Année politique Suisse 2009 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
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Medikamente
Eine Motion Altherr (fdp, AR) wollte den Bundesrat beauftragen, im Rahmen der bevorstehenden Teilrevision des Heilmittelgesetzes eine Änderung vorzuschlagen, wonach das Schweizerische Heilmittelinstitut bei seinen Verfahren grundsätzlich zur Transparenz verpflichtet ist, sofern keine schützenswerten Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Der Ständerat nahm diese Motion einstimmig an, obwohl der Bundesrat die bestehenden gesetzlichen Grundlagen, die gängige Praxis sowie die getroffenen Massnahmen im Hinblick auf eine weitestgehende Transparenz für ausreichend erachtete. Dem folgte auch der Nationalrat [34].
Ein Postulat Jacqueline Fehr (sp, ZH) forderte den Bundesrat auf, zu zeigen, welche Trends sich im Bereich der „smart drugs“ abzeichnen und welcher politische Handlungsbedarf besteht. Ausserdem sollte aufgezeigt werden, wie die Medikamentenabhängigkeit in eine umfassende, kohärente Suchtpolitik eingearbeitet werden kann. Der Bundesrat empfahl das Postulat zur Annahme, insbesondere deshalb, weil ein Bericht zur Ausarbeitung einer kohärenten Suchtpolitik bereits in Bearbeitung sei. Dem folgte auch der Nationalrat und nahm das Postulat an [35].
Gegen den Willen des Bundesrates nahm der Ständerat mit 22 zu 8 Stimmen ein Postulat Maury Pasquier (sp, GE) an, welches die Erstellung eines Berichtes forderte, der die heutige Vorgehensweise bei der Festsetzung des Verfallsdatums von Medikamenten beurteilt sowie Massnahmen beinhaltet, die getroffen werden könnten, damit dieses Verfallsdatum nicht missbräuchlich zu kurz angesetzt wird [36].
Eine weitere Motion Maury Pasquier (sp, GE) wollte den Bundesrat beauftragen, die nötigen Massnahmen vorzuschlagen, damit Medikamente, die in Ländern mit vergleichbaren Arzneimittelkontrollen bereits zugelassen wurden oder seit langem bekannt sind, in der Schweiz schneller in Verkehr gebracht werden können. Der Bundesrat teilte die Auffassung der Motionärin, dass der Zugang zu Arzneimitteln im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen vereinfacht werden kann und beantragte daher die Annahme der Motion. Dem folgten auch der Stände- und der Nationalrat [37].
Eine Motion Diener (glp, ZH) forderte vom Bundesrat verschiedene Massnahmen, zur Sicherstellung einer guten und günstigen Versorgung mit Arzneimitteln. Dazu gehören eine regelmässige, dreijährliche Preisüberprüfung der Arzneimittel, eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels und eine Beurteilung dieser Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Arzneimitteln. Zudem solle die Vergütung von Arzneimitteln, die ausserhalb der durch Swissmedic zugelassenen Fachinformationen angewendet werden, klar geregelt werden. Der Bundesrat erklärte sich zwar mit den Anliegen der Motionärin weitgehend einverstanden, war aber der Ansicht, dass dieses auch auf Verordnungsstufe geregelt werden könnte. Dem folgte der Ständerat allerdings nicht und nahm die Motion an. Auch der Nationalrat stimmte zu [38].
In Bezug auf die Einsparungen, die bei den Medikamenten gemacht werden könnten, stimmte der Nationalrat den vom Ständerat im Vorjahr vorgenommenen Abänderungen der Motionen Heim (sp, SO) und Humbel Näf (cvp, AG) für mehr Preiswettbewerb im Bereich der Mittel- und Gegenstände (Migel) in einen Prüfungsantrag zu. Eine Motion Diener (glp, ZH) wollte den Bundesrat beauftragen, für den Vertrieb von Arzneimitteln eine preisunabhängige Marge, differenziert nach Vertriebskanal, festzulegen. Diese sollte auf der Basis einer effizienten und preisgünstig durchgeführten Vertriebsleistung festgelegt werden. Der Bundesrat lehnte dieses Begehren ab, da er diese Fragen in der zweiten Etappe der Revision des Heilmittelgesetzes klären und regeln wollte. Der Ständerat wandte sich mit einem Stichentscheid des Präsidenten gegen den Willen des Bundesrates und nahm die Motion an. Der Bundesrat hatte im Vorfeld bereits angekündigt, im Falle einer Annahme beim Nationalrat eine Abänderung in einen Prüfungsantrag zu beantragen. Aber auch der Nationalrat nahm die Motion mit 110 zu 52 Stimmen an. Eine Motion Robbiani (cvp, TI) forderte den Bundesrat auf, so rasch wie möglich Massnahmen auf Verordnungsebene zur Senkung der Arzneimittelpreise zu ergreifen und insbesondere eine alle drei Jahre erfolgende Überprüfung der Medikamentenpreise anzuordnen. Der Bundesrat erklärte sich bereit, seinen bereits bestehenden Spielraum auf Verordnungsstufe auszuschöpfen und eine Regelung vorzubereiten, welche den Rhythmus der Überprüfung der Arzneimittel bezogen auf deren Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zum Gegenstand hat. Der Ständerat nahm die Motion an [39].
Auch der Bundesrat beschloss Sofortmassnahmen zur Senkung der Kosten bei den Medikamenten. Vorgesehen waren unter anderem eine Erweiterung des Länderkorbs für Preisvergleiche und geringere Margen für Ärzte und Apotheker. Der Bundesrat will damit ab 2010 im Bereich der Medikamente Einsparungen in der Grössenordnung von mindestens 400 Mio Fr. erzielen. Die Ärzteorganisation FMH wertete die Senkung der Margen bei der Medikamentenabgabe als Angriff auf die Ärzteschaft. Um Kosten einzusparen, erwog der Bundesrat auch, den Ärzten die Abgabe von Medikamenten zu verbieten. Auch darüber war die Ärzteschaft erbost [40].
 
[34] AB SR, 2009, S. 242 f.; AB NR, 2009, S. 1225 ff.
[35] AB NR, 2009, S. 1804.
[36] AB SR, 2009, S. 1242 ff.
[37] AB SR, 2009, S. 519; AB NR, 2009, 2157.
[38] AB SR, 2009, S. 513 ff.; AB NR, 2009, S. 2312 f.
[39] Motionen Heim und Humbel Näf: AB NR, 2009, S. 55 f.; Siehe SPJ 2008, 204. Motion Diener: AB SR, 2009, S. 515 ff.; AB NR, 2009, S. 2313 ff. Motion Robbiani: AB SR, 2009, S. 512 f.
[40] Presse vom 2.7., 22.10. und 17.11.09.