Année politique Suisse 2008 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen / Krankenversicherung
print
Leistungen
Eine parlamentarische Initiative der Nationalrätin Menétrey-Savary (gp, VD) verlangte, dass bei Arztkonsultationen von fremdsprachigen Patientinnen und Patienten die Kosten für Dolmetscher von der öffentlichen Hand oder von der Grundversicherung zu übernehmen sind. Die Kommission des Nationalrates hatte dies im Herbst 2007 zwar noch befürwortet, änderte aber ihre Meinung wieder, nachdem die Ständeratskommission zu einem anderen Schluss gekommen war. Sie empfahl mit 14 zu 8 Stimmen der Initiative keine Folge zu leisten, da das Anbieten von Dolmetscherdiensten eine sozialpolitische Aufgabe sei und eine Verankerung dieses Anspruchs im KVG zusätzliche Kosten zur Folge hätte. Eine Minderheit wies darauf hin, dass das Verständnis zwischen Ärzten und Patienten eine der fundamentalen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung sei. Dank diesen Dolmetscherdiensten könne nicht nur die Qualität im Gesundheitswesen verbessert, sondern auch Kosten gespart werden. Der Nationalrat folgte der Meinung der Mehrheit seiner Kommission und lehnte die parlamentarische Initiative mit 56 zu 99 Stimmen ab [34].
Eine Standesinitiative des Kantons Genf forderte, dass die medizinisch notwendigen Transportkosten sowie die Rettungskosten auch von der Krankenversicherung übernommen werden müssen, wie dies bereits im Rahmen der Unfallversicherung der Fall ist. Die Kommission des Nationalrates beantragte mit 13 zu 10 Stimmen, die Initiative abzulehnen. Dies, weil sie keinen Bedarf sah für eine Änderung, da im Rahmen der Krankenversicherung Notfalltransporte viel seltener sind als im Rahmen der Unfallversicherung. Der Ständerat hatte die Initiative bereits 2006 mit 23 zu 7 Stimmen abgelehnt. Auch eine Mehrheit des Nationalrates wollte die Krankenkassen nicht zu neuen Leistungen verpflichten und lehnte die Standesinitiative ebenfalls ab [35].
Bereits erfüllt war eine parlamentarische Initiative Maury Pasquier (sp, GE), welche verlangte, dass die Geburtshäuser in das KVG aufgenommen werden, damit die Krankenkassen die Kosten für die Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung auch hier übernehmen. Der Nationalrat hatte die parlamentarische Initiative bereits 2006 angenommen. Im Rahmen der Vorlage zur Spitalfinanzierung waren auf Antrag der Kommission des Nationalrates die Geburtshäuser in das KVG aufgenommen worden. Damit war das Anliegen der Initiative bereits erfüllt und beide Ratskammern lehnten diese aus formellen Gründen ab [36].
Eine Motion Frick (cvp, SZ) wollte den Bundesrat beauftragen, eine Ergänzung des KVG vorzulegen, wonach die Krankenkassen unter einheitlicher Führung und Leitung für die obligatorische Grundversicherung in derselben Prämienregion jeweils dieselbe Prämie festlegen müssen. Die Motion bezweckte, die Jagd nach sogenannten guten Risiken und den Aufbau von Billigkassen zu unterbinden. Dem Bundesrat erschien der Vorschlag, eine einheitliche Prämie festzulegen, nicht der richtige Weg, um gegen diese Kassen vorzugehen. Er beantragte daher die Ablehnung der Motion. Die Kommission des Ständerates sprach sich hingegen mit 8 zu 3 Stimmen für deren Annahme aus, um den notwendigen Druck aufrechtzuerhalten, um gegen Billigkassen vorgehen zu können. Der Ständerat nahm die Motion knapp mit 18 zu 17 Stimmen an [37].
Da Versicherer seit drei Jahren verpflichtet sind, ihre Leistungen zu sistieren, sobald sie in einem Betreibungsverfahren ein Fortsetzungsbegehren gestellt haben, waren im Berichtsjahr faktisch 120 000 bis 150 000 Versicherte ohne Versicherungsschutz. Weil diese Personen trotzdem medizinische Leistungen in Anspruch nahmen, entstanden offene Spitalrechnungen im Umfang von über 80 Mio Fr. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) und der Krankenkassenverband Santésuisse fanden nun eine gemeinsame Lösung für das Problem dieser unbezahlten Spitalrechnungen. Während die Kantone in Zukunft 85% der Kosten übernehmen, welche Grundversicherte nicht bezahlen können, zahlen die Kassen die restlichen 15% und wollen in jedem Fall die Leistungserbringung gewährleisten [38].
 
[34] AB NR, 2008, S. 793 ff.
[35] AB NR, 2008, S. 70 ff.
[36] AB NR, 2008, S. 1641; AB SR 2008, S. 437. Siehe SPJ 2006, S. 207
[37] AB SR, 2008, S. 809 ff.
[38]Presse vom 25.10.08.