Année politique Suisse 2009 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
 
Voranschlag 2010
Das dem Parlament vorgelegte Budget 2010 sah bei veranschlagten Ausgaben von 60 668 Mio Fr. und Einnahmen von 58 208 Mio Fr. ein Defizit von 2,4 Mia Fr. vor. Diese dramatische Verschlechterung gegenüber dem Finanzplan 2010 zeigt vor allem die Konsequenzen der Rezession. Die Ausgaben nehmen um 2,5% zu, dabei werden auch 2010 die Ausgaben für die soziale Wohlfahrt am meisten wachsen (um 1108 Mio oder +7,1%), jedoch soll auch in den Aufgabengebieten Bildung und Forschung (+384 Mio oder +6,7%), Landesverteidigung (+325 Mio oder +7,1%) sowie Verkehr (+183 Mio oder +2,4%) mehr ausgegeben werden. Die grösste relative Erhöhung ist jedoch im Bereich Wirtschaft vorgesehen (+162 Mio oder +37,4%), dies ist vor allem auf Ausgaben im Rahmen der 3. Stufe der Massnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur zurückzuführen. Der Bundesrat rechnete auch mit geringeren Einnahmen als in den vergangenen Jahren. Sie gehen im Voranschlag gegenüber dem Vorjahr um 1,8 Mia Fr. bzw. 3,1% zurück. Diese Mindereinnahmen sind vor allem auf geringere Erträge aus der direkten Bundessteuer (-1185 Mio oder -6,7%) und der Mehrwertsteuer (-980 Mio Fr. oder -4,6%) zurückzuführen [26].
Der Ständerat veränderte in seiner Debatte den bundesrätlichen Entwurf nur wenig. Einzig in zwei Punkten sprach sich der Rat gegen den ursprünglichen Entwurf aus. So folgte er seiner Finanzkommission, die den Personalaufwand nicht wie der Bundesrat um 3,5%, sondern um 2,5% erhöhen wollte. Dem Denkmal- und Heimatschutz bewilligte er statt der vorgesehenen 21 Mio neu 30 Mio Fr.; dies einem Minderheitsantrag Altherr (fdp, AR) folgend. Weiter wurden zwei Minderheitsanträge abgelehnt, die eine Erhöhung der Zuwendungen für die Dopingbekämpfung im Sport um 1 Mio Fr. sowie weitere 25 Mio Fr. für Erdwärmeprojekte gefordert hatten – letzterer scheiterte allerdings nur knapp mit 19 zu 17 Stimmen. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat alle aufgelegten Budgetbeschlüsse einstimmig an [27].
Zu Beginn der Debatte im Nationalrat lagen drei Minderheitsanträge vor. Die Grüne Fraktion forderte Rückweisung, mit dem Auftrag an den Bundesrat, dem Parlament aufzuzeigen, wie die Einnahmeausfälle als Folge der Krise und als Folge der Parlamentsbeschlüsse zu Familienbesteuerung, Ausgleich der kalten Progression und Mehrwertsteuer im Rahmen des Voranschlags 2010 bewältigt werden könnten. Auch die SVP-Fraktion stellte einen Antrag auf Rückweisung, diesmal mit dem Auftrag ausgabenseitig 1,5 Mia Fr. einzusparen. Beide Rückweisungsanträge wurden deutlich abgelehnt. Der dritte Minderheitsantrag mit Sprecherin Margret Kiener Nellen (sp, BE), forderte die Erhöhung des Höchstbetrages der Gesamtausgaben als Folge der Krise. Auch dieser Antrag fand keine Mehrheit und wurde relativ deutlich abgelehnt. In der Detailberatung schuf der Nationalrat mehrere Differenzen zum Ständerat. So beschloss er, am bundesrätlichen Entwurf festzuhalten und den Personalaufwand nicht zu senken. Eine zweite Differenz entstand mit dem Beschluss, den Posten „Imagekampagne in den USA“ von Präsenz Schweiz zu streichen. Weiter wurde kein Geld für die Einrichtung einer zentralen Datenbank im Zusammenhang mit der Einführung der biometrischen Pässe bewilligt. Auch kürzte der Rat das Budget des EFD um 6 Mio Fr. sowie auch den Beratungsaufwand des UVEK. Der Nationalrat sprach sich umgekehrt für die Erhöhung der Mittel der Anti-Doping Stiftung und des Alpinen Museums aus sowie für die Förderung der Fernwärme mit 25 Mio Fr. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat alle Budgetbeschlüsse an, den Voranschlag 2010 mit 181 zu 7 Stimmen [28].
Damit ging die Vorlage in die Differenzbereinigung. Hier setzte sich der Nationalrat bei der zusätzlichen Million für die Anti-Doping Agentur, der zusätzlichen Förderung der Fernwärme, der Unterstützung des Schweizerischen Alpinen Museums Bern mit 520 000 Fr. sowie der Kürzungen bei der Einführung des biometrischen Passes, der Gelder für Präsenz Schweiz sowie der Beratungshonorare im UVEK durch. Der Ständerat konnte sich bei der Kürzung des Personalaufwandes des Bundes durchsetzen [29].
Bund, Kantone und Gemeinden budgetierten für das Jahr 2010 ein Defizit von über 10 Mia Fr., dies entspricht einer deutlichen Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr, in dem ein Finanzierungsdefizit von 5 Mia Fr. prognostiziert worden war. Auf den Bund entfallen rund 3 Mia des Fehlbetrages, auf die Kantone 2,6 Mia. Die Gemeindefinanzen reagieren am wenigsten auf die Konjunkturschwankungen, sie weisen einen Fehlbetrag von 1,1 Mia Fr. aus. Der grösste Anstieg des Defizits geht auf das Konto der öffentlichen Sozialversicherungen, wo die erwartete hohe Arbeitslosigkeit 2010 bei der Arbeitslosenversicherung hohe Defizite zur Folge haben wird. Damit steigt die Defizitquote der öffentlichen Haushalte voraussichtlich auf insgesamt über 1,2% des BIP an. Der erwartete Anstieg der Schuldenquote wird moderat ausfallen, es ist mit 40,1% (+1,3%) zu rechnen. Damit bleibt die Schweiz unter den von der Europäischen Union im Rahmen der Maastricht-Verträge formulierten Obergrenzen  [30] .
 
[26] Eidg. Finanzverwaltung, Bundesbeschlüsse über den Voranschlag 2010, Bern 2010.
[27] AB SR, 2009, S. 1023 ff.
[28] AB NR, 2009, S. 1989 ff.
[29] AB SR, 2009, S. 1174 ff. und 1260 f.; AB NR, 2009, S. 2144 ff.
[30] Lit. Brühlhart.