Année politique Suisse 2007 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
 
Indirekte Steuern
Sowohl eine Motion Studer (evp, AG) als auch ein Postulat Leutenegger Oberholzer (sp, BL) forderten den Bundesrat auf, dem Parlament einen Strategiebericht beziehungsweise eine Vorlage für die Einführung einer ökologischen Steuerreform zu unterbreiten. Während das Postulat einen Bericht mit grundlegenden Analysen zu den Möglichkeiten der Ressourcensteuerung mit fiskalischen Mitteln forderte, welcher auch die Regelungen in vergleichbaren Nachbarländern, die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen und die Verteilungswirkungen prüfen soll, hatte die Motion etwas konkretere Ziele. Sie verlangte, dass der Bund auf nicht erneuerbare Energien eine Abgabe erhebt und den Reinertrag zur Senkung der Steuerbelastung der Arbeit verwendet. Beide Vorstösse wurden im Nationalrat gutgeheissen [36].
Der Nationalrat nahm drei Motionen an, welche Steueranreize für energieeffiziente Sanierungsmassnahmen schaffen wollen. Einerseits eine Motion der CVP, welche die Möglichkeit schaffen will, Spareinlagen steuerlich zu befreien oder zu begünstigen, welche zweckgebunden in Investitionen für energieeffiziente Sanierungen getätigt werden. Andererseits eine Motion Leutenegger (fdp, ZH), welche werterhaltende sowie der Energieeffizienz und dem Umweltschutz dienende Investitionen gemäss der Verordnung über den Abzug der Kosten von Liegeschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer neu verteilt über mehrere Jahre und nicht nur im Jahr der Investition ermöglichen will. Schliesslich eine Motion Müller (fdp, AG), welche die energetische Sanierung von älteren Bauten durch fiskalische Anreize fördern will [37].
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Tabaksteuer
Ende Jahr legte der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Tabaksteuergesetzes vor. Die Steuerstruktur für Zigaretten war mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Tabakbesteuerung bereits im Jahr 1996 EU-kompatibel geworden. Dies sollte nun mit der Revision auch für alle anderen Tabakwaren (z.B. Stumpen, Zigarren und Schnitttabak) geschehen. Gleichzeitig sollte die Steuerbelastung leicht heraufgesetzt und dem Bundesrat die Kompetenz erteilt werden, diese bei Bedarf weiter zu erhöhen. Bei der leichten Steuererhöhung auf Zigarren und Zigarillos und der markanten Steuererhöhung auf Feinschnitttabak standen gesundheitspolitische Ziele im Vordergrund. Auf die Festlegung eines Mindestverkaufspreises für Zigaretten wurde vorerst verzichtet, allerdings soll sich die Steuerbelastung in moderaten Schritten und über mehrere Jahre hinaus der EU-Mindestbelastung annähern. Die Botschaft war in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung gestossen [38].
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Motorfahrzeugsteuer
Zahlreiche Motionen hatten zum Ziel, mit steuerlichen Begünstigungen im Bereich der Motorfahrzeugsteuer umweltfreundlichere Fahrzeuge zu bevorzugen. Eine Motion Donzé (evp, BE) forderte den Bundesrat auf, die Kantone zu verbrauchsabhängigen Motorfahrzeugsteuern zu motivieren. Obwohl der Bundesrat dies aus formellen Gründen ablehnte, wurde die Motion im Nationalrat angenommen. Eine Motion Recordon (gp, VD) forderte eine neue Steuerbemessungsgrundlage und einen differenzierten jährlichen Steuertarif für Automobile und andere Motorfahrzeuge, wobei die umweltfreundlichen und sicheren Fahrzeuge bevorzugt und die Umsetzung den Kantonen überlassen werden sollte. Auch diese Motion wurde vom Nationalrat angenommen. Eine parlamentarische Initiative Teuscher (gp, BE) hingegen, welche die Automobilsteuer auf Bundesebene so ausgestalten wollte, dass diese zur Förderung von energieeffizienten und umweltfreundlichen Fahrzeugen beiträgt, lehnte der Nationalrat ab. Die Initiative hätte ein Bonus-Malus-System vorgesehen, welches den Schadstoffausstoss inklusive Feinstaub und Lärm berücksichtigt hätte [39]. Auch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) sprach sich dafür aus, bei der Ausgestaltung der kantonalen Motorfahrzeugsteuern in Zukunft ökologische Kriterien zu berücksichtigen. Ziel sei die Senkung des Treibstoffverbrauches über Rabatte oder ein Bonus-Malus-System. Bis der Bund seine Arbeiten an einer Umweltetikette abgeschlossen hat, soll vorerst die Energieetikette der Fahrzeuge als Bemessungsgrundlage dienen [40].
