Année politique Suisse 2007 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Regierung
Das Parlament konnte die im letzten Jahr entstandenen Differenzen beim Versuch einer Neuorganisation der parlamentarischen Behandlung der
Legislaturplanung des Bundesrates bereinigen. Dabei setzte sich der Nationalrat durch, der beschlossen hatte, dass bei einer Nichteinigung der beiden Räte über eine Einzelbestimmung nicht das ganze Programm, sondern nur diese umstrittene Bestimmung gestrichen wird. Auf Antrag der kleinen Kammer wurde dann beschlossen, dass die Einigungskommission bereits nach der ersten Beratungsrunde im Plenum eingesetzt wird. Die Begründung dafür war, dass beim eben beschlossenen Wegfall eines Einigungzwangs ein mehrstufiges Verfahren für die Suche nach einem Kompromiss gar nicht erforderlich ist
[16].
Bei der parlamentarischen
Behandlung des jährlichen Geschäftsberichts des Bundesrates ist seit dem Jahr 2000 nicht mehr der jeweils zuständige Departementschef im Ratsplenum als Auskunftsperson anwesend, sondern die oder der Vorsitzende des Bundesrats. Viele Parlamentarier konnten sich mit dieser neuen Situation schlecht anfreunden. Sie bemängelten, dass die Debatte durch den Verzicht auf die Beiträge der kompetenten Fachminister an Substanz verloren habe und damit auch die Oberaufsicht des Parlaments über die Regierung beeinträchtigt werde. Die GPK des Nationalrats beantragte deshalb, dass jede Ratskammer in ihrem Reglement vorschreiben könne, dass die zuständigen Bundesräte bei der Behandlung der Berichte über ihre Departemente persönlich anwesend sein müssen. Der Bundesrat lehnte diese Rückkehr zu früheren Zuständen ab. Er finde die persönliche Anwesenheit der Departementsvorsteher bei der Vorberatung des Berichts in den Geschäftsprüfungskommissionen sehr sinnvoll. Bei der Debatte im Plenum bestünde jedoch die Gefahr einer ineffizienten Ausuferung der Diskussion in Detailfragen, wenn die Parlamentarier sich an die einzelnen Bundesräte wenden könnten. Der Vorschlag der GPK-NR ist im Plenum noch nicht beraten worden
[17].
Auf Ende Jahr trat
Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz (fdp) zurück. Sie hatte diese Funktion seit Anfang 2000 ausgeübt und war die erste Frau in diesem Amt gewesen. Vorher hatte sie, ebenfalls als erste Frau, während sieben Jahren das Generalsekretariat der Bundesversammlung geleitet. Für ihre Nachfolge standen der Vereinigten Bundesversammlung drei Personen zur Auswahl: Nathalie Falcone-Goumaz von der SVP, Markus Seiler von der FDP und die auch von der SP und der GP unterstützte Vizekanzlerin
Corina Casanova von der CVP. Bei einem absoluten Mehr von 123 wurde Casanova im ersten Wahlgang mit 124 Stimmen gewählt. Auf Falcone entfielen 64 Stimmen, auf Seiler deren 52. Die Nachfolgerin von Casanova als Vizekanzlerin hat der dafür zuständige Bundesrat im Berichtsjahr noch nicht bestimmt
[18].
Zur Informationstätigkeit der Regierung vor Volksabstimmungen siehe unten, Volksrechte.
[16]
AB NR, 2007, S. 623 ff., 927 und 1159;
AB SR, 2007, S. 396 f. und 658;
BBl, 2007, S. 4535 ff. Vgl.
SPJ 2006, S. 30.
[17]
BBl, 2008, S. 1095 ff. und 1105 ff. (BR).
[18] Rücktritt: Presse vom 15.2.07. Zur Würdigung Hubers siehe u.a.
TA, 15.2.07. Wahl von Casanova:
AB NR, 2007, S. 2087 f.;
TA, 28.3. und 24.11.07;
NZZ, 3.5.07;
BaZ, 31.10.07;
NLZ, 10.12.07.
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