Année politique Suisse 2008 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Radio und Fernsehen
Das Bundesamt für Kommunikation lässt schweizerische
Radio- und Fernsehprogramme künftig regelmässig analysieren. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Beobachtung werden u.a. die Glaubwürdigkeit und Vielfältigkeit der Programme der SRG und der staatlich unterstützten Privatsender geprüft
[15].
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hatte 2007 Vorschläge zur Verbesserung von
Information und Mobilisierung der Bevölkerung vor Wahlen und Abstimmungen in die Vernehmlassung geschickt. Im April wurden die Ergebnisse dieser Konsultation veröffentlicht. Bei der SP, der CVP und den Grünen kamen die Vorschläge gut an. Seitens der SVP und der FDP regte sich hingegen Widerstand. Während die SVP die Vorlage komplett ablehnte, unterstützte die FDP zwar die Grundanliegen des Vorhabens. Sie wandte aber ein, dass Gratis-Werbespots die politische Polarisierung sowie die Tendenz grob vereinfachender Botschaften begünstigen könnten
[16].
In der Herbstsession wies der Nationalrat mit 173 zu 1 Stimmen die vom Ständerat 2007 überwiesene Motion Sommaruga (sp, BE) zur
Verschlüsselung von Set-Top-Boxen im digitalen Kabelnetz an seine vorberatende Kommission zurück. Der Rückweisungsantrag von Triponez (fdp, BE) wurde damit begründet, dass die Motion durch ihre einseitige Ausrichtung auf die Kabelnetzbetreiber geeignet sei, erhebliche Wettbewerbsverzerrungen unter den verschiedenen Verbreitungswegen für digitale TV-Signale zu schaffen
[17].
Der Bundesrat will das Radio und Fernsehgesetz revidieren und das
Alkoholwerbeverbot lockern. Eine entsprechende Vorlage hat er im November verabschiedet. Auslöser dafür war die Teilnahme am EU-Filmförderprogramm „Media“, welche die Schweiz verpflichtet, die EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ anzuwenden. Diese sieht vor, dass ausländische Fernsehveranstalter auch in nationalen Werbefenstern für Alkohol, Politik und Religion werben dürfen. Im Auftrag des Parlaments führte der Bundesrat mit der EU Nachverhandlungen über diese Werbebestimmungen. Er konnte dabei erreichen, dass die Schweiz strengere Werberegelungen aufrechterhalten darf, wenn sie verhältnismässig, nicht diskriminierend und im öffentlichen Interesse sind. Die Werbeverbote für Spirituosen, Alcopops, Religion und Politik können damit wohl aufrechterhalten werden. Bei Bier und Wein dürfte dies hingegen nicht gelingen, weil lokale Fernsehveranstalter in der Schweiz bereits für solche Getränke werben dürfen. Um gleich lange Spiesse zu schaffen, will der Bundesrat daher alle Schweizer Fernsehveranstalter für Bier und Wein werben lassen – also auch die nationalen und sprachregionalen Sender
[18].
Die SRG begann im Berichtsjahr die
Zusammenlegung von Radio DRS mit dem Deutschschweizer Fernsehen SF zu prüfen. Wenn Radio und Fernsehen von einer gemeinsamen Redaktion produziert würden, hätte dies wohl eine Konzentration des Deutschschweizer Radios beim Fernsehstudio Leutschenbach (ZH) zur Folge. Heute verfügt das Radio neben dem Studio in Zürich (DRS 1 und 3) auch über ein Standbein in Basel (DRS 2 und Virus) und in Bern (Informationssendungen). Der Regierungsrat von Basel-Stadt zeigte sich aufgrund der Fusionspläne besorgt über die Zukunft des Radiostandorts Basel und kündigte an, er werde gemeinsam mit den Regierungen der Nachbarkantone eine erneute Marginalisierung von Basel bekämpfen. Niklaus Ullrich, Kulturbeauftragter von Basel-Landschaft und Präsident der Trägerschaft SRG Region Basel, initiierte überdies eine Arbeitsgruppe mit Spitzenbeamten aus Basel-Landschaft und Basel-Stadt, welche zur längerfristigen Sicherung des SRG-Medienstandorts Basel beitragen soll
[19].