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Mineralölsteuer
Zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes siehe unten, Teil I, 6d (Luftreinhaltung).
Eine Motion Freysinger (svp, VS) forderte den Bundesrat dazu auf, der Société internationale de sauvetage du Léman die gleiche Ermässigung bei den Treibstoffsteuern zu gewähren wie den Bauern. Der Bundesrat lehnte dieses Begehren ab, da das Subventionsgesetz bestimmt, dass auf Finanzhilfen in Form von steuerlichen Vergünstigungen zu verzichten ist. Die Annahme einer solchen Motion hätte zudem jede Menge Anschlussbegehren zur Folge. Der Nationalrat lehnte die Motion mit 59 zu 111 Stimmen ab [41].
Eine weitere Motion Freysinger (svp, VS) wollte den Bundesrat beauftragen, eine Änderung von Artikel 86 Absatz 3 der Bundesverfassung vorzunehmen. Diese Bestimmung soll neu vorsehen, dass der gesamte Reinertrag der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen für den Unterhalt, den Bau und den Betrieb der Nationalstrassen verwendet wird. Entsprechend der Meinung des Bundesrates lehnte der Nationalrat die Motion mit 75 zu 98 Stimmen ab [42].
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Mehrwertsteuer-Gesetz
Auch in diesem Jahr stimmten die Räte zahlreichen Motionen zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer und zur Vereinheitlichung der Steuersätze zu. Der Nationalrat überwies eine Motion der CVP, welche eine Verkürzung der Verjährungsdauer im Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer verankern wollte. Mit einer solchen könne das Risiko für den Unternehmer, aufgrund ihm nicht bekannter Regelungen nicht überwälzbare Steuern nachzahlen zu müssen, verkleinert werden und damit werde seine Rechtssicherheit vergrössert. Die absolute Verjährungsfrist soll bei fünfzehn Jahren bleiben. Auch eine Motion der FDP, welche bei der anstehenden Revision des Mehrwertsteuergesetzes die Steuererhebung in den Bereichen Rechtssicherheit und Verfahrensgerechtigkeit verbessern möchte, nahm der Nationalrat an. Die FDP kritisiert mit dieser Motion, dass der Steuerpflichtige an die abgegebene Quartalsabrechnung gebunden sei und bei einem Fehler den objektiven Straftatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht habe. Die Verwaltung könne jederzeit auf die Abrechnungen zurückkommen und der Steuerpflichtige geniesse erst Rechtssicherheit, wenn die Verjährungsfrist von fünf Jahren abgelaufen sei. Diese Frist könne allerdings durch die Verwaltung mit einfachsten Mitteln unterbrochen werden. Eine Motion Leutenegger (fdp, ZH) setzte sich für eine grundsätzliche Vereinfachung der Verwaltung der Mehrwertsteuer ein und wurde ebenfalls überwiesen. Eine Motion Müller (fdp, AG) wollte, dass die Mehrwertsteuerverwaltung keine Nachbelastungen allein gestützt auf formelle Mängel vornimmt, wenn sie erkennen kann, dass durch den formellen Mangel beim Bund kein Steuerausfall entstanden ist. Eine letzte Motion in diesem Bereich von Nationalrat Darbellay (cvp, VS) verlangte, dass bei der Revision des Mehrwertsteuergesetzes die Steuerausnahme in Artikel 18 für Sportvereine und sportliche Anlässe beibehalten bleibt. Auch diese beiden Vorstösse fanden im Nationalrat eine Mehrheit [43].
