Année politique Suisse 2008 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
 
Strukturpolitik
Im Rahmen der Modernisierung der Bestimmungen über die Innovationsförderung durch den Bund beantragte der Bundesrat eine grössere Autonomie der für den Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft zuständigen Kommission für Technologie und Innovation (siehe unten, Teil I, 8a, Forschung).
Die Vernehmlassung über den Vorentwurf für ein Gesetz zum Schutz der Marke Schweiz und des Schweizer Wappens ergab einige Kritik. Umstritten war insbesondere die Bestimmung, dass bei Industrieprodukten ein Mindestanteil von 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen muss, wenn das Erzeugnis die Bezeichnung „Swiss made“ trägt. In der Schweiz angefallene Forschungs- und Entwicklungskosten dürfen dabei mit eingerechnet werden. Namentlich für Vertreter der Uhrenindustrie, die alle Rohstoffe aus dem Ausland importieren muss, lag diese Grenze zu hoch. Konsumentenvertreter verlangten auf der anderen Seite, dass bei verarbeiteten Lebensmitteln der Minimalanteil einheimischer Wertschöpfung auf mindestens 90% angesetzt werden muss. Damit soll verhindert werden, dass beispielsweise mit ausländischer Milch im Inland hergestellter Käse als Schweizer Käse verkauft werden darf. Im Oktober beauftragte der Bundesrat das EJPD mit der Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage. Er versprach dabei, die eingegangenen Einwände gegen den 60%-Anteil der Wertschöpfung für den Lebensmittelbereich noch einmal zu überprüfen [8].
Die im Vorjahr vom Parlament verabschiedete Unternehmenssteuerreform II war von der Linken mit einem Referendum bekämpft worden. Das Volk stimmte ihr am 24. Februar mit einer hauchdünnen Mehrheit von 50,5% zu [9].
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Tourismus
Als Zweitrat überwies auch der Ständerat die Motion Amstutz (svp, BE), welche verlangt, dass auch in Zukunft fahrplanmässige Bustransporte für Touristen von den Flughäfen in die Fremdenverkehrsorte angeboten werden dürfen [10].
Zu den Rauchverboten im öffentlichen Raum und den Sonderlösungen für Restaurants siehe unten, Teil I, 7b (Suchtmittel) sowie Teil II, 5f.
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Glücksspiel
Die Loterie romande lancierte im April eine Volksinitiative mit dem Titel „Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls“. Diese verlangt, dass nicht mehr zwischen vom Bund geregelten Glücksspielen und in die Zuständigkeit der Kantone fallenden Geschicklichkeitsspielen unterschieden wird. Neu soll der Bund für die Spielcasinos zuständig sein und die Kantone für alle Lotterien, Wetten und andere Glücksspiele. Praktisches Ziel der Initiative ist es unter anderem, den Entscheid der Spielbankenkommission vom Vorjahr auszuhebeln, der die Aufstellung von so genannten Tactilo-Geräten in Restaurants untersagt hatte. Mit dem neuen Verfassungsartikel soll aber auch festgehalten werden, dass die Gewinne von Lotterien, Wetten und Glücksspielen gemeinnützigen Zwecken zukommen müssen. Von dieser Bestimmung erhoffen sich die Initianten eine Barriere gegen eine Liberalisierung und gegen die Konkurrenz durch ausländische Anbieter. Das Volksbegehren wurde auch von vielen Prominenten und Organisationen aus Kultur und Sport unterstützt. Beide Bereiche profitieren von den Gewinnausschüttungen der kantonalen Lotterie-Gesellschaften Loterie romande und Swisslos und haben kein Interesse an deren Konkurrenzierung und Einschränkung. Obwohl die erforderlichen Unterschriften innert vier Monaten beisammen waren, wurde die Volksinitiative im Berichtsjahr noch nicht eingereicht und die Sammlung fortgesetzt [11].
Die beiden Bündner Abgeordneten Nationalrat Bezzola (fdp) und Ständerat Brändli (svp) hatten 2005 mit parlamentarischen Initiativen steuerliche Erleichterungen für Casinos mit einer B-Konzession in Tourismusgebieten verlangt. Die beiden Ratskammern hatten ihren Vorstössen 2006 Folge gegeben und die zuständige Kommission des Ständerats hatte mit der Ausarbeitung einer Gesetzesrevision begonnen. Seither hatte sie sich allerdings vom ablehnenden Argument des Bundesrats überzeugen lassen, dass damit eine rechtswidrige Ungleichbehandlung der Spielbanken und der Standortregionen geschaffen würde. Beide Ratskammern folgten den Anträgen ihrer Rechtskommissionen, die parlamentarischen Initiativen Bezzola und Brändli nicht weiter zu verfolgen und abzuschreiben [12].
 
[8] NLZ, 1.4.08; NZZ, 16.10.08. Vgl. auch oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen). Siehe SPJ 2007, S. 15.
[9] Siehe dazu unten, Teil I, 5 (Direkte Steuern).
[10] AB SR, 2008, S. 146. Siehe SPJ 2007, S. 112.
[11] BBl, 2008, S. 2787 ff.; NF, 22.3.08; NF und TA, 23.4.08; NZZ, 23.6. und 15.7.08 (Artikel von NR Markus Hutter (fdp, ZH) für eine Liberalisierung); TA, 4.9.08 (Unterschriften). Siehe SPJ 2007, S. 113 sowie Lit. Perréard.
[12] AB SR, 2008, S. 176 f.; AB NR, 2008, S. 1003. Siehe SPJ 2006, S. 93 f.