Année politique Suisse 2009 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
 
Mietwesen
Im ersten Quartal ging der definitive Entwurf der Teilrevision des Mietrechts in die Beratung der nationalrätlichen Kommission für Rechtsfragen (RK-NR). Hauptziel der Revision war, die Entwicklung der Mietzinse von den Hypothekarzinsen loszulösen. Die Anpassung der Mietzinse würde stattdessen an den Landesindex der Konsumentenpreise unter Ausschluss der Wohn- und Energiekosten erfolgen, was einer ungefähren Teuerungsüberwälzung von 90% gleichkommen würde. Dass Mietzinssteigerungen nicht an die volle Teuerung zu koppeln seien, beschloss der Bundesrat Ende letzten Jahres aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse. Dies ärgerte jedoch den Hauseigentümerverband, welcher gleich nach Publikation der Vorlage mit einem Referendum drohte. Trotz anfänglich positivem Eintretensentscheid beantragte die RK-NR nach der Detailberatung ihrem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war gerade die vom Bundesrat beschlossene Änderung im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage. Die Kommission entschied abweichend vom Bundesrat, dass eine Koppelung an den integralen Landesindex nicht missbräuchlich sei und befürwortete mit 15 zu 11 Stimmen eine 100%-Anrechnung der Teuerung. Trotzdem lehnte sie die Vorlage in der Schlussabstimmung mit 22 zu 1 ab, zumal allen Kommissionsmitgliedern klar war, dass sowohl der Entscheid für eine Anrechnung der vollständigen Teuerung wie auch für eine Anrechnung der partiellen Teuerung entweder von Seiten der Mieter- oder von Seiten der Vermieterverbände zur Ergreifung eines Referendums führen würde. Auch im Nationalrat, welcher das Geschäft in der Sommersession traktandierte, war man sich grösstenteils einig, dass eine Vorlage, welche von Mietern und Vermietern nicht gemeinsam getragen wird, politisch chancenlos sei. Mit 119 zu 61 Stimmen beschloss die grosse Kammer dann auch, nicht auf die Vorlage einzutreten. Diesen Entscheid stützten die SVP, die FDP sowie eine Mehrheit der SP und eine Minderheit der CVP. Mieter- und Vermieterverbände reagierten sogleich. Während sich der Hauseigentümerverband mit dem Entscheid des Nationalrates zufrieden zeigte, bezeichnete ihn der Mieterverband als sozialpolitisch unverantwortlich und drohte bereits mit Konsequenzen im Falle eines Scheiterns der Vorlage im Ständerat [13].
Wie eine Vielzahl anderer Vorstösse verlangte eine parlamentarische Initiative Lachenmeier-Thüring (gp, BS) verstärkte Anstrengungen zur energetischen Gebäudesanierung. Um vermehrte Anreize zu schaffen, welche Hauseigentümer zur Sanierung ihrer Liegenschaft bewegen würden, wollte der Vorstoss die Beteiligung der Vermieter an den Energiemehrkosten bei schlecht isolierten Mietwohnungen und damit eine Änderung des Mietrechts. Da die anfallenden Kosten zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt würden, bestünde noch immer ein Anreiz zum vernünftigen Heizverhalten auf Seiten der Mieter. Der Nationalrat entschloss sich jedoch mit deutlicher Mehrheit, der Initiative keine Folge zu geben. Er folgte dabei der Mehrheit der Kommission, welche darauf hinwies, dass sich der Nachweis der Energiemehrkosten in der Praxis als äusserst schwierig gestalten würde. Des Weiteren wies die Kommission auf die per Januar 2008 in Kraft getretene Revision der Verordnung über Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) hin, welche für den Vermieter bereits Anreize zur energetischen Gebäudesanierung geschaffen habe, indem die Kosten solcher Verbesserungen als wertvermehrende Investitionen dem Mieter übertragen werden können [14].
Ebenfalls in der Herbstsession beriet der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Thanei (sp, ZH), welche eine Verstärkung des Kündigungsschutzes bei Mietverhältnissen forderte. Während das bisherige Mietrecht bei Verzug der Zahlung von fälligen Mietzinsen und Nebenkosten nach unbenütztem Ablauf einer Frist eine Kündigung des Mietverhältnisses vorsieht, beantragte der Vorstoss, die Kündigung auf die Zahlung fälliger Mietzinse zu beschränken, da die Nebenkosten in den letzten Jahren stark angestiegen seien und der Mieter diesen Forderungen allenfalls nicht auf der Stelle nachkommen könne. Der Nationalrat beschloss mit grosser Mehrheit, der Initiative keine Folge zu geben und schloss sich der vorberatenden Kommission RK-NR an, die aufgrund bestehender Regelungen zum Schutz der Mieter eine solche Änderung als unnötig erachtete [15].
 
[13] BBl, 2009, S. 374 ff.; AB NR, 2009, S. 793 ff.; Presse vom 27.3. und 28.3. (Beratung Kommission) sowie 26.5.09 (Beratung Parlament). Vgl. SPJ 2008, S. 176 f.
[14] AB NR, 2009, S. 1740 f. Zu weiteren Vorstössen im Bereich der energetischen Gebäudesanierung vgl. oben, Teil I, 6a (Politique énergétique).
[15] AB NR, 2009, S. 1654 ff.