Im Tessin wurde die örtliche Konzentration bereits vollzogen. Im Rahmen des Projekts
„Visione 2009“ wurde im Herbst das Radiostudio von Lugano-Besso zum Sitz des Fernsehens in Lugano-Comano gezügelt. Redaktoren von Radio, Fernsehen, Online-Diensten und Teletext arbeiten somit gemeinsam unter einem Dach. Auch in der Westschweiz denken die Verantwortlichen über einen Zusammenschluss der Redaktionen von Radio- und Fernsehen nach. Die Kooperation, die bereits rege läuft, soll damit auch auf den Bereich der Informationsinhalte ausgeweitet werden
[20].
Der Bundesrat erteilte der SRG die Genehmigung, den
Mittelwelle-Sender Monte Ceneri (TI) auf Ende Juni abzuschalten. Der Sender Rete1, welcher noch über Mittelwelle ausgestrahlt wurde, kann über UKW sowie über das digitale Sendernetz empfangen werden. Zudem darf die SRG künftig das TV-Programm
SF info über das digitale Sendernetz (DVB-T) ausstrahlen. Mit diesen Beschlüssen hat die Landesregierung die 2007 erteilte SRG-Konzession erstmals revidiert
[21].
Die SRG und das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) einigten sich im Oktober über einen neuen
Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Die Mitarbeitenden leisten künftig eine fixe Jahresarbeitszeit, dadurch erhofft sich die SRG eine Flexibilisierung der Produktion. Der neue GAV gilt ab Januar 2009 für vier Jahre
[22].
Im November stimmten die Delegierten der SRG mit grossem Mehr für eine Zentralisierung und Vereinheitlichung der
SRG-Führung. Durch die Reform verlieren die sprachregionalen Gesellschaften ihre Kompetenz, die Direktoren und Kaderleute der jeweiligen Unternehmenseinheiten selber zu wählen. Auch in programmrelevanten Fragen werden sie zu einem bloss konsultativen Organ
[23].
Ende 2008 war Sendeschluss für den legendären
Mittelwelle-Landessender „Beromünster“. Das Programm DRS Musikwelle, welches bisher noch über Mittelwelle verbreitet wurde, kann nur noch über Digitalradio, Satellit oder Kabel empfangen werden. Was mit dem Sendeturm passieren wird, ist noch unklar, die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege stuft die Anlage als Denkmal von nationaler Bedeutung ein, dies bezüglich der Technik- und Sozialgeschichte
[24].
Im Berichtsjahr fällte das Uvek die
Konzessionsentscheide für regionale Radio- und Fernsehstationen. Die Sendekonzessionen gewährleisten einen privilegierten Zugang zu einer der knappen Radiofrequenzen. Darüber hinaus erhalten alle konzessionierten Fernsehstationen sowie 21 Lokalradios in Randgebieten und Bergregionen Gebührengelder von insgesamt rund 50 Mio Fr. In einem ersten Schritt wurden im Juli jene 27 UKW-Radio- und 6 Regionalfernsehveranstalter konzessioniert, die in ihren Versorgungsgebieten ohne Konkurrenz angetreten waren. Im August folgte der Entscheid über die Zuteilung der 14 UKW-Radio- und 7 Regionalfernsehlizenzen, um die sich jeweils mehrere Veranstalter beworben hatten. Zwei Fernseh- und zwei Radiostationen verloren dabei ihre bisherige Konzession an andere Bewerber. In der Innerschweiz wurde „Tele Tell“ (AZ Medien) vom Neubewerber „Tele 1“ (Neue Luzerner Zeitung bzw. NZZ-Gruppe) verdrängt. Im Grossraum Zürich erteilte das UVEK die Konzession an „Tele Top“ von Günter Heuberger und nicht an „Tele Züri“ von Tamedia. Bei den Radioveranstaltern ging im Raum Zürich-Glarus „Radio Energy“ (Ringier) leer aus; es muss seine Sendetätigkeit einstellen oder auf das Internet ausweichen. Die Frequenzen von „Radio Energy“ erhielt „Radio 1“ von Roger Schawinski. Im Arc Lémanique wurde der neue Sender „Buzz FM“ (Stéphan Barbier Mueller) und nicht „Radio One FM“ (Overshop Holding SA) konzessioniert. Allerdings verzichtete „Buzz FM“ noch im November auf seine Sendelizenz und übertrug sie an „One FM“
[25].
