Année politique Suisse 2007 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
Mit einer Motion verlangte Ständerat Stadler (cvp, UR) eine Ergänzung des Epidemiengesetzes in dem Sinn, dass die Kantone nichtärztliche Therapeuten im Bereich der Komplementärmethoden in die Koordination der Massnahmen zur
Bekämpfung übertragbarer Krankheiten einzubeziehen haben. Diese Therapeuten seien von Gesetzes wegen zu verpflichten, Personen mit übertragbaren Krankheiten an einen Arzt weiterzuleiten und gleichzeitig der kantonalen Behörde eine Meldung mit den Angaben zu erstatten, die zur Identifizierung erkrankter, infizierter oder exponierter Personen notwendig sind. Der Bundesrat beantragte Ablehnung der Motion. Das Epidemiengesetz weise die Behandlung übertragbarer Krankheiten allein der Ärzteschaft zu. Bei den nichtärztlichen Komplementärtherapeuten bestünden keine allgemeinen Standards für deren Qualifikation. Die Frage der Reglementierung und Anerkennung dieser Berufe könne nicht vor der Abstimmung zur Volksinitiative "Ja zur Komplementärmedizin" an die Hand genommen werden (siehe unten, Komplementärmedizin). Stadler entgegnete, es gehe ihm nicht um eine Anerkennung alternativer Heilmethoden und auch nicht darum, das ärztliche Monopol der Behandlung von Infektionskrankheiten aufzubrechen. Ungeachtet der Diskussionen um die Komplementärmedizin sei es einfach eine Tatsache, dass nichtärztliche Therapeuten oft die erste Anlaufsstelle für Patientinnen und Patienten seien. Deshalb seien sie zu verpflichten, die entsprechenden Meldungen und Überweisungen vorzunehmen. Mit 15 zu 14 Stimmen wurde die Motion knapp angenommen
[8].
Mit der Ausbreitung der Gefahr von Pandemien (Sars, Übertragung der Vogelgrippe auf den Menschen) wird es immer wichtiger, eine lückenlose Einbindung möglichst aller Staaten in
weltgesundheitliche Aufgaben zu erreichen. Die aussenpolitische Kommission des Ständerates forderte den Bundesrat mit einer Motion auf, sich bei der WHO für den Einbezug Taiwans in die Prävention, die Überwachung sowie in den Informationsaustausch von neu auftretenden Infektionskrankheiten einzusetzen, ungeachtet seines internationalen Status. Da das bereits seit Längerem der von den Schweizer Behörden verfolgten Haltung in den internationalen Gremien entspricht, beantragte der Bundesrat Annahme der Motion. In beiden Kammern wurde betont, das bedeute keine Abkehr der Schweiz von der seit 1950 betriebenen „Ein-China“-Politik; hier gehe es vielmehr um eine pragmatische Handhabung eines weltweiten Gesundheitsrisikos. Der Vorstoss wurde von beiden Räten oppositionslos angenommen
[9].
Für den Fall des Ausbruchs einer
Pandemie gab das BAG eine Empfehlung zuhanden der Bevölkerung ab, in der diese dazu aufgerufen wurde, sich präventiv mit Atemschutzmasken einzudecken. Trotz kritischer Berichterstattung in den Medien, wonach die im Detailhandel angebotenen Masken wegen ihrer Durchlässigkeit den Anforderungen nicht genügen würden, bekräftigte das BAG seine Empfehlung: Diese bildeten keinen absoluten Schutz, könnten die Ansteckungsgefahr aber massiv senken
[10].
[8]
AB SR, 2007, S. 887 f. Ende Jahr gab der BR eine Totalrevision des Epidemiengesetzes in die Vernehmlassung; diese sei notwendig, weil sich seit Inkrafttreten des EpG 1974 viele Bedingungen verändert haben, die für die Übertragung von Infektionskrankheiten von Bedeutung sind (
NZZ, 24.12.07).
[9]
AB SR, 2007, S. 469 ff.;
AB NR, 2007, S. 1797 f. Für eine vom NR gegen den Willen des BR angenommene und vom SR abgelehnte Motion, welche eine Vollmitgliedschaft Taiwans in der WHO verlangte, siehe oben, Teil I, 2 (Relations bilatérales).
[10]
BZ,
NF und
TA, 16.5.07;
SGT, 19.9.07. Zu den Vorkehren der Schweiz im Fall einer Pandemie siehe die Ausführungen des BR zu Fragen im NR:
AB NR, 2007, S. 158 f., 915 f. und 1332. Mehrere Vorstösse sind noch hängig (Geschäfte 06.3113, 06.3136 und 06.3536).
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