Année politique Suisse 2009 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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SRG
Das „Konvergenzprojekt“ der SRG, mit dem die Bereiche Radio, Fernsehen und Internet einander angenähert werden sollen, wurde im Berichtsjahr weiter vorangetrieben. Die Grundidee der Medienkonvergenz ist, dass eine Redaktion einen bestimmten Inhalt über verschiedene Kanäle verbreitet, statt dass mehrere Redaktionen dieselben Inhalte parallel erarbeiten. Der SRG-Verwaltungsrat beschloss, Radio, Internetauftritt und Fernsehen in einer Unternehmenseinheit pro Sprachregion zusammenzuführen. Im Dezember genehmigte der SRG-Verwaltungsrat das Gesamtkonzept für die Medienkonvergenz in der Deutschschweiz. Die Zusammenlegung soll auf den 1.1.2011 erfolgen. Die bestehenden Standorte Zürich, Bern und Basel sollen erhalten bleiben. Radio und Fernsehen erhalten einen gemeinsamen „Superdirektor“. Das parallel laufende Fusionsprojekt zwischen TSR und RSR in der Romandie beunruhigte die Politik. Die Regierungen der Kantone Genf und Waadt fürchteten um die Informationsvielfalt und die Unabhängigkeit der Redaktionen. Der SRG-Verwaltungsrat beschloss trotzdem, RSR und TSR zu „Radio Télévision Suisse“ (RTS) zusammenzuführen. Gilles Marchand, Chef der TSR, wird deren Direktor. Die Standorte Lausanne und Genf und die Regionalbüros bleiben bestehen. In der italienischen Schweiz war die Fusion von Radio und Fernsehen bereits 2008 umgesetzt worden [15].
2009 kam es bei den Deutschschweizer Organisationen der SRG zu einer Reihe von Personalwechseln. Radiodirektor Walter Rüegg und Fernsehdirektorin Ingrid Deltenre traten zurück und wurden interimistisch durch ihre Stellvertreter – Iso Rechsteiner (Radio) und Ueli Haldimann (Fernsehen) – ersetzt. Radiodirektor Rüegg hatte sich mit SRG-Generaldirektor Armin Walpen überworfen, weil er gegen ein zu schnelles Tempo beim Konvergenzprojekt war. Mit der Umsetzung der Konvergenz wird es künftig einen gemeinsamen (noch zu bestimmenden) Radio- und Fernsehdirektor geben [16].
Im Nationalrat wurde ein Postulat der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen angenommen, das die Überprüfung der SRG-Gebührenpflicht und des Inkassos durch die Billag verlangt. Der Bundesrat soll in einem Bericht die Auswirkungen des technologischen Wandels im Gerätebereich auf die Gebührenpflicht und mögliche Alternativen zum Inkasso über die Billag darlegen. Das Postulat ging auf eine parlamentarische Initiative von Natalie Rickli (svp, ZH) zurück, in der sie forderte, dass für Computer und Handys keine SRG-Gebühren erhoben werden sollen. Zuvor hatte es in den Medien eine Diskussion darüber gegeben, ob das Inkasso über die Billag zu teuer sei und wie damit umzugehen sei, dass mittlerweile fast alle Haushalte ein Gerät besitzen, mit dem sie Radio und Fernsehen empfangen können [17].
Die finanzielle Situation der SRG blieb angespannt. Die SRG übergab dem Bundesrat im November einen Bericht, in dem ihr Finanzbedarf für die nächsten fünf Jahre analysiert wird. Der Schuldenberg wächst gemäss dem Bericht an, jährlich fehlen der SRG 54 Mio Fr. Weitere Sparanstrengungen würden sich nach Ansicht der SRG negativ auf das Programm auswirken. Mögliche Massnahmen zur Schliessung der Finanzlücke sind aus Sicht der SRG eine Lockerung der Werbevorschriften, eine Gebührenerhöhung, die Einschränkung des Programmauftrags, höhere Bundesbeiträge an Swissinfo und eine Wiedereinführung der Gebührenpflicht für Haushalte, die Ergänzungsleistungen beziehen. Bezüglich der Werbevorschriften hatte Bundesrat Leuenberger schon im Sommer einen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt, der eine Lockerung des Werbeverbots auf dem Internetportal der SRG und häufigere Werbefenster im Fernsehen vorsieht [18].
Die SRG untersucht, ob sie die Leistungen des Auslanddienstes Swissinfo zu tieferen Kosten erbringen könnte. Drei Modelle sollen geprüft werden: Optimierung des heutigen Betriebes in Bern, Integration in das Westschweizer Fernsehen und Integration bei Radio DRS [19].
Der Nationalrat trat auf eine parlamentarische Initiative von Andreas Gross (sp, ZH), in der die Einführung von Gratis-Meinungsspots von Parteien im Fernsehen und Radio im Vorfeld von Abstimmungen gefordert wurde, nicht ein. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hatte den Vorschlag befürwortet, der Bundesrat dagegen Nichteintreten empfohlen. Gross wollte die Rolle der Parteien bei der Meinungsbildung stärken und einen Ausgleich für die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der politischen Gruppierungen schaffen. Als Gegenargument wurde angeführt, dass die kurzen Werbespots eine „Schlagwortpolitik“ fördern würden. Zudem wurde bezweifelt, ob die vorgesehene Vorschrift, dass „unzutreffende Tatsachenbehauptungen“ in den Spots nicht zulässig sein sollten, sinnvoll angewandt werden könnte [20].
 
[15] Konvergenzprojekt in der Romandie: LT, 16.1.09; 24h, 28.1.09; TG, 16.10. und 18.11.09; LT und TG, 24.11.09; LT, 19.11.09; Lib., LT und NZZ, 26.11.09. Konvergenzprojekt in der Deutschschweiz: NZZ, 7.3., 11.3., 14.3., 20.3., 27.5. und 19.6.09; TA, 13.3.09; AZ, SN und TA, 20.3.09; NLZ, 17.12.09.
[16] Rücktritt Walter Rüegg: BZ, 22.5.09; NZZ, 23.5.09; BaZ, NZZ und SGT, 26.5.09. Rücktritt Ingrid Deltenre: AZ, NZZ und TA, 6.6.09; NZZ und TA, 11.6.09.
[17] AB NR, S. 1366 f.; Presse vom 18.2.09.
[18] Werbevorschriften: Presse vom 25.8.09. Finanzielle Situation der SRG: Presse vom 24.6. und 28.11.09.
[19] NZZ und TA, 9.6.09.
[20] AB NR, 2009, S. 1870 ff.; NZZ, 25.11.09. Zur Vorgeschichte der Vorlage siehe SPJ 2008, S. 260.