Mehrere Veranstalter („Radio AG“ von Roger Schawinski (AG), „RBB – Radio, das mehr Basel bietet“ von Christian Heeb (Raum Basel), „Radio Energy“ von Ringier (Raum Zürich-Glarus), „Radio Südost“ von Roger Schawinski (Südostschweiz), „Tele Säntis“ (Ostschweiz)), welche keine Konzession erhalten hatten, fochten den Entscheid des Uvek beim
Bundesverwaltungsgericht an
[26].
Das Bundesamt für Kommunikation erteilte im Berichtsjahr die
Funkkonzession für die Verbreitung von neuen digitalen Radioprogrammen in der Deutschschweiz. Sie ging an SwissMediaCast, einen Zusammenschluss von privaten Digitalradioanbietern und der SRG
[27].
Cablecom muss das Programm von
„U1-TV“ nicht mehr über das analoge Netz verbreiten. Das Bundesverwaltungsgericht wies im November die Beschwerde des Senders ab und bestätigte damit den Entscheid des Bundesamts für Kommunikation aus dem Jahr 2007. Im Januar hatte das Gericht bereits das Gesuch von „U1-TV“ um aufschiebende Wirkung abgelehnt, woraufhin Cablecom die analoge Ausstrahlung des Programms einstellte
[28].
[15]
NZZ, 8.2. und 10.7.08.
[16]
BaZ, 24.4.08;
LT, 25.4.08. Vgl.
SPJ 2007, S. 285.
[17]
AB NR, 2008, S. 1387 ff. Vgl.
SPJ 2007, S. 285.
[18]
BBl, 2008, S. 9105 ff.;
NLZ,
NZZ und
TA, 27.11.08. Vgl.
SPJ 2007, S. 284 f.
[19]
TG, 28.1.08;
BaZ, 29.1., 30.1. und 17.3.08;
AZ, 10.6.08.
[20]
TA, 29.1.08;
BaZ, 30.1. und 2.12.08;
Lib., 2.12.08 (TI);
24h, 7.4.08 (Westschweiz).
[21]
BBl, 2008, S. 5779 f.;
NZZ, 19.6.08. Vgl.
SPJ 2007, S. 285.
[23]
NZZ, 27.2., 10.7., 14.11. und 27.11.08.
[24]
NZZ, 14.8.08;
AZ, 11.10.08;
Bund, 13.10.08.
[25]
Lib.,
NZZ und
SGT, 9.7.08; Presse vom 1.11.08;
AZ, 8.11.08 (Übertragung der Konzession von „Radio Buzz FM“ an „Radio One FM“). Vgl.
SPJ 2007, S. 286.
[26]
BaZ, 4.12.08 („RBB“ und „Radio AG“);
NZZ, 5.12.08 („Radio Südost“);
SGT, 5.12.08 („Tele Säntis“);
TA, 8.12.08 („Radio Energy“).
[27]
BBl, 2008, S. 2941 ff.;
NZZ, 7.3.08.
[28]
NZZ, 19.1., 22.1. und 25.11.08. Vgl.
SPJ 2007, S. 286.
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