Année politique Suisse 2008 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
print
Transplantationsmedizin
Der Bundesrat veröffentlichte im Herbst seine Botschaft über die Genehmigung des Zusatzprotokolls über die Transplantation menschlicher Organe und Gewebe zum Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin. Das Zusatzprotokoll führt die Regelungen des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin des Europarates im Bereich der Transplantationsmedizin näher aus. Es geht darum, einen minimalen Schutzstandard im Bereich der Transplantation festzulegen und den Handel mit Organen zu verhindern. Die im Zusatzprotokoll geregelten Aspekte der Transplantationsmedizin und die Frage nach einer solchen Regelung auf internationaler Ebene waren mehrfach Gegenstand einer Vernehmlassung. Deswegen verzichtete der Bundesrat auf eine erneute Vernehmlassung für das Zusatzprotokoll. Unterschiede zum Transplantationsgesetz bestehen bei der Lebendspende, die im Transplantationsgesetz teilweise liberaler geregelt wird: Verzichtet wird auf den Grundsatz der Subsidiarität der Lebendspende, das heisst, es wird nicht verlangt, dass eine Lebendspende nur möglich ist, wenn keine geeigneten Organe oder Gewebe verstorbener Personen zur Verfügung stehen. Um die Gefahr des Organhandels und Druckversuche auf die Spenderin zu verhindern bedarf es für eine Lebendspende einer engen persönlichen Beziehung zwischen der empfangenden und der spendenden Person oder der Zustimmung einer unabhängigen Instanz [38].
Eine Motion Rossini (sp, VS) wollte die Betreuung von Organspendern verbessern. Dabei ging es um die Übernahme von Reisekosten von Spendern aus dem Ausland, die Übernahme von Kosten, wenn der Empfänger IV-Leistungen bezieht, das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung, die Wahl des Entnahmeorts und die Versicherungsdeckung bei Todesfall der empfangenden Person vor der spendenden Person. Die Notwendigkeit dieser Änderungen hatte sich durch Lücken und Mängel ergeben, welche seit der Einführung des Transplantationsgesetzes 2007 entstanden waren. Der Bundesrat räumte ein, dass das geltende Recht nicht alle Fragen regelt, welche die Motion aufwirft, erachtete es aber als verfrüht, bereits wieder eine Änderung des Transplantationsgesetzes vorzunehmen. Der Nationalrat folgte der Meinung des Bundesrates und lehnte die Motion ab [39].
Eine Motion Maury Pasquier (sp, GE) zielte ebenfalls auf eine Änderung des Transplantationsgesetzes ab. Dieses sollte so angepasst werden, dass Grenzgänger mit einer Krankenversicherung in der Schweiz und ihre ebenfalls versicherten nichterwerbstätigen Angehörigen bei der Zuteilung von Organen gleich behandelt werden wie Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Der Bundesrat sprach sich gegen eine Lockerung des Wohnsitzprinzips aus, aufgrund der Gefahr, damit Anreize für einen Transplantationstourismus zu schaffen. Gegen den Willen des Bundesrates nahm jedoch der Ständerat die Motion an [40].
 
[38] BBl, 2008, S. 7952 f.
[39] AB NR, 2008, S. 1005.
[40] AB SR, 2008, S. 1048 ff.