gespräch sind die Universitäten Lausanne und Zürich). Vorgesehen sind auch Doktorandenprogramme und Aufenthalte von Gastwissenschaftern [47].
Der Ständerat überwies ein Postulat Frick (cvp, SZ), das einen Bericht zur Zukunft des Historischen Lexikons der Schweiz und zur Verbreitung von schweizergeschichtlichem Wissen in der Bevölkerung verlangt [48].
 
[43] AB NR, 2006, S. 205 und 516; AB SR, 2006, S. 303; BBl, 2006, S. 3537 f.; vgl. SPJ 2005, S. 230.
[44] BBl, 2006, S. 8107 ff.; AB NR, 2006, S. 1791 ff. und 1868; AB SR, 2006, S. 1108 ff.; Presse vom 13.-14.12.06; vgl. SPJ 2005, S. 231. Zum BFI-Kredit siehe oben.
[45] Presse vom 28.3.06.
[46] AB SR, 2006, S. 694 f.; vgl. SPJ 2005, S. 229.
[47] NZZ, 22.9.06.
[48] AB SR, 2006, S. 967 f.