Année politique Suisse 2008 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Volksrechte
Am 1. Juni stimmte das Volk über die von rechtsbürgerlichen Kreisen eingereichte
Volksinitiative „
Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“ ab. Das Begehren verlangte zur Hauptsache, dass sich die Landesregierung in Zukunft, abgesehen von einer kurzen Verlautbarung, nicht mehr im Vorfeld von Volksabstimmungen äussern darf. Die Kampagne war sehr lau. Ein aus Vertretern aller grossen Parteien ausser der SVP gebildetes Komitee trat als Gegner in Erscheinung. Für die Initiative setzten sich nur die SVP und die kleinen Rechtsaussenparteien EDU, SD und Lega ein. Dabei trat die SVP kaum in den Vordergrund und verwendete ihre Propagandamittel in erster Linie zugunsten der gleichzeitig zum Entscheid vorgelegten Einbürgerungsinitiative
[35].
VI „Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“
Abstimmung vom 1. Juni 2008
Beteiligung: 45,2%
Ja: 538 928 (24,8%) / 0 Stand
Nein: 1 634 196 (75,2%) / 20 6/2 Stände
Parolen:
– Ja: SVP (2)*, EDU (1)*, SD, Lega, FPS.
– Nein: FDP, CVP, SP, GP, GLP, EVP, LP, CSP, PdA; Economiesuisse, SGV, SGB, Travail.Suisse.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die Initiative wurde
deutlich, mit mit 1 634 196 Nein gegen 538 928 Ja (75%) abgelehnt, kein einziger Kanton stimmte zu. Sogar der notorisch behördenkritische Kanton Schwyz verwarf sie mit 59% Nein-Stimmen. Überdurchschnittlich stark war die Ablehnung in den städtischen Agglomerationen und in der Westschweiz. In der französischsprachigen Schweiz sprachen sich weniger als 20% für das Volksbegehren aus. Mit der Ablehnung der Volksinitiative trat der im Vorjahr vom Parlament beschlossene
indirekte Gegenvorschlag in Kraft
[36].
Auf Antrag seiner SPK gab der Ständerat einer parlamentarischen Initiative Bonhôte (sp, NE) für die Festlegung einer
Obergrenze für die Werbeausgaben für die eidgenössischen Wahlen keine Folge. Unterstützung fand das Anliegen nur bei der Linken
[37].
In der Frühjahrssession lehnte der Nationalrat ein Postulat Waber (edu, BE) ab, das die Einführung
des Wahlsystems „Doppelter Pukelsheim“ ohne Mindestquorum verlangt hatte. Bei dieser zuerst im Kanton Zürich und anschliessend auch in einigen weiteren Kantonen eingeführten Methode wird für die Mandatszuteilung der im gesamten Wahlgebiet erzielte Stimmenanteil berücksichtigt. In einem zweiten Schritt werden die von einer Partei erhaltenen Sitze dann auf die Wahlkreise verteilt. Mit dieser Methode sinkt das „natürliche Quorum“, d.h. der für ein Vollmandat für eine Partei erforderliche Stimmenanteil auf einen sehr niedrigen Wert. Es würde für die Wahlen in den Nationalrat mit seinen 200 Sitzen knapp 0,5% betragen; Wabers EDU hätte mit diesem System 2007 mindestens zwei Sitze statt nur einen erhalten
[38].
[35]
TA, 2.4.08;
NZZ, 10.4.08; Presse vom 15.4.-31.5.08. Siehe
SPJ 2007, S. 42.
[36]
BBl, 2008, S. 6161 ff.; Presse vom 2.6.08. Gegenvorschlag:
BBl, 2008, S. 6153 f. Siehe
SPJ 2007, S. 42.
[37]
AB SR, 2008, S. 185 ff.
[38]
AB NR, 2008, S. 470.
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