Gleichzeitig schickte das EFD die Reform zur Vereinfachung des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer in die Vernehmlassung. Da die Mehrwertsteuer als zu komplex und für die Steuerzahler und die Verwaltung administrativ als zu aufwändig und risikoreich kritisiert wurde, schlug der Bundesrat zahlreiche Änderungsvorschläge von eher technischer Natur bis hin zu radikalen und innovativen Reformschritten, wie die Einführung eines einheitlichen Steuersatzes und die Abschaffung möglichst vieler Steuerausnahmen, vor. Als Modelle standen zur Diskussion: 1. Ein Einheitssteuersatz von 6%, der auch für das Gesundheitswesen gilt, 2. Zwei Sätze von 3.4 und 7.6% sowie der Verzicht auf viele Ausnahmen und 3. Die Beibehaltung der drei heutigen Sätze, aber mit administrativen Vereinfachungen. Umstritten waren dabei nicht die Vereinfachungen im Gesetz, wohl aber die Änderungen bei den Steuersätzen, die allenfalls eine Verfassungsänderung erfordern würden sowie der Abbau von Ausnahmen bei der Steuerpflicht. Gegen den Einheitssteuersatz wehrten sich SP, SVP und CVP, welche diesen als unsozial und als versteckte Steuererhöhung ansahen [44].
In Bezug auf den Vorsteuerabzug bei der Mehrwertsteuer reichte der Nationalrat Imfeld (cvp, OW) zwei Motionen ein. Während die eine verlangt, dass Start-up-Unternehmungen, die sich durch staatliche Zuschüsse oder private Schenkungen finanzieren, zum vollumfänglichen Vorsteuerabzug berechtigt werden, will die zweite Motion, dass ein Unternehmer auch dann als vorsteuerabzugsberechtigt angesehen wird, wenn sachlich und zeitlich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den steuerbaren Eingangs- und Ausgangsumsätzen besteht. Der Nationalrat nahm beide Motionen an [45].
Sowohl eine Motion der SVP als auch eine Motion Jenny (svp, GL) wollten die Mehrwertsteuer per 1. Januar 2010 um ein Prozent senken unter der Bedingung, dass bis dahin die Schulden des Bundes jährlich um 3 Mia Fr. gesenkt werden. Der Bundesrat lehnte beide Motionen entscheiden ab, da einerseits der hohe Überschuss im Jahr 2006 sowie die vorgesehenen Überschüsse 2008-2011 nicht für die Finanzierung neuer Vorhaben zur Verfügung stehen und andererseits die Forderung nach einer Steuersenkung bei der Mehrwertsteuer nicht der Steuerstrategie des Bundesrates entspricht, welche darauf abzielt, dort steuerliche Erleichterungen vorzunehmen, wo der positive Einfluss auf Wachstum und Arbeitsplätze am grössten ist. Die Motion Jenny wurde im Ständerat und die Motion der SVP Fraktion im Nationalrat deutlich abgelehnt [46].
Eine Motion der SP setzte sich dafür ein, dass die Reform der Mehrwertsteuer sozialverträglich ausgestaltet wird. Die Entlastung von Unternehmen und Verwaltung solle nicht von Haushalten mit tiefen und mittleren Einkommen finanziert werden. Dieser Meinung waren auch der Bundesrat und der Nationalrat, welche die Motion annahmen [47].
 
[36] AB NR, 2007, S. 500 (Motion Studer) und 497 (Postulat Leutenegger Oberholzer).
[37] AB NR, 2007, S. 1515 (CVP), 1513 (Leutenegger) und 1516 (Müller).
[38] BBl, 2007, S. 533 ff.
[39] AB NR, 2007, S. 500 (Donzé), 495 (Recordon) und 1765 f. (Teuscher).
[40] Medienmitteilung der KKJPD vom 16.11.07.
[41] AB NR, 2007, S. 195.
[42] AB NR, 2007, S. 196.
[43] AB NR, 2007, S. 203 (CVP), 200 ff. (FDP), 202 f. (Leutenegger), 200 ff. (Müller) und 1516 (Darbellay).
[44] BBl, 2007, S. 1545; Presse vom 16.2.07.
[45] AB NR, 2007, S. 1517.
[46] AB SR, 2007, S. 868 ff.; AB NR, 2007, S. 1513.
[47] AB NR, 2007, S. 571.