Année politique Suisse 2006 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Kulturpolitik
In Erfüllung eines im Vorjahr vom Nationalrat überwiesenen Postulats genehmigte der Bundesrat Mitte Jahr einen Bericht über die
Buch- und Verlagsförderung in der Schweiz. Die Situation des Buchmarktes in der Schweiz wurde als gesund beurteilt. Der in Verlagen und Buchhandlungen erwirtschaftete Umsatz mit Büchern sei zwischen 1996 und 2004 stabil geblieben. Einige Verlage und Buchhandlungen hätten zwar aufgeben müssen, doch dies vor allem in den Gebieten, wo ihre Dichte am höchsten war. Es handle sich somit um eine durchaus mit andern Wirtschaftszweigen vergleichbare Strukturanpassung. Das sah der Autor der Studie allerdings nicht so, weshalb er sich öffentlich von der bundesrätlichen Schlussfolgerung distanzierte. Seinen Erkenntnissen zufolge sank der Umsatz des Buchhandels zwischen 2001 und 2004 um 2%, nachdem er in den vier Jahren zuvor um 8% angestiegen war. Parallel dazu gingen die Verlagsumsätze in der Periode 2001-2004 um 8% zurück. Die Zahl der Verlage selbst schrumpfte um über 10%, diejenige der Buchhandlungen um 6%; allein in der Westschweiz mussten über fünfzig Buchläden schliessen. Die Buchlobby Schweiz, eine Vereinigung von Verlagen, Autoren, Bibliotheken und Buchhändlern, forderte deshalb unmissverständlich, der Bund müsse den Schweizer Verlagen unter die Arme greifen, nicht zuletzt im Hinblick auf die höchst bedenklichen Feststellungen der PISA-Studie im Bereich Lesekompetenz. Die hiesigen Verlage hätten sich nämlich auf einem kleinen und erst noch mehrsprachigen Markt gegen wachsende internationale Konkurrenz und auch gegen das Internet zu behaupten. Etwas provokativ verlangte die Buchlobby für die Verlagsförderung einen Anteil von rund 100 Mio Fr. an den Fernsehgebühren
[15].
Die
Buchpreisbindung geriet noch stärker unter Druck. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen bestätigte den Entscheid der Wettbewerbskommission (Weko), die Preisbindung zu untersagen. Das von den Kartellwächtern gerügte System, der so genannte Sammelrevers, verpflichtet die Buchhändler, die von den Verlegern fixierten Ladenpreise einzuhalten. Das hat für die Kunden zwar den Vorteil, dass ein Buch überall in der Schweiz gleich viel kostet, führt aber auch dazu, dass deutschsprachige Bücher im Schnitt rund 16% teurer sind als in Deutschland oder Österreich. Der von der Weko als ungerechtfertigte Absprache gerügte Sammelrevers wird vom Buchhändler- und Verlegerverband mit höheren Mieten und Löhnen sowie mit „überwiegenden öffentlichen Interessen“ gerechtfertigt, für welche der Bundesrat Ausnahmeregelungen erlassen könne. Das Bundesamt für Justiz hat aber bereits signalisiert, dafür gebe es in der Verfassung keine Grundlage. Dennoch gelangte der Verband ans Bundesgericht, welches der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gewährte, bis es in der Materie abschliessend entschieden hat. Vor vier Jahren hatte das Bundesgericht das von den Wettbewerbsbehörden erlassene Preisbindungsverbot aufgehoben, weil mildere Massnahmen nicht geprüft worden seien
[16].
[15] Presse vom 29.6. und 31.8.06. Siehe
SPJ 2005, S. 238.
[16] Presse vom 13.7. und 19.9.06. Vgl.
NZZ, 27.2.06 (pro und contra Buchpreisbindung). Siehe
SPJ 2002, S. 276 und
2005, S. 238.
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