Année politique Suisse 2008 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Direkte Steuern
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Familienbesteuerung
Bei der Behandlung der Legislaturplanung war man sich allgemein einig, dass mit der steuerlichen Entlastung der Familien bei der direkten Bundessteuer jetzt zügig vorangegangen werden müsse. Während der Ständerat vorerst die steuerliche Entlastung von Familien und Ehepaaren festschreiben wollte, erreichte eine Minderheit aus FDP und SVP im Nationalrat mit 90 zu 88 Stimmen, dass alle natürlichen Personen, insbesondere aber Ehepaare und Familien davon profitieren sollten. Gegen einen Antrag der Linken, die befand, mit dieser Erweiterung werde ein spezifisch familienfreundlicher Steuerungseffekt vergeben, stimmte der Ständerat hier zu; als Begründung führte der Kommissionssprecher an, man habe mit diesem Passus nicht die Alleinstehenden diskriminieren wollen, eine Korrektur, die der Nationalrat nun vorgenommen habe [8].
Mit 156 zu 31 Stimmen lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Meyer Kälin (cvp, FR) ab, die verlangte, dass Investitionen, die von Privatpersonen oder Unternehmen für die Schaffung von ausserfamiliären Einrichtungen zur Betreuung von Kindern im Vorschulalter getätigt werden, von der Steuerpflicht befreit werden. Sie machte geltend, Firmen hätten zwar diese Möglichkeit, aber lediglich dort, wo sie selber für ihre Angestellten eine Krippe einrichten. Zuwendungen für Tagesstrukturen, die auf private Initiative zu Stande kommen, seien hingegen vom Steuerabzug ausgeschlossen. Da die Anstossfinanzierung des Bundes zur Gründung neuer Kinderkrippen am Auslaufen sei, müssten neue Anreize geschaffen werden, um das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu lösen. Die FK begründete ihren Antrag auf Ablehnung damit, dass das Anliegen bereits weitgehend erfüllt sei (Berücksichtigung des geschäftsmässig bedingten Aufwands, Zuwendungen Privater an gemeinnützige Einrichtungen) [9].
Mehr Erfolg hatte Ständerat Schwaller (cvp, FR) mit seiner Motion, die verlangte, bei der anstehenden Revision der Familienbesteuerung sei in der Vernehmlassungsvorlage ein eigentlicher Kindertarif zur Diskussion zu stellen, da heisst ein Steuermodell mit einer je nach Anzahl der Kinder degressiven Besteuerung. Der Bundesrat hatte das Anliegen lediglich prüfen wollen. Schwaller argumentierte, die Hauptstossrichtung der bundesrätlichen Vorschläge, nämlich die Erhöhung der Kinderabzüge, entlaste die niedrigsten Einkommen (unter 60 000 Fr.) nicht, da diese keine oder nur kaum ins Gewicht fallende direkte Bundessteuern entrichteten. Bei einem steuerbaren Einkommen über 180 000 Fr. sei eine Familienentlastung seiner Meinung nach nicht prioritär. Profitieren von seinem Vorschlag könnten also in erster Linie Mittelstandsfamilien. Der Bundesrat stimmte schliesslich der Motion zu, worauf sie ohne weitere Diskussionen angenommen wurde [10].
Im Dezember gab der Bundesrat dann seine Vorschläge für eine steuerliche Entlastung der Familien in die Vernehmlassung. Der Antrag Schwaller auf einen „Kindertarif“ wurde dabei nicht berücksichtigt. Grundlage bilden ein erhöhter Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer und die Einführung eines Abzuges für die Fremdbetreuung von Kindern. Zudem soll bei Alleinerziehenden und bei getrennt lebenden Eltern eine Besteuerung gemäss der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sichergestellt werden. Die Massnahmen der Vorlage werden bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von rund 500 bis 600 Mio Fr. führen. Gleichzeitig nahm der Bundesrat auch Kenntnis vom Ergebnis der Vernehmlassung zum Systementscheid bei der Ehepaarbesteuerung. Die Vernehmlassung hatte zu einer Pattsituation geführt. Der Bundesrat verzichtete deshalb vorläufig auf einen Grundsatzentscheid betreffend individuelle oder gemeinsame Besteuerung von Ehegatten [11].
 
[8] AB SR, 2008, S. 250 f. und 585 f.; AB NR, 2008, S. 719 ff. Siehe SPJ 2007, S. 137.
[9] AB NR, 2008, S. 465. Das Anliegen fand selbst in der CVP-Fraktion keine einhellige Zustimmung. Zur Ip. Moret (fdp, VD) bezüglich eines zusätzlichen Steuerabzugs für Kinderbetreuung, siehe AB NR, 2008, S. 1012.
[10] AB SR, 2008, S. 1020 ff.
[11] AZ, BaZ und NZZ, 13.11.08.