Année politique Suisse 2008 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
Geld- und Währungspolitik
Um das Abgleiten der Schweiz in eine Rezession zu verhindern, setzte die Nationalbank ab Oktober ihre üblichen Mittel der
Geldpolitik ein. In der ersten Jahreshälfte, als noch wenig auf eine sehr negative Wirtschaftsentwicklung hindeutete, musste sie sich allerdings noch gegen Vorwürfe wehren, ihre Politik sei zu wenig restriktiv um eine Konjunkturüberhitzung und damit die Teuerung zu dämpfen. Im Oktober, als auch in der Schweiz klar wurde, dass sich die Finanzkrise massiv auf die Realwirtschaft auswirken würde, senkte sie dann im Gleichschritt mit der Europäischen Zentralbank den Leitzins um 0,25% und anfangs November nochmal um ein halbes Prozent. Zwei Wochen später erfolgte eine weitere Reduktion um ein ganzes Prozent auf einen mittleren Wert von 1%. Die SNB begründete diesen nicht erwarteten Schritt mit der sich nun deutlich abzeichnenden grossen Rezessionsgefahr für die Schweiz. Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich der massive Konjunktureinbruch in den für die Schweiz wichtigen Exportländern USA, Deutschland, Italien und Japan ab 2009 voll auf die Produktion, die Investitionen und die Beschäftigung auswirken werde. Auf der anderen Seite würde das Sinken der Rohstoff- und Energiepreise die von dieser Ausweitung der Geldmenge ausgehende Inflationsgefahr reduzieren. Im Dezember erfolgte dann nochmals eine Senkung des Leitzinses um ein halbes Prozent. Damit lag die angestrebte Zielgrösse für den Libor-Satz (Zins für Dreimonats-Gelder in Franken in London) zwischen 0,0% und 1%. Die Geldmengen M1 und M2 bildeten sich in der ersten Jahrshälfte leicht weiter zurück. Vor allem im Gefolge der Leitzinssenkungen vom vierten Quartal begannen sie dann wieder zu steigen
[1].
Der
Frankenkurs blieb gegenüber dem Euro in den drei ersten Quartalen relativ stabil. Im September stieg er um rund 10% an und fiel dann wieder. Im Dezember kostete der Euro im Mittel 1,54 Fr. Der Dollar erfuhr im ersten Halbjahr eine recht deutliche Abwertung und sein Kurs sank im März sogar unter einen Franken (0,98 Fr.). Ende Jahr lag er dann wieder auf 1,15 Fr. und damit leicht höher als Ende 2007. Der handelsgewichtete Kurs des Frankens stieg im Jahresvergleich sowohl nominal als auch real um rund 5% an, wobei die Entwicklung sehr sprunghaft und unstetig war
[2].
Die
Geldmarktsätze bewegten sich im Jahresverlauf
stark nach unten. Der Libor-Satz (Zins für Dreimonats-Franken in London) blieb bis September relativ konstant im Bereich von 2,75%. Die Lockerung der Geldmengenpolitik der Nationalbank führte dann zu einer Reduktion auf 0,66% zu Jahresende. Die
langfristigen Zinssätze erhöhten sich zuerst und erreichten für 10-jährige Bundesanleihen im Juni 3,4%. Sie sanken dann aber bis Dezember im Mittel auf 2,2%
[3].
Das Parlament stimmte der Verlängerung
der Teilnahme der Schweiz an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen des IWF um weitere fünf Jahre zu. Der Nationalrat lehnte allerdings auf Antrag seiner Aussenpolitischen Kommission die von der Regierung beantragte Kompetenzübertragung für zukünftige Vertragsverlängerungen ab. Der Ständerat schloss sich diesem Entscheid an
[4].
Zum Jahresende beantragte der Bundesrat dem Parlament auch noch die
Verlängerung des Rahmenkredits für die internationale Währungshilfe auf der Grundlage des Bundesgesetzes über die internationale Währungshilfe (WHG) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 25. Dezember 2013. Dieser Kredit beträgt 2,5 Mia Fr. und dient für entsprechende Darlehen, die Übernahme von Garantieverpflichtungen und die Leistung von à-fonds-perdu-Beiträgen an Staaten mit Zahlungsbilanzproblemen. Diese Kreditzusagen sind in den vergangen Jahren kaum beansprucht worden; die weltweite Krise der Finanzmärkte und die sich daraus entwickelnde Rezession könnten aber dazu führen, dass die Instrumente der internationalen Währungshilfe wieder vermehrt in Anspruch genommen werden müssen
[5].
Der Nationalrat überwies diskussionslos eine Motion der SP-Fraktion, die vom Bundesrat verlangt, sich im IWF, der Weltbank und den regionalen Entwicklungsbanken dafür einzusetzen, dass prioritär eine auf die lokale Ernährungssicherheit zielende
Landwirtschaftspolitik gefördert wird und nicht eine an Exportchancen ausgerichtete. Eine Motion Maury Pasquier (sp, GE), welche forderte, dass der Bundesrat vor den Konferenzen dieser und ähnlicher internationaler Organisationen vorgängig das Parlament über seine vorgesehenen Stellungnahmen informiert und konsultiert, fand hingegen im Ständerat keine Mehrheit
[6].
Zur Verschärfung des Geldwäschereigesetzes siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
[1]
Bund, 20.6. und 12.12.08;
TA, 7.11.08; Presse vom 21.11.08; Schweizerische Nationalbank,
101. Geschäftsbericht 2008, Bern 2009, S. 12 ff. und 30 ff.
[2] Schweizerische Nationalbank,
101. Geschäftsbericht 2008, Bern 2009, S. 30 ff.
[3] Schweizerische Nationalbank,
101. Geschäftsbericht 2008, Bern 2009, S. 30.
[4]
AB NR, 2008, S. 231 ff. und 917 f.;
AB SR, 2008, S. 337 f.;
BBl, 2008, S. 5803. Siehe
SPJ 2007, S. 119.
[6]
AB NR, 2008, S. 1554 (SP);
AB SR, 2008, S. 940 (Maury Pasquier).
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